Als der Kleinkriminelle Chris aufgrund seiner Schulden auf die Idee kommt, sich an der abgeschlossenen Lebensversicherung seiner Mutter zu bereichern, ahnt er noch nicht, welches Ausmaß diese Entscheidung haben wird. Er und sein Vater engagieren in der Folge Joe Cooper, besser bekannt als „Killer Joe“, für den Job. Allerdings können sie die im Voraus zu zahlende Bezahlung nicht stemmen, woraufhin Joe die jungfräuliche Dottie, die Schwester von Chris, als Vorschuss und gleichzeitige Sicherheit verlangt.
„Killer Joe“ geht 102 Minuten und ist die Verfilmung des gleichnamigen Theaterstückes von Tracey Letts, der auch das Drehbuch für die Filmversion schrieb. Er feierte bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig 2011 seine Premiere und wurde 2013 in Deutschland indiziert. In den Hauptrollen zu sehen sind Matthew McConaughey (Joe), Emile Hirsch (Chris) und die bezaubernde Juno Temple (Dottie).
Es ist manchmal schon ein Phänomen: ungeachtet der Bandbreite an Filmen, aus denen der Zuschauer heutzutage wählen kann, ist es immer wieder erstaunlich, wie Werke wie „Killer Joe“ es schaffen, dem Fokus der Filmfans verborgen zu bleiben. Weder der doch ziemlich bekannte Cast, noch die Klasse von „Killer Joe“ konnten dafür sorgen, dass der Film die Bekanntheit erlangt, die er verdient.
Ein Grund dafür könnte möglicherweise die tendenziell eher kontroverse Story sein, ein anderer, dass Matthew McConaughey erst 2013 mit „Dallas Buyers Club“ wieder auf die ganz große Bühne des Films zurückkehrte. Er, und insbesondere auch Juno Temple, liefern in „Killer Joe“ eine grandiose Leistung ab und kreieren eine Chemie, die mindestens genauso seltsam wie schön ist. Joe erinnert in manchen Momenten an Ryan Goslings Charakter in „Drive“, zumindest wirkt er ebenso undurchschaubar und nicht minder cool. Insgesamt erinnert das Werk an Nicolas Winding Refns Referenzwerk, mit dem Unterschied, dass er nicht im schnelllebigen Los Angeles, sondern im rauen Texas inszeniert wurde.
Optisch und atmosphärisch bedient sich „Killer Joe“ natürlich an den geografischen Gegebenheiten und fängt ein ums andere Mal das Südstaaten-Flair mitsamt seiner eher einfach gestrickten Bewohner ein. So verwundert es auch nicht, dass die Story eher simpel gehalten ist und in manchen Momenten mehr Wert auf die Inszenierung, als auf die Tiefe der Geschichte gelegt wird. Was auf der einen Seite als Schwäche ausgelegt werden kann, betont aber im Grunde nur die Wurzeln der Geschichte, beziehungsweise das ursprüngliche Format. Auch bei Theaterstücken steht oftmals eher die Inszenierung als die Tiefgründigkeit der Handlung im Vordergrund.
Die interessanten Charaktere lassen während der gesamten Spielzeit keine Langeweile aufkommen. Wenn diese doch einmal droht, zieht der Film rechtzeitig die Schrauben an und bietet immer wieder kontroverse, und vor allem brutale Szenen. Insbesondere im letzten Drittel verfällt er in einen wahnwitzigen Rausch aus Gewalt, Sex und nahezu absurd seltsamen Szenen, die sich in das Gedächtnis der Zuschauer brennen.
Fazit: „Killer Joe“ ist einer dieser Filme, die man nur schwer erklären kann. Der Streifen lebt fernab von genretypischen Abläufen in seiner ganz eigenen Welt und liegt irgendwo zwischen Actionthriller und tiefschwarzer Komödie. Wer meint, schon alles gesehen zu haben, sollte sich dieses kleine aber feine Meisterwerk zu Gemüte führen.
von Cliff Brockerhoff / https://www.instagram.com/man_of_steelbook/
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