Es gibt nur wenige Genres, die auf den ersten Blick so unterschiedlich sind, sich letztlich aber doch so gut ergänzen wie die des Horrors und des Dramas. Kann die emotionale Griffigkeit des Dramas selbst den abstrusesten Gruselgeschichten ein Fundament verschaffen, können die psychologischen Elemente des Horrors auf der anderen Seite einer eindringlichen Story den letzten Schliff, respektive eine kreative Komponente verleihen. Ari Aster hat die Zusammenstellung beispielsweise früh für sich entdeckt, und auch zahlreiche andere Filmschaffende arbeiten bevorzugt mit der Überkreuzung mehrerer Ausrichtungen.
von Cliff Lina
Lori Evans Taylor, ihres Zeichens Regisseurin und Drehbuchautorin in Personalunion, schlägt mit ihrem Regiedebüt „Bed Rest“ in eine ähnliche Kerbe. Erzählt wird die Geschichte des jungen Paares Julie und Daniel Rivers, die nach einem tragischen Verlust einen Neuanfang wagen. Die anfängliche Begeisterung über eine erneute Schwangerschaft und das neue Eigenheim weichen aber schnell einer gewissen Anspannung, und als Julie nach einem Zwischenfall zur namensgebenden Bettruhe verdonnert wird, wirft die Vergangenheit unheilvolle Schatten in die Gegenwart, sodass auch die Beziehung der beiden auf eine harte Probe gestellt wird.

Zentrales Thema des Horrorfilms ist zweifelsfrei die Mutterschaft, die von Beginn an klar fokussiert und auch immer wieder unter anderen Gesichtspunkten aufgegriffen wird. Julie, überzeugend gespielt von “Scream 6”-Darstellerin Melissa Barrera, hat durch einen Vorfall vor einigen Jahren nicht nur ein Trauma sondern direkt eine Psychose davongetragen, die wie ein Damoklesschwert über der Partnerschaft schwebt. Vermittelt wird dies durch die Gespräche mit Daniel (Guy Burnet), dessen fürsorgliche Fassade schnell zu bröckeln beginnt. Die Chemie zwischen den beiden wirkt auf den ersten Blick seltsam, kann durch die unkonventionelle Darbietung aber trotzdem positiv überraschen. Gerade weil manche Dialoge so sonderbar sind, wirken sie authentisch, da sie der unterschwelligen Spannung Ausdruck verleihen und der augenscheinlich heilen Welt die Kratzer verpassen, die sich ohne Zweifel in die Zweisamkeit geschlichen haben.
Eingefangen in wertigen Bildern kann der Film unter den Gesichtspunkten eines Dramas somit punkten, eben bis die Story versucht den Bogen zur Gruselgeschichte zu schlagen. An dieser Stelle wirft Taylor den Charakter ihres Werkes über Bord und biedert sich stattdessen an wirklich tausendfach gesehenen Schockmomenten, Klischees und Wendungen an, die sich allesamt früh erahnen lassen und somit keinerlei Effekt bei der Zuschauerschaft auslösen können. Wenn Julie im Schrank eine Gestalt sieht, sich langsam nähert, den Schrank unter massivem Soundgetöse öffnet um dann doch in die Leere zu blicken, ist das schlicht eine abgekupferte Kopie etlicher Filme, die so etwas bereits zwingender inszeniert haben. Zugegeben, etwas wirklich Neues zu kreieren ist bei der Masse an Filmen nicht einfach, aber den Sinn hinter einer bloßen Aneinanderreihung von vertrauten Szenen erschließt sich an dieser Stelle nicht. Da hilft es auch nicht, dass „Bed Rest“ gegen Ende seiner 90 Minuten nochmal versucht die Story voranzutreiben, da der Film den Großteil der Betrachterschaft auf dem Weg dorthin bereits in den Schlaf gewogen hat.

Fazit
Das im Horrorgenre eh schon strapazierte Sujet der Mutterschaft wird in “Bed Rest” erneut aufgegriffen und ausgereizt. Dabei bietet die Story eigentlich alle Bausteine für einen unterhaltsamen Gruselfilm, verschläft es aber sich von Klischees und wiederkehrenden Jump Scares zu lösen um einen eigenen Charakter zu entwickeln. Für ein Debüt annehmbar, erfahrene Genrefans werden hier jedoch keine ernsthafte Gänsehaut gebären. Aktuell im Kino zu sehen!
Bewertung
(44/100)
Bilder: ©TOBIS Film GmbH