Marseille im Jahre 1940: Paris ist bereits von den Deutschen besetzt und der Hafenort im sonnigen Südfrankreich bietet die letzte Zuflucht für Flüchtlinge aus ganz Europa. Der amerikanische Journalist Varian Fry (Cory Michael Smith) versucht mit seinem Emergency Rescue Committee den hellsten Köpfen Europas, wie beispielsweise Hannah Arendt oder Marc Chagall, die Flucht in die USA zu ermöglichen, während sich an einem Strand nicht allzu weit entfernt die Flüchtlinge versammeln, die nicht das Glück haben, große Denker und gefeierte Künstler zu sein. Zur Seite steht ihm die reiche Erbin Mary Jayne Gold (Gillian Jacobs), die die Operation mitfinanziert. Doch als die Nazis bis nach Marseille vorstoßen, zieht sich die Schlinge langsam zu und Fry und sein Team müssen alle Hebel in Bewegung setzen, um so viele Menschen (nicht nur Künstler wohlgemerkt) wie möglich in Sicherheit zu bringen. Die Geschichte basiert auf wahren Ereignissen, ist jedoch, wie das im historischen Genre nun einmal so üblich ist, stark fiktionalisiert.

von Lena Wasserburger

Die ersten Minuten der Serie erinnern fast an “Casablanca”, sind sie doch in Schwarz-Weiß und hinterlegt von der Off-Stimme eines Nachrichtensprechers. Dann kommt allerdings fast Urlaubsfeeling auf, so lebendig und farbenfroh ist die Kulisse anschließend inszeniert. Natürlich spielt ein Hintergrund wie Südfrankreich den Köpfen hinter der Serie hier in die Hände, die Atmosphäre spricht quasi für sich selbst, ohne dass in punkto Szenenbild viel herumgedoktert werden müsste. In einer historischen Serie, die zur Zeit des zweiten Weltkriegs spielt, ist dies oft eine positive Überraschung. Die blauen oder grauen, dunklen Farben, in die Filme dieses Genres oftmals getaucht werden, vermitteln zwar Gefühle der Traurigkeit oder Hoffnungslosigkeit, die dem Thema angemessen sind, doch wie bereits Taika Waititi, angesprochen auf die bunten Farben in seinem Film “Jojo Rabbit” meinte: “Die Menschen damals erlebten die Welt nicht in schwarz und weiß, sondern in Farbe.” Dieses Gefühl der Lebendigkeit oder Leichtigkeit zieht sich durch die gesamte Serie. Sie ist, obwohl sie ernste Themen anschneidet, geprägt von einem manchmal fast “Soap”-ähnlichen Ansatz. Der Spaß und die Unterhaltung stehen gerade in den ersten Folgen klar im Vordergrund. Dem Publikum und den Charakteren selbst ist zwar bewusst, dass die Situation ernst ist und welche Gräuel sich nicht allzu weit von ihnen entfernt abspielen, doch für den Moment ist diese Realität hier noch nicht eingetroffen. Einerseits ist ebendies zwar erfrischend für eine Serie dieses Genres, andererseits führt es zu einer Art Dissonanz.

Der Ton der Serie wechselt. Mal handelt es sich um leichte Unterhaltung, mal will die Serie sich doch wieder mit den düstereren Themen befassen. Es spricht nichts dagegen, dass eine Serie nicht sowohl düster als auch unterhaltsam sein kann, jedoch ist es in diesem Fall manchmal etwas irritierend. Es scheint, als wollte man mit Ton und Stil von “Transatlantic” ein wenig experimentieren. So sind Intro und Outro sehr kreativ und im Stil von Schwarz-Weiß-Filmen gehalten und auch während den Episoden wird gerade musikalisch einiges ausprobiert. “Transatlantic” versucht den Aspekt der “Kunst” zu integrieren oder sehr simpel ausgedrückt: “Artsy” zu sein. Dass sich in der Serie allerlei exzentrische Philosophen, Dichter und Künstler in einer südfranzösischen Villa versammeln, bunte Partys feiern und inspirierende Ansprachen halten, betont ebendies nochmals deutlicher. Die Serie will eine Zelebration der Kunst und des Lebens sein, eine Message vermitteln, die zwar ankommt, aber mit noch viel mehr Prägnanz umgesetzt werden hätte können.

Was ebenfalls auffällt, ist die Länge der Szenen, oder vielmehr die Art und Weise wie einige Szenen geschnitten wurden. Oftmals befinden sich Charaktere in einem Gespräch, das viel zu abrupt durch einen Cut beendet wird. Charakter A sagt etwas, worauf Charakter B etwas erwidern müsste, doch dann endet die Szene und man wird mit dem Gefühl zurückgelassen, dass sie eigentlich noch nicht vollständig auserzählt war.

Mit dem Cast hat man bei “Transatlantic” ein sympathisches Ensemble zusammengestellt, das sich, ähnlich wie die Charaktere selbst, aus verschiedenen Nationalitäten zusammengesetzt. Die Performances sind überwiegend überzeugend, auch wenn der eine oder andere Dialog manchmal hinkt – das ist allerdings wohl eher dem Skript als der Besetzung zuzuschreiben.

Fazit

“Transatlantic” ist eine Serie, die sich perfekt dazu eignet, sich an einem Wochenende entspannt zurückzulehnen und unterhalten zu lassen. Ob eine eigentlich wahre Geschichte wie diese es notwendig hatte, fiktionalisiert und in Sonntagsfernsehen umgewandelt zu werden, sei dahingestellt. “Transatlantic” befindet sich in der goldenen Mitte des historischen Genres: Trotz der Themen relativ einfach zu verdauen und schön anzusehen.

Bewertung

68/100

Bild: (c) netflix