Ungezähmte Natur, ein Liebespaar und ein ungeklärter Todesfall. All diese Elemente spielen in Delia Owens Buch „Der Gesang der Flusskrebse“ eine Rolle und haben, wie sich nun herausgestellt hat, auch mit ihrer persönlichen Vergangenheit zu tun. In den 90ern lebte Owens, zusammen mit ihrem Ehemann, dem Biologen Mark Owens, in der Nähe des North Luangwa National Parks in Sambia und machte sich dort für den Tierschutz stark. Der Plan war, Elefanten vor Wilderern zu schützen. Dem US-Magazin „The Atlantic“ zufolge gebe es nun Belege dafür, dass das Paar Owens im Zuge dieser Mission auch nicht vor Gewalt zurückgeschreckt hätte. Seit kurzem werden Delia und Mark Owens nämlich mit dem Tod zweier Wilderer in Verbindung gebracht. Eine erstaunliche Parallele zur Handlung des Buches, das Delia Owens 2018 veröffentlichte. Denn auch die Protagonistin Kya wird hier des Mordes bezichtigt. Die Filmadaption des Bestsellers startet am 19.8. in den Kinos.

von Lena Wasserburger

Es ist das Jahr 1969: Im wilden Marschland von North Carolina nahe der Kleinstadt Barkley Cove wird die Leiche eines jungen Mannes, Chase Andrews (Harris Dickinson), gefunden. Die Polizei ist sich sicher: Es war Mord. Verdächtige Nummer eins ist die alleine in den Sümpfen lebende Kya (Daisy Edgar-Jones), von den Kleinstadtbewohnern abschätzig das „Marschmädchen“ genannt. Als sie in ihrer Zelle auf ihren Prozess wartet, erzählt Kya dem Pflichtverteidiger Tom Milton (David Strathairn) ihre Geschichte. Von ihrer einsamen Kindheit in den Sümpfen, dem täglichen Kampf ums Überleben, ihrer großen Liebe Tate (Taylor John Smith) und ihrer Beziehung zu Chase Andrews, dem jungen Mann, den sie nun ermordet haben soll.

„Der Gesang der Flusskrebse“ wurde zu einem Bestseller. Angesichts der Handlung und dem malerischen Setting des Buches wundert es nicht, dass sich Hollywood, genauer gesagt Reese Witherspoon, begeistert für eine Verfilmung des Romans engagierte. Im Kern ist „Der Gesang der Flusskrebse“ eine Liebes- wie auch eine Mystery-Geschichte. Diese Geschichte wird im Film in zwei verschiedenen Timelines erzählt, auf der einen Seite der Mordprozess im Falle Chase Andrews, auf der anderen Seite Kyas Kindheit in den Sümpfen. Gleich zu Beginn sollte erwähnt werden, dass sich der Film keinesfalls um Realismus bemüht. Kyas Jugend im Marschland, wenn auch tragisch, wird durchwegs romantisiert, die Sümpfe werden zu einem visuellen Wunderland, erinnern an einigen Stellen fast schon an einen Märchenwald. Der Film legt somit von Beginn an besonderen Wert auf die Bildgestaltung, was auch positiv auffällt. Auffallend sind außerdem die schauspielerischen Leistungen des Casts, die durchwegs solide und im Falle von Daisy Edgar-Jones und Taylor John Smith stellenweise geradezu ergreifend sind.

Man kann „Der Gesang der Flusskrebse“ durchaus vorwerfen, eine simpel umgesetzte, sentimentale und auf Hochglanz polierte Sommerromanzenerzählung zu sein, die mehr Wert auf Stil und Atmosphäre legt, als auf Originalität. Denn ja, der Film läuft mehr als einmal Gefahr in Richtung Kitsch abzugleiten und gerade der Mordprozess-Storyline, inklusive Dialog und Bildzusammensetzung, mangelt es an Dynamik und Innovation. Es sind Szenen, die man so schon in dutzenden anderen Filmen gesehen hat. Dennoch, am Schluss ergibt sich ein runder Film, der zwar keine großartigen Höhen oder Tiefen beinhält, dafür aber durchwegs unterhaltsam anzusehen ist und puren Eskapismus liefert. Auch wenn die Liebegeschichte eine sehr wichtige Rolle im Film einnimmt, überschattet sie nicht das der Geschichte zugrundeliegende Mysterium. Und wenn man der Story auch skeptisch gegenübersteht, so muss doch anerkannt werden, dass die Plot Twists ihren Zweck erfüllen und die Antwort auf die Frage: „Wer hat denn nun Chase Andrews getötet?“ eine gelungene Überraschung ist, zumindest für jene, die das Buch bislang nicht gelesen haben.

Fazit

Die Stärken von „Der Gesang der Flusskrebse“ sind ganz klar das malerische Setting, die Performances des Casts und die visuelle Inszenierung. In der Balance von Liebesgeschichte und Crime-Story mangelt es manchmal an Originalität, was dem Unterhaltungsfaktor des Films aber nicht unbedingt abträglich ist. Letztendlich handelt es sich bei „Der Gesang der Flusskrebse“ um hochstilisiertes Sommerkino, das wohl kaum den Anspruch hatte, Platz 1 der Kinocharts zu besetzen oder sich aus der Masse an Buchverfilmungen hervorzutun und vielmehr die Fans des Buches ansprechen wollte.

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

(79/100)

Bild: © 2022 CTMG, Inc. / Sony