Wer hat als Kind nicht davon geträumt, sich wie Superman in die Lüfte erheben zu können? Der 14-jährige Billy erhält diese Chance, als der uralte Zauberer Shazam in ihm seinen lange gesuchten Nachfolger erkennt und das Problemkind zum Verteidiger der Menschheit kürt. Spricht er den Namen seines Mentors aus, verwandelt sich der Halbstarke in einen übermächtigen Mann, der mit den Fähigkeiten von sechs mythologischen Gestalten ausgestattet ist. Einziges Problem: Wie viele Teenager weiß auch der Auserwählte nicht recht, wohin mit seiner Energie. So nützt der frischgebackene Superheld seine Kräfte erst einmal, um Geldautomaten kurzzuschließen und Dank seiner erwachsenen Erscheinung Bier einzukaufen, nicht ahnend, dass es jemand schon lange auf seine Gabe abgesehen hat…

von Daniel Krunz

Das Abenteuer, das Warner hier begeht, beginnt bereits bei der Publikationsgeschichte des Charakters. 1940, ein Jahr nach Supermans durchschlagendem Comicdebüt beim DC-Verlag, formulierte der Konkurrent Fawcett Publications mit „Captain Marvel“, so der ursprüngliche Name der Figur, seine Antwort auf den Hype, löste selbst einen aus und schaffte es sogar kurzzeitig, den Mann aus Stahl kommerziell zu übertrumpfen. Nicht zuletzt wegen Plagiatsvorwürfen seitens DC folgte 1953 aber das vorläufige Aus, ehe sich ausgerechnet dieser Verlag in den 1970ern die Rechte an der Figur sicherte. Aufgrund von Copyrightbestimmungen durfte aber nicht mehr mit dem Namen „Captain Marvel“ geworben werden, welchen mittlerweile Marvel Comics für einen Charakter in Anspruch nahm, der auch jüngst Kinopremiere feierte. Publikationen laufen seither unter dem Titel „Shazam“, was Verwirrung darüber stiftet, ob nun der Held, der Zauberer, oder das Zauberwort gemeint ist.

David F. Sandbergs Leinwandadaption lässt sich auch ohne dieses Hintergrundwissen genießen, es erklärt aber die Begriffsverwirrung, mit der auch der Film spielt. Nebst den ständigen Vergleichen zu Superman berührt „Shazam“ so die Metaebene der Figur und zwinkert auch sonst immer wieder in Richtung Fans. Selbstreferenz ist dem Werk schon als Teil des DC Extended Universe eingeschrieben, würde man aber nicht laufend daran erinnert werden, könnte man glatt vergessen, dass es im selben Universum wie „Man of Steel“ oder „Batman v Superman“ verortet ist. Obwohl es die Comics schon versuchten, vermeidet der Film eine Umdeutung zugunsten „darker and grittier“ und fängt ganz den ursprünglichen, infantilen Geist des Charakters ein. Heldenmythos trifft auf Body Swap Comedy; in der Tradition von „Big“ wird das Szenario vom Kind im Manne in allen seinen komischen Facetten durchgespielt und in den Kontext einer Superhero Origin Story eingebettet. Hauptdarsteller Zachary Levi holt viel aus dem selbstironischen Potential der Rolle heraus und verkörpert sympathisch jugendlichen Leichtsinn im Avatar einer fleischgewordenen Actionfigur.

Weitgehend glückt das Unternehmen, fühlt man sich auch in vielen Belangen, wie etwa bei Lektionen über Verantwortung, unweigerlich an einen anderen heranwachsenden Superhelden aus dem Hause des Hauptkonkurrenten Marvel erinnert. Welche Strategie nun auch dahinter steckt, wie beim besagten Kollegen entspringt der jugendliche Charme klar dem Quellmaterial, das hier eine durchaus würdige Umsetzung findet. Nach formalen, beherzt das DCEU nun verstärkt auch die inhaltlichen Aspekte, die für das erfolgreiche Ausbilden des marvel’schen Filmuniversums verantwortlich waren und setzt die Adaption als das bunte, humorgeladene Abenteuer durch, das Fans sich wünschten. Gags sind dicht gesät, auf ein präpubertäres Publikum zugeschnitten, unterhalten aber Junggebliebene ebenso und erinnern an eine Zeit, als sich Kinderfilme noch etwas trauten.

Auf dem Weg dorthin gönnt sich die Erzählung einen großzügigen Vorlauf und widmet auch ihrem Schurken viel Screentime, dessen Backstory sich im krassen Kontrast zur Leichtigkeit des Titelhelden durchaus düstere Momente leistet. Zeitweise sorgt dies für tonale Dissonanz, letztlich überwiegt aber die Warmherzigkeit, was auch den zentralen Konflikt der Geschichte wiedergibt. Somit reiht sich „Shazam“ in die Tradition verspielter Teen-Fantasy-Abenteuer mit klaren Fronten und einem klassischen Wertekanon ein. Dass Tugenden hierbei recht naiv und profan vermittelt werden, trägt nur zum kindlichen Zauber der Mär bei, deren erbauliche Botschaft besagt, dass in uns allen ein Held steckt.

Fazit:

Es besteht noch Hoffnung für das DCEU: Das Projekt scheint seine Kinderkrankheiten überstanden und einen neuen Stil gefunden zu haben, der ein gutes Fundament für künftige Beiträge darstellen könnte. Warner wählt mit dem dafür optimalen Kandidaten diesmal den sicheren Weg und beschwört die idealistische, goldene Ära der Superheldengeschichten herauf. Als Konsequenz bietet „Shazam!“ Qualitäten wie auch Mankos des Genres, erfrischt letztendlich aber mit seiner Unbeschwertheit und besticht als optimistisches, familientaugliches Popcornkino. Ab 5.4. im Kino.

Bewertung:

8 von 10 Punkten

Bilder: Warner Pictures