von Mara Hollenstein-Tirk

Wenn es hell wird, wird diese Nacht Erinnerung sein… so lautet ein Teil einer Strophe von „Memory“, dem wohl bekanntesten Lied aus dem Musical „Cats“, welches von Universal Studios in diesem Jahr eine filmische Adaption spendiert bekommen hat, die seit dem ersten Weihnachtstag in den heimischen Kinos zu sehen ist. Tatsächlich ist das anfängliche Textfragment nicht zufällig gewählt, denn eben diese Gedanken begleiten den Zuschauer, während er sich nach dem Kinobesuch des Nachts in seinem Bett hin und her wälzt, um die irritierenden Bilder von ungelenk herum hampelnden Katze-Mensch-Hybriden aus seinem Kopf zu verdrängen.

Manch einer mag diese visuell einzigartige Herangehensweise als kreativen, neuartigen Ansatz vielleicht noch begrüßen, und tatsächlich gewöhnen sich Augen und Gehirn nach knapp einer Stunde immerhin ein wenig an die menschlichen Gesichter auf den katzenhaften Körpern, an die aufrechte Haltung der eigentlichen Vierbeiner und an die menschlichen Proportionen in haarigem Gewand – zumindest wenn man das Glück hat, die nochmals etwas überarbeitete Version zu Gesicht zu bekommen. Nichts desto trotz kann man nicht behaupten, dass der seit dem ersten Trailer in aller Munde befindliche „Uncanny-Valley-Effekt“ jemals wirklich seinen Schrecken verlieren würde; dazu tragen viele Kleinigkeiten bei, wie die Entscheidung, die Hände der Darsteller unverändert und somit menschlich zu belassen, die vermeintliche Uneinheitlichkeit der Größenverhältnisse noch weiterer Tier-Mensch-Hybriden, bei denen scheinbar das Budget aufgebraucht war und die daher noch verstörender wirken, und ja, auch die Animationen der menschlichen Gesichter auf den Katzenkörpern schwanken von „ganz passabel“ bis „erschreckend entstellt“.

Auch das Star-Ensemble kann „Cats“ nur bedingt retten – hier zu sehen: Jason Derulo

Wären da nicht diese wundervollen Melodien, die einem, ob man nun will oder nicht, unter die Haut gehen, und fähige Darsteller, deren stimmliche Performances die teils fratzenhaften Ausdrücke auf den Gesichtern beinahe vollkommen vergessen machen, man könnte wirklich kaum ein gutes Haar an dem Film lassen. Denn über einen der größten Schwachpunkte von „Cats“ wurde hier noch gar nicht gesprochen: die Handlung. Hier mutet es bereits befremdlich an, dass, verglichen mit der Theaterversion, doch einiges gekürzt wurde – in Anbetracht der Tatsache, dass viele Filme in den letzten Jahren an der 3 Stunden Marke gekratzt haben, ein kaum nachvollziehbarer Schritt, der jedoch verzeihlich wäre, hätten sich die Drehbuchautoren nicht dazu entschlossen essentielle, charakterbildende Momente zu streichen.

So bleiben wirklich alle Figuren blass und kaum greifbar. Hintergrundinformationen, Charaktermotivationen und world building Elemente sucht man hier vergebens, stattdessen wird man von einer schmissigen Nummer in die nächste geworfen, Katzen tauchen auf und verschwinden wieder, ohne dass man sie wirklich vermissen würde, und am Ende ist man genauso schlau wie vorher, zückt frustriert sein Smartphone und recherchiert erst einmal was zum Kuckuck eigentlich „Jellicle-Katzen“ sein sollen. Das fragwürdige, fast sektenhafte Grundgerüst der Geschichte geht bei all dem ebenso bunten wie ziellosen Treiben beinahe unter, hinterlässt dafür aber einen umso bittereren Nachgeschmack.

Am Ende werden wohl viele Zuschauer mit offenem Mund gen Leinwand blicken…

Fazit

Alles in allem kann man den Kinobesuch hier tatsächlich kaum jemandem empfehlen, denn wer gerne die größten Hits aus dem gleichnamigen Musical hören möchte, kauft sich besser die CD, und wer gerne die Bühnenshow sehen möchte, greift lieber zur Aufzeichnung eben jener aus dem Jahr 1998, welche nach wie vor als Disc im Handel erhältlich ist. Einzig die Neugierde könnte einen dann doch dazu verleiten, den Gang ins Kino zu riskieren, um nachher sagen zu könne, man habe den vielleicht größten Flop des ausgehenden Kinojahres auf der großen Leinwand gesehen. 

Bewertung

3 von 10 Punkten

Bilder: ©Universal Pictures