Sidney Lumet hatte Zeit seines (Regisseur-)Daseins vor Allem eines vor Augen: Dem US-Justizsystem filmisch einen Prügel vor die Füße zu werfen. Viele seiner Filme behandeln Fehler und Schwächen in Judikative und Exekutive, oft setzte er sich, stets mit Verve, Leidenschaft und stilistisch mit gnadenlosem Realismus, mit Korruption im „besten Rechtswesen der Welt“ auseinander.

Auch „Serpico“ ist dabei keine Ausnahme: Es handelt sich hier um einen harten, ultra-realistischen Polizei-Thriller, mit einem fantastischen Al Pacino in der Hauptrolle, der so etwas wie die personifizierte Verzweiflung des idealistischen, liberalen US-Bürgers gibt – der an dem ihn umgebenden (höchst korrupten) System zerbricht. Der Film basiert auf einem realen Vorbild, Frank Serpico gab es wirklich.

Im Kern ist der Film die Biografie eines Einzelkämpfers: Ebenjener Frank Serpico (Pacino) ist ein ungewöhnlicher Polizist und Hippie mit Moral und Anstand ein Verfechter liberaler Werte und Gerechtigkeit. Mit verzweifelter Wut kämpft er gegen das System und die Korruption in seinem direkten Umfeld, legt sich mit den Kollegen an, gegen Ende nimmt sein gnadenloser Idealismus beinahe selbstzerstörerische Züge an. Wähend seine Kollegen durchwegs bestechlich sind, nimmt Serpico kein Geld, lässt sich nicht „schmieren“, um sich hier und da einen kleinen persönlichen Vorteil zu verschaffen – und kommt deswegen erst recht in Bedrängnis.

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Die Grundstruktur des Films ist, wie man sie von vielen Lumet-Filmen kennt: Einer kämpft als outsider im und gegen das System. Stilistisch gezeichnet ist das Ganze in Lumets ultra-dreckigem Realismus, der kaum Aussicht auf Hoffnung – und schon gar nicht auf „Erlösung“ – bietet. Langsam findet Serpico doch einige (wenige) Verbündete für sein Vorhaben, die Polizei von innen heraus zu verändern, die Verantwortlichen ans Messer zu liefern. Doch es kommt, wie es kommen muss: Er scheitert, ist am System zerbrochen, sein Idealismus zerschellt an den „harten Tatsachen“ des Lebens; als Belohnung für seine Mühen erhält er eine Kugel in den Kopf, überlebt, und bekommt dafür die Goldmedaille verliehen: So sieht ein zynisches „Happy End“ a la Lumet aus.

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weitere Filme von Lumet: „The Verdict“ (1982) – Sidney Lumet