Bereits seit Anfang der Zweitausender-Jahre beschert Sony Pictures Fans ebenso wie Interessierten in regelmäßigen Abständen Verfilmungen der “freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft”. Nachdem die letzten Realfilme eher gemischte Gefühle bei Kritikern sowie beim Publikum ausgelöst hatten, und Marvel mit einem guten Deal an die Tür klopfte, um ihren Goldjungen in ihr bestehendes Filmuniversum einbauen zu können, kehrt Sony bei der neuesten Adaption des Spider-Man-Stoffes buchstäblich zurück ans Zeichenbrett: Ob der gewagte Animationsstil und die Fokussierung auf einen anderen Protagonisten sich ausgezahlt haben, erfahrt ihr in unserer Review.
Zunächst kurz ein paar Worte zur Handlung: Der junge Miles Morales hat es gerade nicht leicht in seinem Leben, erst vor kurzem musste er die Schule wechseln, die Pubertät klopft auch schön langsam an die Tür, sein Vater scheint sich eher wenig für seine Wünsche zu interessieren und will ihn auch noch von seinem coolen Onkel fernhalten. Eben als er mit jenem Onkel unterwegs ist, passiert das Unglaubliche, er wird gebissen, von einer Spinne, die sich als alles andere als normal herausstellen sollte. Doch wie kann das sein? Und was wird der bisher einzige Spider-Man, Peter Parker, dazu sagen?
Eines vorweg: Sony hat mit seinen Animationsfilmen in der Vergangen wahrlich nicht immer ein gutes Händchen bewiesen, auf „Wolkig mit Aussicht auf Fleischbällchen“ folgten Filme wie „Die Schlümpfe“ oder im letzten Jahr gar „Emoji – Der Film“, ein Werk, welches sich auf vielen Flop-Listen weltweit wiederfand. Umso erfreulicher ist es, zu sehen, dass das Studio mit seinem neuesten Versuch nicht nur den bisher wohl besten Animationsfilm abliefert, sondern womöglich sogar den besten Spider-Man Film.
Das liegt unter anderem an der einzigartigen und herausragenden Optik des Films. In einem Interview meinten die Macher einst, ihr Ziel sei es gewesen, ein Comicheft auf die Leinwand zu bringen – und dieses Ziel haben sie auf spektakuläre Art und Weise erreicht. Mit viel Liebe zum Detail wurde auf jede Kleinigkeit geachtet, selbst die Struktur des Papieres wurde mit eingebaut und kommt speziell bei weißen Oberflächen hervorragend zur Geltung. Auch eingestreute Sprechblasen oder visualisierte Soundeffekte runden das Bild eines in Bewegung versetzten Comics weiter ab. So kann sich der Zuschauer Szene für Szene oder in diesem Fall Panel für Panel immer weiter in die Geschichte ziehen lassen, die so ganz nebenbei auch noch äußerst spannend und ausgewogen geschrieben ist – was angesichts der vielen Charaktere schon beinahe an ein Wunder grenzt.
Die Verantwortlichen haben hier die richtige Mischung aus Humor und ernsteren Momenten gefunden, um so gut wie jeder Figur eine ausreichende Charakterisierung zuteil werden zu lassen, wobei das Hauptaugenmerk natürlich auf dem Protagonisten liegt. Miles Morales weißt dabei durchaus einige Parallelen zum dem originalen Spider-Man, Peter Parker, auf, den man aus den bisherigen filmischen Adaptionen kennt, unterscheidet sich von diesem aber ausreichend, um nicht eine simple Kopie zu sein. Alleine die Tatsache, dass seine Eltern noch leben, verleiht der Figur einen etwas unbekümmerteren Grundton.
Auch die weiteren Spider-Charaktere, die hier durch einen Zufall alle im selben Universum landen, bekommen alleine durch ihre unterschiedliche äußere Erscheinung eine grundlegende Typenzeichnung verpasst, die über den Film hindurch durch Kleinigkeiten jeweils erweitert wird. Durch dieses Zusammenführen mehrere Versionen von Spider-Man aus den unterschiedlichen Comicuniversen schafft es der Film außerdem, den eigentlich bereits zur Genüge ausgetretenen Pfad der Entstehungsgeschichte dieses Helden auf eine clevere, unverbraucht wirkende Art und Weise zu erzählen. Einzig die Bösewichte scheinen im Gegensatz zu den Helden, wie so oft in diesem Genre, etwas unterentwickelt. Während der Drahtzieher Kingpin wenigstens noch eine ansatzweise nachvollziehbare Motivation für seine Handlungen spendiert bekommt, verkommen seine Handlanger zu reinem Kanonenfutter. Speziell bei der verrückten Wissenschaftlerin hätte man sich weniger Klischeekeule und mehr Tiefgang gewünscht.
Fazit:
Alles in allem ist „Spider-Man: A New Universe“ aber dennoch ein hervorragender Animationsfilm geworden, der weit mehr zu bieten hat, als den außergewöhnlichen Look, und Alt wie Jung gleichermaßen begeistern wird können. seit 13.12. im Kino
Bewertung:
9 von 10 Punkten
von Mara Hollenstein-Tirk
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