Duncan Thomson hat eine Obsession. Während andere Männer seines Alters diese für Sport, die Karriere oder die Familienplanung hegen, verschreibt sich Duncan den wirklich existenziellen Dingen im Leben: der Musik. Besonders angetan hat es ihm die Klangwelt von Tucker Crowe, einem mittlerweilen inaktiven Künstler, über den Duncan so ziemlich alles weiß und diesem nicht nur seine Freizeit, sondern auch einen kompletten Schrein in seiner Wohnung widmet. Dort lebt er mit seiner Partnerin Annie, die seine Leidenschaft zwar nicht teilt, sich aber mit ihr arrangiert hat. Als eines Tages unverhofft neues Material von Crowe auftaucht, ist Duncan, im Gegensatz zu seiner besseren Hälfte, schwer begeistert. Die Meinungsverschiedenheit macht ihm schwer zu schaffen, und so entschließt er sich zur einzig sinnvollen Lösung: Duncan betrügt Annie und fährt die Beziehung gegen die Wand.

So in etwa lauten die Grundvoraussetzungen von „Juliet, Naked“, einer auf dem gleichnamigen Roman basierenden romantischen Komödie, die im Januar 2018 ihre Premiere feierte und ab dem 21. Dezember auch in den österreichischen Kinos zu sehen sein wird. In der Besetzungsliste finden sich unter anderem Ethan Hawke (Tucker Crowe), Rose Byrne (Annie) und Chris O’Dowd (Duncan) wieder.

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Aufmerksame Leser werden bereits in der Einleitung der Rezension eine Prise Sarkasmus wahrgenommen haben und können möglicherweise erahnen, welche Güteklasse das britisch-amerikanische Werk in 105 Minuten auf die Leinwand zaubert. Was anhand der Grundidee durchaus in eine interessante oder zumindest charmante Richtung hätte gehen können, bleibt Wunschdenken und erweist sich mit Fortlauf der Zeit als absolute Katastrophe.

Anstelle von liebevoll gezeichneten Charakteren sieht sich der Betrachter drei vollkommen irrational handelnden und naiven Protagonisten gegenüber, die sich pausenlos gegenseitig übertreffen, sodass der Zuschauer gar nicht weiß, wem er seine Antipathie schenken soll. Wo andere Filme den Fokus auf die Besessenheit legen, das Bild eines psychisch labilen Stalkers entwerfen und so zumindest Spannung kreieren, entscheidet sich „Juliet, Naked“ dafür, das Hauptaugenmerk auf die vereinsamte Ex-Freundin und den abgehalfterten Musiker zu richten. Dabei entsteht eine dermaßen klischeebehaftete und vorhersehbare Aneinanderreihung von Ereignissen, die sich auf keinem Planeten dieses Universums so zutragen würden. Logische Verknüpfungen der einzelnen Bestandteile? Fehlanzeige.

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Film und Fiktion gehen zugegebenermaßen oft Hand in Hand und nicht sämtliche Elemente müssen zwingend nachvollziehbar sein, aber wenn ein Werk eine Geschichte „mitten aus dem Leben“ erzählen möchte, sollte es zumindest einige schlüssige Grundsätze beherzigen. Da hilft es auch wenig, dass die Story gegen Ende versucht, das vorher gewobene Konstrukt mittels philosophischen Ansatzes aufzulösen und für künstliche Tiefe zu sorgen. Für den Fall, dass diese nicht schon vorher erkannt werden konnte, wurden kurzerhand ein paar Videobotschaften des allseits beliebten Duncan eingebaut, die den Film noch einmal für diejenigen zusammenfassen, die während der Laufzeit in die Traumwelt abgeglitten waren.

Fazit:

Unrealistisch, unlustig und ungemein belanglos; „Juliet, Naked“ ist ein wahres Feuerwerk der guten Laune und tritt ganz unvermittelt in jedes Fettnäpfchen, das das Genre bereithält. Nach Ablauf der Spielzeit bleibt es ein Rätsel, warum ein gestandener Hollywood-Schauspieler wie Ethan Hawke sich für so einen Film hergegeben hat. Einzig die halbwegs wertige Inszenierung rettet den Film vor einem Totalschaden, kann aber letztlich nicht darüber hinwegtäuschen, dass er sämtliche Substanz vermissen lässt und nicht mal seinen eigenen Titel sonderlich ernst zu nehmen scheint: nackte Tatsachen sind nämlich Mangelware. Nicht einmal das ist dem Zuschauer vergönnt. ab 21.12. im Kino

Bewertung:

2 von 10 Punkten

von Cliff Brockerhoff

 

Bilder © 2018 PROKINO Filmverleih GmbH