In den 90er- und 00er-Jahren erhielt beinahe jeder Animationsklassiker der Disney Animation Studios eine Direct-to-Video-Fortsetzung, dessen Produktion möglichst billig an ein anderes Studio ausgelagert wurde. Das war lukrativ, drohte aber langfristig das Image der Marke zu schädigen, weswegen die Strategie bald wieder eingestellt wurde. Für die Fortsetzung des Mega-Erfolgs „Die Eiskönigin“ zeichnen nun also wieder die Disney Animation Studios verantwortlich. Die Frage nach der Notwendigkeit stellt sich dennoch; besonders wenn es in einem der neuen Songs heißt: „I’ve had my adventure, I don’t need something new“.

In Königreich Arendelle läuft alles rund seit Eiskönigin Elsa (Idina Menzel) gelernt hat, ihre magischen Kräfte nicht mehr zu fürchten. Sie lebt mit Schwester Anna (Kristen Bell), deren Langzeitfreund Kristoff (Jonathan Groff) und Schneemann Olaf (Josh Gad) ihrem Glücklich-bis-ans-Ende-ihrer-Tage entgegen – jedenfalls bis Elsa beginnt, eine seltsame Stimme zu hören, die niemand außer ihr wahrzunehmen scheint. Als es kurz darauf zu einem mysteriösen Wetterumschwung kommt, brechen die beiden Schwestern auf, um den Ursprung der Stimme zu finden und den Wetterphänomenen auf den Grund zu gehen. Auf der Reise geraten die beiden in einen verzauberten Wald, der nicht nur Geheimnisse über die Vergangenheit des Königreichs birgt, sondern auch über Elsas magische Eiskräfte.
Falls das ein wenig konfus klingt, dann liegt das daran, dass es das ist. Anders als im Vorgängerfilm, wo die konfliktbehaftete Schwestern-Beziehung den Plot ins Rollen bringt, ist es hier das öde Klischee eines Rufs aus der weiten Welt, dem gefolgt werden will. Von dem denkbar schlechten Startpunkt nimmt die Handlung dann schneeballartig immer mehr Nebenplots auf, die alle irgendwie miteinander in Zusammenhang stehen. Diese einzelnen Stränge könnten durchaus funktionieren, doch sie fügen sich nie zu einem starken Ganzen zusammen, wie es im ersten Teil gelungen ist. Die Fortsetzung ist deshalb letztlich schwächer als die Summe seiner durchaus überzeugenden Teile – zu schnell werden interessante Dinge angesprochen und wieder fallen gelassen, während andere Entwicklungen aus dem Nichts kommen und dadurch nicht die emotionale Wucht entfalten, die sie verdienen würden. Es ist wohl eine Erkrankung des Drucks der Fortsetzung: man wollte alles und von allem mehr und hat letzten Endes den Fokus verloren.
Zu den größten Stärken des Films zählen seine sympathischen Figuren. Besonders erfreulich ist, dass Elsa und Anna diesmal mehr gemeinsame Screen Time haben als noch im ersten Teil, der sie die meiste Zeit getrennt hatte, denn die Dynamik der beiden Schwestern ist großartig gelungen. In Anbetracht der düsteren Trailer überrascht vielleicht auch, wie lustig der Film geworden ist: eine zum Schreien komische Szene, in der Olaf die Geschehnisse des ersten Teils für die Bewohner des verzauberten Waldes rekapituliert, erntete im Kinosaal nicht nur lautes Gelächter, sondern sogar Applaus. Ähnlich witzig sind Kristoffs ungelenke Versuche, Anna einen Heiratsantrag zu machen – und die genial lustige 80s-Liebesballade, die Kristoff aufgrund seines wiederholten Scheiterns zum Besten gibt.

Mit Songs von Erfolgsduo Robert Lopez und Kristen Anderson Lopez kann der Film auch musikalisch durchaus überzeugen. Zu den Standout-Nummern gehört Elsas neue Powerballade „Into the Unknown“, die Idina Menzel erneut mit bewundernswerter Kraft hinausschmettert, aber ein Showstopper à la „Let It Go“ bleibt dann doch aus. Wo der Film seinem Vorgänger dafür überlegen ist, ist bei den großartigen Schauwerten. Hier paart sich hochwertige Animationskunst mit wunderschönen Kreativentscheidungen, die in Union wirklich atemberaubende Bilder hervorbringen. Insbesondere, was der Film mit Wasser macht, ist absolut beeindruckend.
Fazit
Aufgrund eines ausufernden Drehbuchs bleibt „Die Eiskönigin 2“ hinter seinem Vorgänger zurück. Hier wäre weniger mehr gewesen und so wurde viel Potenzial verschenkt. Dennoch kann der Film mit einigen schönen Ideen sowie einer gehörigen Portion Herz und Witz aufwarten und bietet darüber hinaus überzeugende neue Musik und traumhaft schöne Bilder. So ist „Die Eiskönigin 2“ vielleicht kein notwendiger, aber doch ein sehr unterhaltsamer Film. Ab 21.11. im Kino.
Bewertung
7 von 10 Punkten
Bilder: Walt Disney Pictures
Was? der bleibt hinter dem Vorgänger zurück? Aber den fand ich doch besonders grausam…. 🙁