Ab 31.8. auf DVD / BluRay, auch digital als VOD zum Kaufen oder Leihen verfügbar.
Der legendäre Privatdetektiv der 1930er und 1940er Jahre Philip Marlowe kehrt auf den Bildschirm zurück, verkörpert durch einen hünenhaften, aber milden Liam Neeson. Zwar stammt die Romanvorlage aus 2014, Regisseur Neil Jordan (“Interview with the Vampire”, “Greta”) lässt den nonchalanten Marlowe dennoch die altbekannten und bewährten Pfade eines typischen Private Dick betreten.
von Christoph Brodnjak
Los Angeles, 1939. Siedende Hitze, laue Nächte. In den Studios der großen Hollywood-Mogule rattern die Platzpatronen der Tommy-Guns durch die Kulissen. Anderswo, auf der Schattenseite der Stadt, verursachen die Gangster selbige Geräuschkulisse. Man fragt sich, auf welcher Seite es skrupelloser vor sich geht.
Marlowe (Neeson) sitzt indes an seinem Schreibtisch. Seine Sekretärin öffnet die Türe. Eine Dame will ihn sprechen. Blond, jung und hübsch, wie sollte es sonst sein. Die Blonde (Diane Kruger) hat ihren Liebhaber verloren, ob er nur aus ihrem Leben oder generell verschwunden ist, kann sie nicht sagen. Marlowe nimmt sich des Falles an. Wenig später findet man die Leiche des Liebhabers, vor einem Country Club wurde er von einem Wagen überrollt, das Gesicht wurde dabei zu Brei verarbeitet. Die Blonde glaubt nicht, dass er wirklich tot ist. Marlowe schon, aber was tut man nicht alles für Geld? Und für Blonde.
Obwohl es sich bei dieser Geschichte um keine originale Marlowe-Vorlage handelt, versteht der Film es sehr gut, sich die klassischen Stilmittel und Handlungsstränge zu eigen zu machen. Die Femme Fatale, Intrigen, Gangster, ein mysteriöser Toter, ein exklusiver Country Club. Das alles sind bewährte Elemente vieler Detektiv- und Noir-Filme dieser Zeit. “Marlowe” ist sicher kein subversiver Neo-Noir oder dergleichen. Es handelt sich wirklich um eine geradlinige, authentische Detektivgeschichte. Es wirkt aber niemals so, als würde sich Regisseur Jordan an irgendwelche Klischees anbiedern und wirkt keineswegs selbstreferenziell in seinen Mitteln. Stattdessen ist man sich scheinbar bewusst, welche Elemente in diesem Setting und Genre einfach funktionieren.
Der selbe Film hätte auch in den 1940ern gedreht werden können. Nur dass man heute die Freiheit hat, etwas obszöner, graphischer und direkter zu sein, wenn es um die Themen Gewalt oder Sexualität geht – Jahrzehnte nach der Blütezeit des Hayes Codes. Wobei es der Film auch nicht übertreibt oder exzessiv wirkt. Generell schleicht “der Film “Marlowe” mit gemächlichem Tempo voran, während der Privatdetektiv versucht, sich im Netz der Intrigen zurecht zu finden. Neeson macht dabei seine Arbeit ordentlich, zwar ist er vielleicht kein Bogart oder Mitchum, dennoch verkörpert er diese klassische Rolle recht überzeugend.

Fazit
Fans klassischer Noir-Filme werden “Marlowe” sicher etwas abgewinnen können. Neil Jordan und sein Team versuchen niemals, das Material zu sehr zu modernisieren oder großartig subversiv zu agieren. Große Schießereien und Actionsequenzen darf man nicht durchgehend erwarten, aber auch keinen Hitchcock. Es handelt sich um ein grundsolides Detektiv-Abenteuer, wie man es so schon vor 70 Jahren hat genießen können.
Bewertung
(70/100)
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Bilder: (c) Parallel Films (Marlowe) Ltd. Hills Productions A.I.E. Davis Films / Eurovideo