Sie sind ein zweischneidiges Schwert, die Realverfilmungen, welche Disney in den letzten Jahren von ihren alten Zeichentrickklassikern produzieren ließ: Die einen lieben den erneuten Moment des Staunens, wenn sie sich voll und ganz ihrem inneren Kind hingeben können, für die anderen stellt sich die Frage nach der Sinnhaftigkeit der neuerlichen Adaption eines bereits bestehenden, geschätzten Films – und manch einer vermutet hinter der Welle von Neuverfilmungen gar lediglich jenes profane Motiv der unkomplizierten Vermehrung des schnöden Mammons.
von Mara Hollenstein-Tirk
Nicht von der Hand zu weisen ist auf jeden Fall, dass die bisherigen „Neu“-Interpretationen nur selten etwas tatsächlich Neues geboten haben: hier wurde mal ein Liedchen dazu gedichtet, da mal einen kleine Nebenrolle ergänzt, aber ansonsten war es doch ein bloßes Abpausen der Trickfilm-Vorlage. Ob “Dumbo”, inszeniert von Tim Burton, einen anderen Weg wählt, oder sich doch in den Reigen der uninspirierten Kopien einfügt, lässt sich ab 28.3. im Kino herausfinden.

Es steht nicht gut um den Medici Brothers Zirkus, der Krieg sorgt dafür, dass die Geldbeutel der Leute allgemein etwas enger sitzen, da leisten sich nur mehr wenige das regelmäßige Vergnügen eines Zirkusbesuchs. Wegen das fehlende Geldes in der Kassa mussten sowohl Requisiten, als auch Tiere bereits verkauft werden, wodurch die Attraktionen immer seltener diesen Namen tatsächlich verdienen – eine Teufelsspirale, die zwangsläufig immer weiter in den Abgrund führt. Das muss auch der Kriegsveteran Holt Farrier (Colin Farrell) mit Bedauern feststellen, als er zu seiner alten Zirkustruppe zurückkehrt. Da die Jobs gerade etwas dünn gesät sind, wird Holt kurzerhand als neuer Pfleger für die Elefanten eingesetzt und als eines Tages ein kleiner Babyelefant mit übergroßen Ohren geboren wird, verändert sich die Lage schlagartig…

Viele skeptische Stimmen wurden im Vorfeld laut, als Disney ankündigte, dass „Dumbo“ der nächste Film sein würde, der eine digitale Verjüngungskur erfahren würde. Einerseits fanden manche bereits die Auswahl der Filmes an und für sich mehr als fragwürdig, immerhin erinnert sich wohl jeder, der das Original schon einmal gesehen hat, an die etwas schräge Traumsequenz, andere wiederum sahen das Problem eher in dem gewählten Regisseur – mit Filmen wie „Alice im Wunderland“ oder „Dark Shadows“ machte Tim Burton in den letzten Jahren nicht nur in positivem Sinne von sich reden.
Doch offensichtlich sah Disney noch genügend Potenzial in dem exzentrischen Filmemacher, um ihm das Projekt anzuvertrauen – und man muss zugeben, dass sie es schlechter hätten treffen können. Denn „Dumbo“ schafft es tatsächlich, sich von der Masse der übrigen Realverfilmungen abzuheben, indem er deutliche Ambitionen zeigt seinen Vorgänger, zumindest auf handlungstechnischer Ebene, zu überflügeln. Kaum etwas ist von der ursprünglichen, zugegebenermaßen mit gerade einmal einer Stunde Laufzeit auch recht dünnen Story übrig geblieben – hier und da ein paar Sequenzen, die übernommen wurden, die aber trotzdem eher als Referenz, oder netter ausgedrückt als Hommage, denn als Kopie angesehen werden können. Auch der Fokus wurde von dem kleinen Elefanten, der direkt in die Herzen der Kinder flog, auf die Menschen in der Geschichte verlagert. Ein Kniff, der eigentlich für mehr Identifikationsmöglichkeiten beim Publikum sorgen müsste, aber leider eine der größten Schwächen des Films darstellt. Denn auch wenn der Versuch, sich vom Original abzuheben, um mehr Eigenständigkeit zu erreichen, löblich scheint, bringen die Mühen wenig, wenn man sich keine gut ausgearbeitete Geschichte einfallen lässt.

Die Charaktere in “Dumbo” bleiben trotz ihres immensen Potenzials stets eindimensional, kein Schritt weicht von einem bereits viel zu ausgetretenen Erzählpfad ab, was den Fortlauf der Geschichte trotz neuer Elemente absolut überraschungsarm gestaltet. Und auch Burton-Fans kommen nicht wirklich auf ihre Kosten, scheint es doch größtenteils so, als würde der einstige Visionär mit angezogener Handbremse fahren – es fehlt einfach der sonstige Sinn für das Skurrile, das Verschrobene, das Einzigartige.
Fazit:
Alles in allem ist „Dumbo“ somit eine zwar erfrischend andersartige Disney-Realverfilmung, da der Versuch spürbar ist, mehr sein zu wollen, als ein reiner Abklatsch des Originals. Allerdings hat man die Geschichte auf so generische und platte Weise umgeschrieben, dass der Zauber dabei ein wenig auf der Strecke bleibt. So kann man ruhig einen Blick auf den Film riskieren und sich einen unterhaltsamen Kinobesuch gönnen, allerdings wird man den Film wohl am Ende schneller verdaut haben, als das verzehrte Popcorn.
Bewertung:
6 von 10 Punkten
Bilder: Disney
Das ist kein zweischneidiges Schwert, dass ist Selbstdemontage von Filmklassikern. Egal ob dieser Mist, Mogli oder Aladin…
Naja, es gibt viele denen die Neuverfilmungen gefallen..du kannst da natürlich anderer Meinung sein aber die andere Seite einfach weg negieren mache ich prinzipiell nicht…
Ich brauch keine Realfilm – Remakes von Zeichentrick – Klassikern. Deswegen bekommen die auch null Chancen bei mir 😉
Mag sein, dass es Leuten gefällt… die sind auch nicht mit den Originalen aufgewachsen 😉
Auch das würde ich so pauschal nicht sagen…allein in meinem Bekanntenkreis gibt es einige Leute die sehr wohl mit dem Dschungelbuch und der Schönen und dem Biest aufgewachsen sind und die Realverfilmung lieben.
Ich denke ja, das könnte einfach auch etwas mit unserem Kulturkreis zu tun haben…in vielen Köpfen in unseren Breitengraden herrscht nach wie vor die Meinung vor, dass Zeichentrickfilme etwas für Kinder sind und man deswegen ohne sich kindisch vorzukommen nicht auf sie stehen darf. Für solche Leute sind die Realverfilmung perfekt, da sie endlich wieder ihre Disneyklassiker offen verehren und schauen können ohne das Stigmata.
Ich sage nicht, dass das meine Meinung ist, ganz im Gegenteil, ginge es nach mir könnte Disney sich die Realverfilmungen gerne schenken aber ich sehe halt auch, dass es da durchaus andere Meinungen gibt😉
Keine Ahnung ob unser Kulturkreis so blöd ist 😉
Wenn sie wenigstens Animations – Remakes gemacht hätten… aber Realfilm hatte vor 30 Jahren schon nicht funktioniert. Balu ist knuffig… aber das funktioniert in einem Realfilm nicht.
Tja, vielleicht hatten sie einfach die Hoffnung, dass die Computertechnik inzwischen weit genug ist, um Balu auch mit Hilfe von CGI knuffig hinzubekommen ;-). Wobei ich ja sagen muss, dass mir der Balu aus dem Realfilm Dschungelbuch noch hundertmal lieber ist als der aus dem Netflix-Film Mogli…der sah ja furchteinflößend aus…
Genau! furchteinflößend. Mogli ging m.E. völlig daneben. Der “Kampf” zwischen den Affen und Balu war auch echt heftig. Nicht wirklich für Kinder, der Film.
Ich hab den in 3 min durchgescrollt bei Netflix 🙂 🙂
Schön geschrieben!
Ich hadere mit mir, ob ich für ihn ins Kino gehen soll oder früher oder später ihn mir zu Hause bei Gelegenheit anschaue. Für mich ist es schon große Geldmacherei die Disney da betreibt. Zu sehr fehlt es mir an innovativen, kreativen und einfach mal neuen, erfrischenden Inhalten. Wenn man sich anschaut, mit welchen Sequels, Reboots und Remakes Disney dieses Jahr sehr wahrscheinlich mal wieder den Markt dominieren wird, da machen sich bei mir große Sorgen breit. Hinzu kommt jetzt auch noch der Fox-Deal, wodurch Disney immer mehr zum Monopol heranreift und ich das einfach nicht mehr unterstützen möchte. Und ich finde diesen Kontext sollte man auch jetzt bei solch einer Realverfilmung wie Dumbo nicht außer Acht lassen.
Dann doch lieber ein Paddington, der vor Originalität strotzt und wo auch etwas mehr als nur Liebenswürdigkeit dahintersteckt.
Früher oder später werde ich mir aber denke ich zu Dumbo gerade in filmischer Hinsicht mal bilden, denn gerade die Effekte sehen teilweise echt zauberhaft aus.
Danke, freut mich, dass die mein Text gefallen hat.
Auch ich sehe durchaus skeptisch auf den Deal zwischen Disney und Fox, bin aber was Reboots, Sequels und Remakes im allgemeinen angeht bei weitem nicht so negativ eingestellt wie viele…immerhin ist das kein besonders neues Phänomen in Hollywood und der aufmerksame Cineast wird auch abseits des Mainstream immer noch genug andere Leckerbissen finden können. 😉
Sicherlich ist das kein neues Phänomen, aber es ist aktuell so stark vertreten wie noch nie und dominiert förmlich den Markt. Das ist schon ein bisschen traurig wenn man mal schaut wie viel Budget die Dinger bekommen. Das gleiche Budget könnte einfach mal zur Abwechslung in etwas Neues hineinfließen. Du wirst keine aufwendige Produktion mehr finden die in einer neuen Idee steckt. Aber nun gut habe mich genug ausgeheult und die Moralapostel gemimt, ist eben auch Geschmackssache 😀 bin auch eigentlich viel gespannter auf Aladdin, auch wenn mir da Böses graut…
Wie gesagt, ich sehe die Sache etwas entspannter…aber natürlich hast du mit deinen Sorgen und Argumenten nicht unrecht. Wobei ich ja glaube, dass gerade die riesigen Budgets oftmals dem Film eigentlich das Genick brechen…mit einem kleineren Film einen großen Profit zu machen, ist noch immer viel leichter als mit einem sehr großen. Man nehme nur einmal das Horrorgenre, oder noch spezieller, das Found Footage Genre – da müssen die Filme nicht mal gut sein um locker ihr Budget wieder herein zu spielen (man siehe nur die Paranormal Activity Reihe). Aber irgendwie bin ich jetzt vom Thema abgekommen 😀 …naja, auch egal, was Aladdin angeht teile ich deine Besorgnis auf jeden Fall, allein schon mal wegen der Wahl des Schauspielers für die Rolle des Dschafar!
Ich war grade drin: Ein Burton-Film wie Zuckerwatte, bunt, farbig und bei übermäßigem Verzehr zum Kotzen!
Wieder einmal sehr amüsant auf den Punkt gebracht 😉
Dydh dha, Mara.
Da mich bereits die gezeichneten Vorlagen nie weiter interessierten, habe ich auch kein sonderliches Problem mit Remakes aus der Neutzeit (der Unterhaltungskonzern muß die fetten Boni der Chefs, wie die noch fetteren Schecks für Lucasfilm & Fox irgendwie gegenfinanzeren).
Der neue ‘König Der Löwen’ juckt mich ähnlich wie der alte – nullnicht!
Offensichtlich leidet ‘Dumbo’ unter dem grundsätzichen Problem, einen Pelz ohne die Verwendung einer Flüßigkeit Reinigen zu sollen. Entweder! Oder! Oder Original & Remake in eine überzeugende Story packen. Geht “zur Not” auch. 😎
Tim Burton musste wohl im ruhigeren Wasser fahren, eben weil seine letzten Titel nicht den erhofften Profit einfuhren. Denke ich.
Für junge Familien wird ‘Dumbo’ dennoch für brauchbaren Spaß sorgen.
bonté
Hallo Robert,
wen dir bereits die Zeichentrickfilme nichts gegeben haben, ist dein Desinteresse an den Realverfilmungen natürlich nachvollziehbar.
Was deine Gedanken zu Burton betrifft könntest du recht haben, wahrscheinlich wollte er sich einfach nicht allzu weit aus dem Fenster lehnen.
Und ja, für Familien bietet der Film auf jeden Fall noch genügend magische Momente um eine unterhaltsamen Kinoabend zu garantieren.
Liebe Grüße