Am 4.Mai startet „Kindheit“ (orig. „Barndom“ 2017), eine norwegische Dokumentation über das Leben von Kindern in einem Waldorfkindergarten, in den österreichischen Kinos. Vorab hier eine Einschätzung, ob sich ein Besuch im Kino lohnt.

Regisseurin Margreth Olin („Engelen“ 2009) hat für diese Dokumentation im „Aurora Kindergarten“ ein Jahr lang das Treiben der dort spielenden Kinder begleitet. Die meiste Zeit verbringt man mit dem „Club der Sechsjährigen“ also den Kindern, die das letzte Jahr anwesend sind, bevor sie in die Schule gehen. Aber auch der sonstige Alltag im Kindergarten wird dabei nicht vernachlässigt. Man sieht gemeinsame Mittagessen, Bastelstunden, Theateraufführungen, Spaziergänge und vieles mehr.

Die Kamera von Øystein Mamen bleibt dabei immer im Hintergrund und beobachtet die Dinge von außen. Es gibt im ganzen Film keine Interviews, kein Voice-Over, nichts, womit andere Dokumentationen Meinung machen wollen. Die Handlung beschränkt sich rein auf die Observation der Kinder und ihres entdeckerischen Wesens.

Ein kleiner Kritikpunkt am Film: Es fehlt eine allgemeine Kontextualisierung oder Erklärung über die Aussagen, die der Film treffen will. Hier hätte noch mehr ausgearbeitet werden können, weshalb eine solche Art der Erziehung vorteilhaft für alle Beteiligten sein kann. Durch Gespräche mit den Pädagogen hätte man mehr Einblick in ihre Sichtweisen auf die Erziehung haben können.

 

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Allerdings zieht der Film auch gerade daraus wiederum eine seiner Stärken: Denn was diesen Film wirklich sehenswert macht, ist diese „freie und kindliche“ Stimmung. Beim Begleiten ihres Spielens oder bei Aktivitäten wie Stelzenbauen und dem Versuch damit zu laufen, merkt man, wie viel Spaß die Kinder haben. Man sieht, wie sie ihre Konflikte lösen, meistens ohne große Interventionen der Erwachsenen. Der Film macht deutlich, wie viel wunderbare Intelligenz, Phantasie und Kreativität in der Kindheit steckt und dass diese Fähigkeiten wohl jedem Mensch inne ist. Diese Freude ist auch durch die Leinwand hindurch ansteckend.

Durch die Wahl des beobachteten Settings entsteht allerdings mitunter ein recht einseitiges Bild von norwegischen Erziehungssystemen: Dieser Kindergarten in Norwegen scheint doch nur privilegierteren Kindern eine Plattform zu bieten. Die in dem Kindergarten vorherrschende christliche Mentalität lässt außerdem daran zweifeln, wie kulturell offen, beziehungsweise „universell“ so ein System sein kann. Auch hier fehlen wieder etwas die klaren Aussagen, die Belege, die sich klar für dies Vorteile eines Waldorfsystems aussprechen.

Dennoch lohnt es sich, diesen Film anzusehen. Man lernt vielleicht nicht viel über Bildungssysteme oder alternative Erziehungsformen im Allgemeinen, allerdings lernt man erneut, was es bedeutet, „Kind“ zu sein. Welche Schönheit in der Unschuld von Kinderspiel liegt, und dass das Leben vielleicht ab und zu weniger ernst genommen werden sollte. Der Film ist also absolut zu empfehlen, als Medizin gegen Kummer oder als positiver Motivationskick.

von Valerian Happenhofer /

Bewertung: 7 von 10 Punkten

Bilder: Polyfilm