Eine Fortsetzung muss es sich immer gefallen lassen, an dem oder den Vorgängern gemessen zu werden, und im Falle der “Equalizer”-Reihe nimmt der Vergleich eine besondere Rolle ein. Wie sich Teil 3 einordnet, der heute in unseren Kinos anläuft, erörtert unsere Kritik.

von Richard Potrykus

“The Equalizer” war 2014 ein erfrischendes Erlebnis auf der Leinwand. Der einsame Rächer, der introvertiert im Ruhestand nur Bücher lesen und Tee trinken möchte, muss die selbstgewählte Isolation verlassen, als ihm Menschen begegnen, die sich nicht von selbst gegen Unheil zur Wehr setzen können. “The Equalizer 2” kam 2018 in die Kinos, doch anstelle einer intelligenten Fortführung des Stoffes bekam das Publikum eine plumpe Rachefantasie, die selbst auf einer Liam-Neeson-Skala schlecht abschneiden würde. Nach einem eher enttäuschenden „The Equalizer 2“, ist es daher umso schöner, dass das Finale der Reihe „The Equalizer 3 – The Final Chapter“ an die Klasse des ersten Teils anschließen und diese sogar übertreffen kann.

Der Ort ist Sizilien. Robert McCall (Denzel Washington) hat auf einem Weingut eines seiner Manöver durchgeführt und wurde in der Folge schwer verletzt. Im beschaulichen Küstenstädtchen Altomonte wird er gesund gepflegt und integriert sich nach und nach in die Gemeinschaft. Leider ist es mit dem Frieden schon bald vorbei, als er erlebt, wie Mitglieder der Camorra Schutzgeld erpressen und Druck auf die Bevölkerung ausüben. Als nicht länger nur Gegenstände und Gebäude zerstört werden und sich die Gewalt aktiv gegen die Menschen richtet, kann McCall nicht länger zusehen und ergreift Partei für den Ort.

An „The Equalizer 3“ zeigt sich eindrücklich die Bedeutung eines gut geschriebenen Drehbuchs. Wie schon bei den vorherigen Teilen zeichnet auch hier Richard Wenk verantwortlich, allerdings fehlte ihm in „The Equalizer 2“ die Raffinesse des ersten Teils. Die krude Erzählung, die in einem lächerlich digitalen Sturm enden sollte, verpasste sowohl das Wohlwollen der Kritiker*innen, als auch die Gunst des Publikums.

Ein Filmteam kann jedoch nur dann abliefern, wenn die Geschichte integer ist und die einzelnen Elemente der Handlung solide ineinandergreifen. War der belanglose zweite Teil sinnlos konstruiert und entbehrte vollkommen der Motivation, die McCall dazu bringt, einzugreifen, ist nun wieder ein Prozess erkennbar, an dem nicht nur die Hauptfigur, sondern auch das Publikum wachsen kann. McCall ist zu Beginn des Films an einem Punkt angelangt, an dem seine Introversion in Melancholie umgeschlagen ist. Des Lebens überdrüssig will er eigentlich sterben. Einzig ein bisschen Glück, das beherzte Eingreifen des Polizisten Gio (Eugenio Mastrandrea) und die Pflege des Arztes Enzo (Remo Girone) verhindern das Schlimmste. Natürlich wird McCall zum Finale hin wieder auf der Höhe sein und als Vigilant Leben beenden, um anderes Leben zu retten, doch vergisst der Film darüber nicht den Weg.

Altomonte liegt an der Amalfi-Küste und zeichnet sich durch eine multikulturelle Gemeinschaft und eine Bilderbuch-Piazza aus. Was in den alljährlichen Netflix-Verbrechen zu Weihnachten billigst hochgehalten wird, erfährt in “The Equalizer 3” Substanz, nämlich ein Leben in Frieden und Familie. Die Menschen stehen füreinander ein und helfen einander bedingungslos. Für McCall ist dies eine neue Erfahrung, die ihn gleichermaßen begeistert wie überwältigt und wahrscheinlich würde er nicht aktiv werden, bestünde die Bedrohung nicht aus Personen, die in ihrem Handeln einzig die Zerstörung dieser Idylle zum Zweck sähen.

Zugegeben, die Antagonisten in “The Equalizer 3” sind ein wenig über-drüber. Angefangen bei Cyberkriminalität, über Drogenhandel bis hin zu umwälzenden Immobilienplänen werden gleich drei der größten Branchen organisierter Clan-Kriminalität repräsentiert. Einzig der Menschenhandel und das Geschäft mit Waffen werden nicht aufgegriffen. Das ist schon plakativ und wenn dann hier die eine Hand abgehackt oder dort ein Körper aus dem Fenster geworfen und gehängt wird, erinnert es an Effekthascherei, die nicht notwendig gewesen wäre, denn nicht zuletzt dank der Kameraarbeit von Robert Richardson hat der Film visuell so einiges zu bieten. Jener hatte erst im Frühjahr 2023 mit “Air” die Geschichte eines Schuhs festgehalten und dabei in intimen Bildern die Emotionen und Motivationen hinter den Figuren hervorgebracht.

Dieses Spiel mit Raum wiederholt Richardson in “The Equalizer 3”, porträtiert auf die Art die Wandlung McCalls und überträgt sie auf das Publikum. Gleichsam geht der Film subtiler mit der visuellen und akustischen Equalizer-Ikonografie um als noch Teil 2. Die berühmte Uhr wird nicht so plakativ eingesetzt wie im Vorgänger und auch die damit verbundenen Choreografien schaffen es erst im zweiten Anlauf ins Bild. Dies ermöglicht subtilen Fanservice und einen Film, der auf weiten Strecken unaufgeregt bleibt.

Natürlich gibt es jene Momente, in denen McCall einer Gruppe mehr oder weniger namenloser Figuren den Gar ausmacht, doch anstelle immerfort und actiongeladen auf’s Maul zu geben, nimmt sich der Film hier ein wenig zurück und investiert stattdessen in eine Atmosphäre, die mit jedem Ereignis ein Stück weit mehr unter Druck gerät und zu explodieren droht. Und so kommt es, dass die ultimative Konsequenz kaum mehr ist als eine weitere Szene im Film, während das Finale darin besteht, dass eine Figur einfach nur kriecht.

Fazit

“The Equalizer 3 – The Final Chapter” hat enorm aus den Versäumnissen und Sackgassen des Vorgängers gelernt und befindet sich wieder auf dem Level, welches mit Teil 1 dereinst etabliert worden ist. Der Film ist in sich schlüssig und nimmt sich hier und da die Zeit, in zwischenmenschliche Dimensionen vorzudringen, ohne dabei an Tempo einzubüßen oder unnötig lang zu werden. Mit einer Laufzeit von 109 Minuten liegt “The Equalizer 3” vollkommen im Rahmen des Ertragbaren und ist sogar der kürzeste Teil der drei Filme. Unterm Strich bildet das finale Kapitel nicht nur einen guten Abschluss der Reihe, sondern ist vielleicht gar der beste der Trilogie.

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

78/100

Bilder: (c) 2023 CTMG, Inc. / Sony Pictures