Als der Wolfexperte Russell Core von einer verzweifelten Mutter um Hilfe gebeten wird, scheint der Fall zunächst klar. Schon einmal hatte sich Core in die Wildnis begeben, sich einem Rudel Wölfe gestellt und mit seinen niedergeschriebenen Erlebnissen Bekanntheit erlangt. Als er sich aber auf die Suche nach dem vermissten Kind begibt, muss er schnell feststellen, dass die Wölfe nicht die einzigen Monster sind, denen er begegnen wird.

von Cliff Brockerhoff

„Wolfsnächte“ (im Original „Hold the dark“) ist ein US-amerikanischer Thriller, der auf dem gleichnamigen Roman von William Giraldi basiert. Die Regie übernahm Jeremy Saulnier, der in den letzten Jahren insbesondere mit „Green Room“ für Furore sorgte. Seine Weltpremiere feierte „Wolfsnächte“ auf dem Toronto Film Festival und ist seit dem 28. September auf Netflix abrufbar.

Verschneite Landschaften, ein einsamer Wanderer in der Ödnis und jede Menge epische Naturaufnahmen; was der Trailer bereits anzudeuten vermochte, bewahrheitet sich mit der Sichtung des letztlichen Ergebnisses: „Wolfsnächte“ weist Reminiszenzen zum überragenden „The Revenant“ auf, schlägt aber doch noch mal in eine andere Kerbe. Wo Leonardo DiCaprio mit Rachegelüsten durch den tiefen Schnee stapfte, wartet Saulnier in seinem Werk mit einem introvertierten Protagonisten auf, der den düsteren Geheimnissen in Alaska auf den Grund geht. Dabei sieht er sich nicht nur der erbarmungslosen Natur, sondern auch einigen unerwarteten Wendungen ausgesetzt.

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In den ersten 30 Minuten verschlingt der Film seine Zuschauer in die tiefschwarze Nacht und setzt ihn einer gnadenlosen Düsternis aus, die sich sowohl in den Bildern als auch in der Story abzeichnet. Getragen wird letztere durch nur eine Handvoll Schauspieler, unter denen sich aber durchaus bekannte Gesichter befinden. Jeffrey Wright als Verhaltensforscher, Riley Keough als leidende Mutter und Alexander Skarsgard als unberechenbarer Familienvater; Saulnier setzt auf ein etabliertes Ensemble und vermengt die innovative Geschichte mit altbekannten Stärken. Wer ältere Werke des US-Amerikaners kennt, wird auch in „Wolfsnächte“ seine Handschrift erkennen.

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Erweist sich der Film anfangs als zähes Konstrukt, wird das Tempo urplötzlich angezogen, sodass der Film immer wieder zwischen den Genres wechselt. Auch wenn das Fahrwasser überwiegend gemächlich ist, schreckt Saulnier nicht vor ausladender Brutalität zurück und sorgt so für starke Kontraste. Wenn Körper mit Blei verziert werden und tiefrote Blutspritzer sich in den blendend weißen Schnee graben, ist das überaus imposant und weiß zu überzeugen. Wenn dann auch noch mysteriöse Klänge das Gesehene untermalen, zeigt das Werk der Konkurrenz die Rücklichter. Leider vermag es „Wolfsnächte“ aber nicht diese Genialität über die gesamte Spielzeit von über zwei Stunden aufrecht zu erhalten. So wichtig und interessant die Hintergründe der handelnden Personen auch sein mögen, manches ist hier zu ausladend inszeniert und wirkt tendenziell störend.

Fazit:

In einer Mischung aus finsterer Ästhetik und einem zermürbenden Erzähltempo erweist sich das Werk als böser Hybrid aus Psychothriller und metaphorischem Blick auf das Verhältnis zwischen Mensch und Natur. Mit kleinen Makeln versehen, weiß „Wolfsnächte“ aber nahezu durchgehend zu unterhalten und kann bedenkenlos jenen empfohlen werden, die sich von Trailer und/oder diesen Worten angesprochen fühlen.

Bewertung:

8 von 10 Punkten