Wer Bill Burr bereits als Stand Up Comedian kennt, der weiß, dass sich Burr selten ein Blatt vor den Mund nimmt – sein Stil lässt sich beschreiben als “confidently politically incorrect”. Es ist ein Stil, der für ihn in der Vergangenheit gut funktioniert hat, nicht umsonst wird Burr als einer der erfolgreichsten Comedians gezählt. Nun versucht sich Burr als Regisseur und transformiert sein altbewährtes Programm in die Netflix-Komödie “Old Dads” – mit mäßigem Erfolg.

von Lena Wasserburger

Jack Kelly (Bill Burr) ist ein engagierter Familienvater, der, wie er selbst zu Beginn des Films zugibt, die Freuden des Vaterseins erst später im Leben für sich entdeckt hat. Jetzt hat er einen Sohn, eine Frau, die mit dem zweiten Kind schwanger ist und eine Menge Wutprobleme. Denn mit der Welt, in der sein Sohn nun aufwächst, kann sich Jack so gar nicht anfreunden. Sei es der hochprogressive Kindergarten, den sein Kind besucht, Millennials auf E-Scootern oder als CEOs oder die Tatsache, dass er dieses und jenes “heute nicht mehr so sagen darf”, ohne mit Konsequenzen rechnen zu müssen.

Jack steht mit der jüngeren Generation auf Kriegsfuß. Seinen Kumpels geht es ähnlich. Connor (Bobby Cannavale) versucht krampfhaft, “jung” zu bleiben, sei es durch Schönheits-OPs oder das Klopfen von “coolen” Sprüchen, mit denen er die Anerkennung der Jugend gewinnen will. Mike (Bokeem Woodbine) auf der anderen Seite hat mit seinem Dasein als Vater längst abgeschlossen, bis ihm seine neue, junge Freundin offenbart, dass sie schwanger ist, was Mike in eine Krise stürzt.

Dann wäre da noch die Arbeit. Nachdem die drei Freunde das selbstgegründete Business verkauft haben, um Geld für die Familie zusammenzutragen, sehen sie sich als “reguläre” Angestellte mit einer Unternehmenskultur konfrontiert, die außer “hippe” Buzzwords zu rufen und die Angestellten zu überwachen scheinbar die ältere Generation ausmerzen will, indem alle Angestellten – Baujahr vor 1988 – entlassen werden. Als Jacks Leben und das seiner Freunde droht, immer mehr in sich zusammenzustürzen, wird es also Zeit für einen richtigen “Männertrip”, Stripclub natürlich inklusive.

Am Set von “Old Dads”

“Old Dads” ist weniger ein Film als der Versuch, ein Stand up Comedy-Programm in einen Film zu verwandeln. Der Plot wirkt mehr wie eine Zusammenreihung episodischer Sketches, die zu einem Film zusammengestickt wurden. Diese Sketches sind allerdings Bill Burr pur – dessen sollte man sich bewusst sein. Denn: Der Humor ist sicherlich nicht jedermanns Fall. Man spricht hier eine eindeutige Zielgruppe an, vor allem Fans von Burrs Comedy. Burr bedient sich hier eines speziellen Stils – man könnte ihn auch Rage Comedy nennen. Burr bzw. sein Charakter Jack lassen in “Old Dads” ihrer Wut über die moderne Gesellschaft freien Lauf. Was ankommt ist die Gesellschaftskritik, der Witz bleibt allerdings meist auf der Strecke. Das Echauffieren über die “Hypersensitivität der Jungen” kennt man bereits aus anderen Filmen und aus etlichen Facebook- und Instagram-Kommentarspalten. Dieselben zehn müden Sätze à la “Was stimmt nur mit dieser Generation nicht, nichts darf man mehr sagen” zu wiederholen, wirkt an dieser Stelle aber einfach ein wenig fade. Gesellschaftskritik ist immer angebracht, genauso wie Humor, doch in diesem Fall hätte man beides mit ein wenig mehr Kreativität und Originalität angehen können.

Die Charakterentwicklung, die Jack durchmacht, kommt in dieser Hinsicht auch leider erst ein wenig spät daher. Nachdem ihm im Verlauf der Story immer wieder empfohlen wird, seine Wutanfälle unter Kontrolle zu bringen und doch eine Therapie zu beginnen, kann sich Jack in den letzten Minuten des Films dazu durchringen, zuzugeben, dass er – obwohl ihm die heutige Welt nach wie vor auf den Senkel geht – ein “Arschloch” ist und, dass er mit der jüngeren Generation vielleicht doch mehr gemeinsam hat, als er eigentlich dachte. Immerhin kann es auch Spaß machen, mit einem E-Scooter zu fahren und befreiend, sich einzugestehen, dass man Hilfe braucht und eine Therapie machen möchte. Mehr Gewicht hätte dieser Sinneswandel allerdings gehabt, wenn er nicht in einem Stripclub stattgefunden hätte, während der Charakter einen Lap Dance erhält. Die in so vielen ähnlichen Filmen mittlerweile obligatorische Stripclub-Szene hat als Konzept nämlich allmählich ausgedient. Aber sei’s drum, immerhin konnte so Jacks emotionaler Umschwung in Gang gesetzt werden. Auf der Taxifahrt nach Hause hat Jack dann nämlich eine Offenbarung: Er möchte nicht als alter, bitterer Mann enden, der alles und jeden hasst und dann auch noch die Geburt des eigenen Kindes versäumt. Immerhin das Ende des Films bemüht sich also darum, der runde Abschluss einer etwas orientierungslosen Geschichte zu sein.

Fazit

Bill-Burr-Fans und Menschen mit einem Faible für diese Art von Comedy werden mit “Old Dads” vermutlich Spaß haben. Ansonsten kann sich der Film nicht wirklich behaupten, obwohl an den Performances des Casts an sich nichts auszusetzen ist. Man scheitert an anderer Stelle, nämlich am Erzähltempo, der Handlung und einem ernüchternden Mangel an Originalität.

Bewertung

Bewertung: 3 von 10.

(29/100)

“Old Dads” – seit 20.10. auf Netflix

Regie: Bill Burr
Drehbuch: Bill Burr, Ben Tishler
Darsteller: Bill Burr, Bokeem Woodbine, Bobby Cannavele, Bruce Dern

Bilder: © 2023 Netflix, Inc.