Derzeit ist Christian Bale, nahezu zur Unkenntlichkeit entstellt, als Dick Cheney in „Vice“ zu sehen. Der walisische Schauspieler zeigte sein großes Talent schon früh (u.a. in Steven Spielbergs „Das Reich der Sonne“), einer breiteren Öffentlichkeit wurde er spätestens mit seiner Darstellung des Psychopathen Patrick Bateman in „American Psycho“ bekannt. Der Film von Mary Harron entführt visuell bestechend und schauspielerisch überzeugend in die Welt eines kranken Geistes.

Lange galt das Skandalbuch von Brett Easton Ellis, auf dem der Film basiert, als unverfilmbar. Der soliden Inszenierung und vor allem der darstellerischen Leistung Bales ist es zu verdanken, dass daraus am Ende doch ein mehr als ordentlicher Film geworden ist, der sich auch als Zustandsbeschreibung einer dekadenten und von Warenfetischismus geprägten Welt lesen lässt; einer Tendenz zur Verdinglichung und Ökonomisierung, die sich seit der Veröffentlichung des Films im Jahr 2000 wohl noch weiter verbreitet hat, und als Digitalwarenfetischismus inzwischen alle Bereiche unseres Lebens durchdringt. Im Zentrum von „American Psycho“ steht eben der von Bale verkörperte Patrick Bateman, ein Mitt-20er, der sich in den 80-er Jahren als Investmentbanker seinen Weg nach oben bahnt. Sein Leben ist geprägt von absoluten Oberflächlichkeiten, sinnentleerten Ritualen, sexuellen Perversionen – und Morden, die er bevorzugt an jungen, gut aussehenden Frauen verübt.

„American Psycho“ bleibt dabei ebenso oft an der Oberfläche, geht nur selten in die Tiefe, das irre Verhalten von Psycho Batesman wird nicht (psychologisch) erklärt, sondern lediglich (filmisch) beschrieben. Die Gesellschaftskritik bahnt sich ihren Weg über die überspitzte, übertriebene Darstellung von Batesman malignem Narzissmus, der sich bezeichnenderweise so wunderbar in die Strukturen und Anforderungen der Finanzwelt einfügt; „American Psycho“ setzt den dekadenten Lifestyle des Protagonisten, der ja auch Vorbildern entspringt, direkt in Beziehung zu seinen pathologischen Dispositionen. Patrick Batesman ist also – auch, so wird suggeriert – ein Phänomen seiner Zeit, einer auf sinnleere Oberflächlichkeiten und Erfolg getrimmten Ideologie.

Hauptdarsteller Bale beweist, einmal mehr, sein darstellerisches Talent und seine Wandelbarkeit, man möchte ihm für seine Verkörperung des Patrick Bateman das Attribut „Paraderolle“ aufdrücken. Die eher unbekannte Regisseurin Mary Harron, von der vor und nach diesem Film nicht mehr viel zu hören war, erschuf mit „American Psycho“ dank der soliden Inszenierung und der visuellen Kraft und in der Zusammenarbeit mit Bale einen inzwischen durchaus aus Klassiker des US-Kinos zu bezeichnenden Film, der in keiner Filmsammlung fehlen sollte.

von Christian Klosz