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“Der Griff nach den Sternen” – Kritik zum Start auf Amazon Prime Video

Von Friedrich Schiller bis zu RAF Camora, die Bandbreite an Zitaten zum Thema Träume ist groß. So groß, dass wir euch an dieser Stelle mit weiteren Ergüssen verschonen und stattdessen unseren Blick gen Amazon Prime Video richten wollen, wo mit „Der Griff nach den Sternen“ (Originaltitel „A Million Miles Away“) eine typische from zero to hero Geschichte erzählt wird, die für José Hernández tatsächlich einen wahrgewordenen Traum darstellt und auf seinem eigens verfassten Buch basiert.

von Cliff Lina

Der Sohn mexikanischer Einwanderer in die USA muss früh lernen was es bedeutet die eigenen Ansprüche und Wünsche hintenanzustellen. Seine Kindheit ist geprägt von Umzügen, neuen Umgebungen und dem ständigen Zwiespalt zwischen schulischer Bildung und familiärer Unterstützung. Mit dem Ziel eines Tages ein Haus in der Heimat kaufen zu können, arbeitet die gesamte Familie auf den Feldern um Geld zu sparen. Doch während José übermüdet die Maisstauden bearbeitet, kreisen seine Gedanken um etwas ganz anderes: er will nicht nur den Sprung von Mexiko in die USA, sondern auch von der Erde in den Weltraum schaffen.

Ein Traum, der ihn lange Zeit verfolgt und doch irgendwie unerreichbar scheint. Während der ersten Hälfte des Films schwelt die Sehnsucht also eher unterschwellig, der Fokus liegt vorrangig auf der beruflichen und persönlichen Entwicklung. Konfrontiert mit den typischen Klischees schlägt sich der mittlerweile fünffache Familienvater durch das Leben, wird fälschlicherweise immer wieder für einen Hausmeister statt für einen Ingenieur gehalten und etliche Bewerbungen für das Raumfahrtprogramm der NASA laufen erfolglos ins Leere. Nichtsdestotrotz behält sich das Werk zu jeder Zeit einen motivierenden Unterton bei, natürlich auch bestärkt davon, dass die Geschichte auf wahren Begebenheiten beruht und die Zuschauerschaft bereits weiß, dass sie ein gutes Ende finden wird. Dementsprechend ist es nicht das Ziel, das für Spannung und Unterhaltung sorgt, sondern eher der Weg dorthin. Diesen beschreitet „Der Griff nach den Sternen“ mit einem süffisanten Lächeln und vor allem am Anfang aufblitzenden Spielereien, die sich in Schnitten, Übergängen und Bildkompositionen entdecken lassen. Bei einem Biopic zwar eher untypisch, im konkreten Fall jedoch eine schöne Idee, die das Narrativ aufwertet.

Im weiteren Verlauf verzichtet Regisseurin Alejandra Márquez zugunsten der emotionalen Griffigkeit auf technische Finessen und blickt genauer auf die Gefühlswelten der einzelnen Figuren, die, jede für sich, selbstredend eigene Vorstellungen vom Leben haben und durch Kompromisse zueinanderfinden müssen. Insbesondere das Verhältnis von José und seiner Frau Adela wird dabei zum Herzstück, das immer wieder für sehr warmherzige Momente sorgt. Das Zusammenspiel zwischen Michael Pena und Rosa Salazar funktioniert, vor allem weil der Film auch die Schattenseiten zeigt, die die hartnäckige Verfolgung eines Ziels mit sich bringen kann. Die Familie bleibt auf der Strecke, Absprachen können nicht eingehalten werden und irgendjemand muss zwangsläufig zurückstecken. Nur wer Verständnis aufbringt und zusammenarbeitet, kann seine Ziele erreichen. So in etwa kann „Der Griff nach den Sternen“ summiert werden. Gerade angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage eine wichtige, wenn auch etwas zu simpel gefasste Botschaft, die den Film auch nicht über die gesamte Lauflänge tragen kann. Generell beschleicht einen das Gefühl, dass Márquez versucht schwerwiegende Probleme wie Rassismus und Vorurteile zu umfliegen. Abseits der emotionalen Passagen oder der beschwingten Musik ergeben sich so oftmals sehr zähe Momente, in denen der Film nicht vorankommt und das Gesehene lediglich wiederholt. In Kombination mit dem bekannten, und letztlich auch etwas zu gehetzten Ende, eine unübersehbare Schwachstelle, die den Start der Rakete zwar nicht vehindert, das Sehvergnügen aber spürbar schmälert.

Fazit

In “Der Griff nach den Sternen” ist der Tellerwäscher ein Farmarbeiter und der Millionär ein Astronaut. Die Geschichte des Mannes, der sich über Jahrzehnte hinweg seinen Traum hartnäckig erarbeitet und dabei nie seine Wurzeln vergessen hat, spielt dabei charmant mit den Klischees und bietet herzliche Momente. Der inszenatorische Einfallsreichtum weicht aber leider auch irgendwann dem glattpolierten Leerlauf, sodass sich die zwei Stunden, trotz schauspielerischer Klasse, zeitweise länger anfühlen als ein Flug zum Mond.

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

(62/100)

Bilder: ©Amazon Prime Video

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