Vergangenes Jahr durfte sich die FSK ausgiebig und in mehreren Anläufen mit dem oft als „brutalsten Zombiefilm aller Zeiten“ betiteltem „The Sadness“ befassen. Die taiwanesische Gewalteskapade, die dann zumindest für die Kinoauswertung die Freigabe bekam, erhält nun Konkurrenz. Mit dem Action-Splatterhorror „Project Wolf Hunting“ vom Südkoreaner Hongsun Kim („The Chase“), wird jedoch kein Gemetzel mit versteckter Sozialkritik, sondern ein brachial animalisches Blutvergießen mit rekordverdächtigem Bodycount auf dem Prüftisch landen. Ein Blutbad, in dem nach Angaben des Regisseurs und Drehbuchautoren 2,5 Tonnen Kunstblut nicht nur aus den berstenden Körpern sprudeln, sondern auch klebrig aus wirklich jeder Ritze quellen.
von Madeleine Eger
Nachdem ein Abkommen getroffen worden ist, sollen Schwerstverbrecher, die sich in Manila vor der Strafverfolgung versteckt halten, nun an Südkorea ausgeliefert werden. Weil die erste Überführung am Flughafen missglückt und mit einem Attentat und zivilen Opfern endet, wird die Geheimoperation „Project Wolf Hunting“ ins Leben gerufen. Von Geheimhaltung jedoch keine Spur. Nicht nur, dass die Operation postwendend in den Nachrichten landet, auch die südkoreanische Mafia war nicht untätig und hat sich ihrerseits unter die Besatzung des angeheuerten Frachtschiffes gemischt, um die Gefangenen allesamt zu befreien. Schon kurz nach Auslaufen wird dieses gekapert und das Chaos und pure Gewalt brechen aus. Die Überfahrt, ein Überlebenskampf auf offener See. Dass psychotische Serienmörder aber bei weitem nicht die größte Gefahr darstellen diese Hölle jemals lebend verlassen zu können, ahnen weder die Cops noch die Gefangenen selbst. Denn tief im Inneren des Schiffs versteckt, transportiert die Regierung etwas von ungeahnter Kraft, das man besser nicht aufwecken sollte.

Keine zwei Minuten vergehen in „Project Wolf Hunting“, da fließt auch schon der erste Eimer leuchtend rotes Blut über den Asphalt. Fast schon eine Warnung für das, was man in den nächsten zwei Stunden von Hongsun Kim erwarten darf, könnte man meinen. Bevor sich die Gewaltspirale in Gang setzt, (er-)klärt der Regisseur in einem kleinen Prolog die Fronten und lässt die Besatzung aus Spezialeinheit und Machogangstern aufeinandertreffen. Ein Gefangenentransport, bei dem aufkeimende Erinnerungen an Con Air und Bruckheimer/Bay Actionfilme dann auch nicht ganz abwegig sind. Eingehüllt in Sepialook fehlt zum sich episch aufbäumenden Score eigentlich nur noch der obligatorische Sonnenuntergang. Statt diesem schippert die schwimmende Hölle allerdings direkt in die gefräßig tiefschwarze Nacht, in der die Gefangenen schon mit tropfendem Zahn nach dem Blut ihrer nächsten Opfer lechzen. Allen voran der arrogante wie selbstgefällige Park Jang-du, der herrlich abgedreht von Seo In-guk verkörpert wird und nur darauf wartet die angelegten Ketten endlich wieder loszuwerden. Neben den großspurigen Gewaltverbrechern, deren selbst ernanntes Spielzeug ein ganzes Arsenal an tödlichen Waffen ist, etabliert der Regisseur noch eine ganze Handvoll anderer Charaktere. Wie den als besonders gefährlich eingestufte Lee Do-il (Dong-Yoon Jang), der sich äußerst schweigsam gibt. Aber wie sagt man so schön? Stille Wasser sind tief.
Auch wenn „Project Wolf Hunting“ im Ansatz bemüht ist etlichen Figuren so etwas wie eine Geschichte mit Einzelheiten zur Vergangenheit zu spinnen – einen detaillierten Plot oder tiefere Charakterzeichnungen sollte man wahrlich nicht erwarten. Schließlich muss der Vorrat etlicher Liter Kunstblut über die Leinwand fließen, und den bekommt man nur verbraucht wenn man genretypisch möglichst viel Kreativität im Umgang mit seinen Opfern walten lässt. Ein abgebissenes Ohr, aus dem die ersten Fontänen Blut die Wände besudeln, ist fast das harmloseste, was der Regisseur für sein Werk aus dem Ärmel zaubert. Da werden mit bloßen Händen Kehlen herausgerissen, Brustkörbe zerquetscht, Schädel geborsten und Messer durch menschliches Fleisch bis zum Anschlag auf der gegenüberliegenden Wand festgehämmert. Manchmal brechen Knochen im Minutentakt wie Streichhölzer, werden Körper wie Papier zerfetzt und Köpfe wie überreife Weintrauben zerdrückt. Und das alles, während sich die Geräuschkulisse aus zuweilen hämmerndem Score, schmatzenden Wunden, reißendem Fleisch, berstenden Skeletten, metallischem Kugelhagel und dröhnenden Gefechten genüsslich im Gehörgang einnistet. Regisseur Hongsun Kim überzieht sein Splatterfest mit einem derart großartigen Sounddesign, das vor allem im Kino ordentlich ins Mark fährt.
„Project Wolf Hunting“ zieht dabei in genau den richtigen Momenten das Tempo an. Wenn die Kreativität des Gemetzels allerdings doch mal an ihre Grenzen stößt und im letzten Drittel die ohnehin dünne Story ein mögliches Sequel vorbereitet, bremst das den Action-Horror Streifen leider etwas mehr aus, als es nötig wäre. Trotzdem wirkt das Blutbad. Nicht zuletzt auch, weil Hongsun Kim plötzlich noch ein völlig unerwartetes Genre hinzuzieht und sich dennoch konsequent an einen Satz seines Scripts hält, in dem es heißt: „Ein verfluchtes Tier sollte nicht so tun, als wäre es ein Mensch“. Und das ist „Project Wolf Hunting“ wirklich. Ein wildes (und unterhaltsames) Biest im Blutrausch.

Fazit
“Project Wolf Hunting” ergötzt sich als filmgewordene Bestie schon nach nur wenigen Minuten an seinem unermesslichen Blutbad, das schnell aus allen Poren quillt und Jäger zu Gejagten macht. Der schier unersättliche Action-Horror Film ist herrlich animalisch, setzt im Gegensatz zu „The Sadness“ dabei erstaunlich wenig auf sexualisierte Gewalt, kommt jedoch nicht drum herum an die Grenzen des kreativen Geschlachte, Gemetzel und Gematsche zu stoßen – auch wenn man den Tod durch den eigenen Arm wohl am wenigsten hat kommen sehen.
Bewertung
(80/100)
Bilder: ©Capelight Pictures
„Project Wolf Hunting“ wurde auf dem Paris International Fantastic Film Festival gesehen. Am 28.2., sowie am 4.2 wird der Film ungekürzt während der Fantasy Filmfest White Nights gezeigt, bevor er am 2.3. offiziell in den Kinos starten soll.
Es gibt ein neues Buch über unsere geliebte Untoten:
https://kinogucker.wordpress.com/2023/06/05/films-of-the-dead-das-buch-der-zombiefilme/