von Cliff Brockerhoff

A good woman is hard to find. Was klingt wie eine Mischung aus alkoholgetränkter Thekenweisheit eines frisch geschiedenen Mannes und dem neuen Werbespruch des Datingportals eurer Wahl ist in Wahrheit der Name des neuen Films von Abner Pastoll, der sich am ehesten als eine Vermengung aus Thriller- und Dramaelementen beschreiben lässt. Doch wodurch zeichnet sich eine „gute Frau“ aus? Dieser Frage widmet sich der britisch-südafrikanische Regisseur von einer ganz speziellen Seite.

Im Mittelpunkt steht dabei Protagonistin Sarah, die mit ihren zwei Sprösslingen in einer kleinen Wohnung im britischen Belfast lebt und vor kurzem den Tod ihres geliebten Ehemannes verkraften musste. Während Sarah versucht das normale Leben im Sinne ihrer Kinder fortzuführen, ist es insbesondere ihr Sohn Ben, der den Schicksalsschlag nur schwer verdauen kann und sich in die isolierte Schweigsamkeit flüchtet. Doch auch die junge Mutter lässt die Situation nicht los, und als sich eines Abends plötzlich auch noch ein Drogendealer in Sarahs Wohnung einnistet, kann sie dem Treiben nur tatenlos beiwohnen, nicht ahnend in welcher Verbindung beide Vorkommnisse miteinander stehen.

Zwischen Trauer & Normalität – Die Familie nach dem Schicksalsschlag

Rein thematisch wirft das Werk seine Betrachter also in ein tristes, von Kriminalität und Hoffnungslosigkeit geprägtes Szenario. Wer beispielsweise „Harry Brown“ in seinem Londoner Wohnblock einen Besuch abgestattet oder gar eine Fahrt von „London to Brighton“ unternommen hat weiß, welch düstere Grundstimmung einem britischen Genrefilm innewohnen kann. Ebenjene Gefühlslage triggert auch die Geschichte von Sarah, die allerdings im Laufe der 96 Minuten eine Wandlung durchlebt. Um es in den Worten ihrer Mutter auszudrücken, avanciert die Hauptdarstellerin aufgrund der ihr aufgezwungenen Situation vom „Pudding“ zum „Miststück“ – was nicht zwingend eine der Charakteristika wäre, die einem als Beantwortung der eingangs gestellten Frage in den Sinn kämen.

Doch Pastoll beschreitet bewusst nicht den konventionellen Weg und zeichnet kein Bild der gefühlsduseligen Übermutter. Vielmehr gelingt es ihm die nur allzu menschlichen Schwächen und Probleme lebensnah in den Vordergrund zu rücken. Sarah, wunderbar leidensfähig und authentisch verkörpert von der Irin Sarah Bolger (Emelie, Die Tudors), ist dabei Dreh- und Angelpunkt des Geschehens und erarbeitet sich mit Fortlauf, trotz einiger fragwürdiger Entscheidungen, die Sympathien der Zuschauer und wird so zum emotionalen Ankerpunkt. Unisono zur Wandlung der zierlichen Blondine vollführt aber auch der Film per se eine Metamorphose in seiner Ausrichtung. Was anfangs wie eine Milieustudie wirkt, mutiert gegen Ende immer mehr zu einem von Spannung und Brutalität durchzogenen Rachefeldzug. Und um den Grad der Gewalt ein wenig zu präzisieren: Fritz Honka hätte feierlich sein mit Orangenlimonade und Korn gefülltes Glas erhoben, wenn er eine spezielle Szene aus dem Mittelteil des Werkes zu sehen bekommen hätte.

Um Irritationen vorzubeugen: Der Film driftet glücklicherweise nicht in ein seelenloses Schlachtfest ab, auch wenn einige Einstellungen visuell explizit sind. Durch eine gute Kameraarbeit und eine, vor allem gegen Ende sehr auffällige Farb- und Lichtgestaltung behält sich Pastoll immer ein Mindestmaß an Stil und Style bei – was in den allerbesten Momenten gar Erinnerungen an Nicolas Winding Refns Meisterwerk „Drive“ wach werden lässt. Untermalt von oftmals prägnanten Soundeffekten und/oder Songs hat der Film hier seine stärksten Momente, die ihm ein ums andere Mal dabei helfen um die zugegebenermaßen nicht besonders kreative Story hinwegzutäuschen. Manch arg konstruierter Zusammenhang lässt sich aber trotzdem nicht gänzlich verschweigen, ebenso wenig wie die Fragwürdigkeit des moralischen Fingerzeigs, der gegen Ende deutlich wird; wobei dieser so schwarzhumorig daherkommt, dass eine Ernsthaftigkeit angezweifelt werden darf.

Von Entlein zum Schwan – Sarah am Ende ihrer persönlichen Wandlung

Fazit

Eine gute Frau mag schwer zu finden sein, doch eine gute Schauspielerin ist nur schwer zu übersehen – und so ist es insbesondere Sarah Bolger, die „A good woman is hard to find“ mit ihrer Leistung von der Masse abhebt. Die Mischung aus Sozialdrama und schön anzusehendem Rache-Thriller funktioniert über weite Strecken richtig gut, lebt eher von seiner Atmosphäre als von seiner erzählerischen Entwicklung und erweist sich am Ende des Tages als emotionale Achterbahnfahrt, die nur gegen Ende droht von der Strecke abzukommen. Genrefans können bedenkenlos einen Blick riskieren.

Bewertung

7 von 10 Punkten

Wer nun das Interesse verspürt sich die Wandlung der schönen Sarah selber zu Gemüte zu führen, kann sich „A good woman is hard to find“ ab dem 29. Mai selber in diversen Varianten ins Haus holen. Ihr habt die Wahl zwischen BluRay, DVD, video-on-demand oder dem schicken Mediabook, welches euch der Autor dieser Zeilen auch noch mal genauer auf seinem Instagram Account präsentiert.

Bilder: ©capelight pictures