“Guardians of the Galaxy: Volume 3” ist seit Mittwoch in den Kinos und bildet den Abschluss der Guardians-Trilogie. Zugleich ist der Film die dritte Zusammenarbeit zwischen Drehbuchautor und Regisseur James Gunn und Kameramann Henry Braham.
In den Trailern werden wesentliche Details klar kommuniziert. Es geht um ein “letztes Mal”, einen Gegenspieler, der die “perfekte Gesellschaft” erschaffen möchte, und ein Team ungleicher Spinner, die als Guardians den Karren aus dem Dreck ziehen müssen. Gunn verabschiedet mit “Guardians Vol. 3” nicht nur einen der Höhepunkte des gesamten MCUs, sondern er verabschiedet sich zugleich selbst von Disney. “Guardians Vol.3” ist der letzte Film, den er für das Haus mit den Mäuseohren inszeniert. Der Regisseur hat vollständig als CEO zu DC Studios gewechselt, wo er mit Peter Safran die kreative Leitung über deren Comic-Franchises übernommen hat. Um so wichtiger scheint da “Guardians Vol. 3” zu sein, ein Film, mit dem Gunn dem MCU noch einmal seinen Stempel aufzudrücken vermochte.
von Richard Potrykus
Wie alle Marvel-Filme bauen auch die Guardians-Filme nur lose aufeinander auf. Die Abenteuer sind stets abgeschlossene Angelegenheiten und die vereinzelten Informationen, die einem fehlen, wenn man den oder die jeweiligen Vorgänger nicht gesehen hat, sind zu vernachlässigen.
Das Schöne an dieser Trilogie ist, dass sie mit jedem Film erwachsener wird. Ging es im ersten Film (“Guardians of the Galaxy”, 2014) noch um die Coolness aller Beteiligten, die als isolierte Individuen zusammenfinden und ein Team formieren müssen, erzählt der zweite Teil (“Guardians of the Galaxy Vol. 2”, 2017) vom Halten dieser Gemeinschaft und davon, dass auch der ärgste Weirdo ein gutes Herz und eine zweite Chance verdient hat.
In “Guardians Vol.3” ist aus der Gemeinschaft nunmehr eine Familie geworden, die es zu halten gilt. Doch Gunn erzählt nicht allein ein weiteres Abenteuer. Zwar ist die Entwicklung über drei Filme von Team über Gemeinschaft hin zu Familie eine anständige Sache, doch wäre dies der einzige bedeutsame Inhalt, hieße es für jeden einzelnen Film eine Reduktion auf eine triviale Eindimensionalität. Um dies zu vermeiden, inkludiert Gunn eine Metaebene und kommuniziert diese durch verschiedene Figuren.
Da wäre die Hohepriesterin Ayesha (Elizabeth Debicki) zu nennen, die bereits in der end-credit scene zu “Guardians Vol.2” Adam Warlock (Will Poulter) ins Leben ruft. Dann gibt es noch den High Evolutionary (Chukwudi Iwuji), der in zahlreichen Versuchsreihen die perfekte Kreatur erschaffen will. Der Film zeigt die vermeintlich perfekte Gesellschaft, die daraus erwachsen ist, und wirft einen ernsten Blick auf die Perversität, die morbide den Weg dorthin pflastert. Dabei verweilt der Film auch ausgiebig und einfühlsam in der Hintergrundgeschichte von Rocket (Bradley Cooper).
Manche Fans wird Gunns Version von Warlock irritieren. Diese mächtige Figur, die in den Comics seit den 1960er Jahren besteht, wird im Film als weinerlicher Teenager inszeniert. Doch was als Verballhornung wirken mag, ergänzt die Metaebene des Films erheblich. Es gibt keine perfekten Wesen, ergo kann es auch keine perfekte Gesellschaft geben. Diese ganze Try and Error – Vorgehensweise scheitert mit Bausch und Bogen und subsumiert damit die Grundlage, auf der die gesamte Trilogie aufbaut: Das Perfekte kann es nicht geben. Stattdessen gilt es, das Beste aus dem Unvollkommenen, der Imperfektion, zu machen. Sie ist es, die einen Charakter und eine Gemeinschaft erst ermöglicht, da die Mängel des Einen die Talente des Anderen sind.
Damit ist “Guardians Vol. 3” nicht nur der erwachsenste Film der Reihe, sondern auch der Beste. In Teil 1 gab es viel Comedy und Action zu bestaunen. In der Fortsetzung wurde die Action brutaler. Nicht so brutal wie in dem ebenfalls von Gunn inszenierten “The Suicide Squad”, doch wurde das pg-13-Rating ordentlich ausgereizt. “Guardians of the Galaxy Vol. 3” verpasst Gunn der Gewalt Bedeutung, nimmt ihr den rein unterhalterischen Wert und macht ihn bei aller Absurdität erstaunlich greifbar. Der Body Count wirkt real, die Gewalt unrecht.
Dass der Film dennoch stark unterhält und, man mag sagen, Laune macht, liegt an seinem Pacing und der Kameraarbeit. Gunn verweilt bei den ernsten Bildern so lange wie möglich, aber er überreizt es nie. Gerade, wenn der Film ins Dramatische zu kippen droht, gibt es einen Cut hin zu Comedy und Action. Dabei wirkt der Film nie albern.
Bei anderen Marvel-Filmen gibt es oft das Problem, dass eine ernste Szene mit einem billigen Witz beendet wird. Gunn erzählt die ernste Szene aus und trennt sie klar von der Komik ab. Die Mischung ist dabei unglaublich stimmig und was im Editing die Vervollständigung findet, baut nicht zuletzt auf der genau dazu passenden Kameraarbeit von Braham auf. Diese ist so dynamisch wie in den Teilen zuvor. Es gibt unzählige Fahrten und Schwenks, erstaunlich lange Einstellungen und ein sehr gutes Gespür dafür, wie das Bild einzufangen ist.
Figuren, die einem ans Herz gewachsen sind, bekommen ihre Epiloge, wodurch die gesamte Trilogie abgeschlossen werden kann. Natürlich will die Kuh gemolken werden und so gibt es auch hier die Möglichkeit auf mehr, aber das hat dann mit Gunn nichts mehr zu tun.
Fazit
“Guardians of the Galaxy Vol. 3” ist kein perfekter Film, aber er erfüllt die Erwartungen an einen dritten Teil dieser Reihe vollends. Überraschungen bietet er keine. Es ist nicht so, dass er mit Geheimnissen und unerwarteten Wendungen daherkommt. Auch wird die eine oder andere Situation ein klein wenig zu komfortabel gelöst. Hier und da sind die richtigen Figuren mit den richtigen Fähigkeiten zur rechten Zeit am rechten Ort. Vielleicht ist dies aber notwendig, um bei allem Ernst der Handlung die Leichtfüßigkeit nicht zu verlieren. Wer die ersten beiden Teile mag, wird Teil 3 lieben. Für alle anderen gibt es Arthaus.
Bewertung
(83/100)
Bild: (c) Marvel / Disney