von Marius Ochs
Das Schicksal von “The New Mutants” ist fast schon spannender als der Film selbst. Der dreizehnte und letzte Teil des X-Men-Franchises weckte Hoffnungen, denn durch die angekündigten Horror-Elemente schien er einige Neuerungen in die Welt der Superhelden-Filme zu bringen. Doch dann wurde der Film ein erstes Mal verschoben, kurz darauf kaufte Disney 20th Century Fox und damit auch die Rechte an den neuen Mutanten. Die nächsten Verschiebungen und Re-Shoots ließen nicht lange auf sich warten, was in fünf verschiedenen Veröffentlichungsdaten gipfelte. Aus 2018 wurde so 2020. Als der Film dann Anfang des Jahres endlich erscheinen sollte kam eine weltweite Pandemie dazwischen, ein weiteres böses Omen. Jetzt ist es aber soweit: Der Film hat tatsächlich die Leinwände erreicht. Nur: Kaum jemand rechnete noch mit einem guten, in sich schlüssigen Werk. Die Angst vor einem Desaster war groß, und die Befürchtungen sind nicht unberechtigt.
Obwohl der Ansatz gut klingt: Junge, pubertierende Mutanten werden in einem Krankenhaus behandelt, um sicher zu gehen, dass sie ihre besonderen Fähigkeiten nicht dazu verwenden sich selbst oder jemand anderem Schaden zuzufügen. Als Danielle (Blu Hunt) nach dem Tod ihres Vaters in der Klinik aufwacht, verändert sich nicht nur die Dynamik zwischen den Patienten, es geschehen auch immer mehr rätselhaftere Dinge. Und auch das Krankenhaus ist mehr, als es zu sein scheint. Mystery-, Horror- und Coming-of-Age-Elemente fließen in dieser Geschichte zusammen.

Leider werden in der Folge gängige Klischees aller Art ziemlich faul abgearbeitet. Der Film untergräbt so von Beginn an seine eigenen Ambitionen. Nichts Neues wird geboten, altbekannte X-Men-Themen wie die Ausgrenzung von der Gesellschaft werden lediglich lauwarm aufgekocht. Die Innenräume des Krankenhauses sind optisch fernab jeglichen Gruselfaktors angesiedelt und die erzählte Geschichte ist noch vorhersehbarer als das übliche Marvel-Superhelden-Kino – so gesehen bestätigen sich also die schlimmsten Befürchtungen. Woran es am Ende tatsächlich lag, darüber kann an dieser Stelle nur spekuliert werden, jedoch ist offensichtlich, dass hier sprichwörtlich zu viele Köche ihre Zutaten in den sehr heterogenen Einheitsbrei gaben.
Der größte und gleichzeitig einzige Lichtblick des Films ist das Ensemble. Die sechs Schauspieler/innen spielen ihre Figuren durchweg überzeugend. Jedoch gibt es auch hier einige nicht ganz unwesentliche Kritikpunkte. So regte sich Comic-Schreiber Bob McLeod beispielsweise über das whitewashing des Charakters “Sunspot” auf. Dieser sei in den Comics explizit schwarz, was auch für die Geschichte relevant ist, da sich seine Kräfte das erste Mal bei einem rassistischen Angriff offenbaren. Im Film ist der Charakter ein reicher Brasilianer, der aufgrund seiner Feuer-Fähigkeiten noch Jungfrau ist. Trotzdem: Der Cast, vor allem Maisie Williams und Anya Taylor-Joy, retten den Film vor der völligen Belanglosigkeit. Ohne ihre Leistung hätten sich die 90 Minuten ewig angefühlt, so ist der Film wenigstens ein kurzweiliges, schnell vergessenes Leinwandflimmern.

Fazit
Teen-Horror, Rom-Com, Coming-of-Age: “The New Mutants” verbindet diese Genres auf die schlechteste Art und Weise. Zu keinem Zeitpunkt kommt Spannung oder Romantik auf, der Film schafft es trotz guter Ansätze nie unter die Haut zu gehen. Nicht einmal der nach der simplen Marvel-Bombast-Formel inszenierte, finale Kampf sorgt für den Hauch eines Gänsehaut-Moments. Einzig und allein die gute schauspielerische Leistung aller Beteiligten und die knackige Laufzeit retten den Film davor, eine völlige Katastrophe zu sein. Das X-Men-Franchise hätte nach Logan aufhören sollen.
Bewertung
(41/100)
Bilder: ©Walt Disney