Macbeth: Ob in der Schule gehört, im Theater gesehen oder privat gelesen, jeder kennt den Namen. “Macbeth” von William Shakespeare gilt als eines seiner größten Werke und wurde deshalb auch schon unzählige Male im Theater inszeniert und auch verfilmt (u.a. von Orson Welles und Roman Polanski).
von Valerian Happenhofer
Auch im Jahr 2015 durften Kinogänger eine neue Version des alten Stoffs begutachten. Justin Kurzel, der zuletzt „Assasin‘s Creed“ (2016) in die Kinos brachte, hatte sich für diesen Blockbuster wohl durch seine Arbeit an “Macbeth” qualifiziert. Wie auch in der Videospielverfilmung sind seine zwei Hauptdarsteller Michael Fassbender („Shame“ 2011) und Marion Cotillard („La Vie En Rose“ 2007). Zusammen haben sie die literarische Vorlage genial modernisiert und so eine bildgewaltige Adaption erschaffen.
Kurz umrissen: Macbeth (Fassbender) ist Heerführer der Armee von König Duncan (David Thewlis) von Schottland. Nach einer finalen Schlacht, in der er sich behaupten konnte, begegnen ihm drei Frauen im Nebel des Schlachtfeldes. Sie prophezeien ihm unter anderem, König von Schottland zu werden. Diese Nachricht lässt er seiner Frau (Cotillard) überbringen, und als er zuhause ankommt, beschließen Macbeth und seine Frau, getrieben von Trauer und Machtgier, ihr Schicksal in die eigene Hand zu nehmen. Dabei kommt es zur Ermordung des Königs und so zum Aufstieg der Macbeths. Zunehmend verdüstert sich aber ihr Zustand, da sie die Geister der Vergangenheit einholen, und sie langsam dem Wahnsinn verfallen.
Die Geschichte ist also nicht neu. Neu und besonders ist bei dieser Verfilmung jedoch die Sprache: Es wurde nämlich auf eine filmgerechte Anpassung verzichtet und lediglich gekürzt. So Sprechen alle Darsteller, den ganzen Film über, in shakespeare´schem Englisch (oder im deutschen nach der Übersetzung von Frank Günther). Das mag im ersten Moment faszinierend, aber dann vielleicht doch etwas abschreckend klingen – bei einer Laufzeit von 113 Minuten. Doch es lohnt sich. Bei genug Konzentration ist das eine sehens- bzw. hörenswerte Erfahrung. Man wird nicht nur mit einer zeitlosen Geschichte belohnt, es blieb auch die Essenz dieser Geschichte vollkommen erhalten, die bei anderen Adaptionen oft verloren geht.
Um den Fokus auf den Dialogen zu halten, verzichtet der Film auf schnelle Schnitte und viel Aktion. Die Bilder sind sehr ruhig, die Einstellungen sind oft lange und generell ist das Art-Design eine Augenweide für Freunde des Films. Oft sind Kulissen im Nebel verhüllt, die in wunderbarem Licht mit der Kamera von Adam Arkapaw („The Light Between Oceans“ 2016) eingefangen werden. Die Welt wirkt glaubhaft, die Locations in Schottland könnten mystischer kaum wirken, und auch die Kostüme von Jaqueline Durran („Anna Karenina“ 2012, „Beauty and the Beast“ 2017) fügen sich hervorragend ein.
“Macbeth” verkommt trotzdem nicht zum Kostümfilm oder zum Kammerspiel. Man wird auch Zeuge zweier Schlachtszenen, die an Grausamkeit und zugleich Schönheit kaum zu überbieten sind. Durch (zugegeben häufig eingesetzte) Slow-Motion-Shots werden dabei immer wieder Momente von Kämpfen fast eingefroren, um sie ihre volle Wirkung entfalten zu lassen. Im inszenatorischen Wechsel mit stürmenden Männern (und auch Jünglingen), die ihre Schwerter gegeneinander erheben, ergibt sich so ein Wechselspiel aus Anspannung und Ruhe. Die finale Schlacht ist dabei noch in sattem Rot gefärbt. „Every Frame a Painting“ war hier wohl ein Dogma am Set.
Die ausgezeichnete Optik wird noch durch einen Soundtrack von Jed Kurzel („The Babadook“ 2014) abgerundet. Mit altertümlichen Klängen und Trommeln erzeugt er in den richtigen Momenten immer wieder Spannung, verliert aber gleichzeitig in ruhigeren Szenen nichts von der düsteren Stimmung.
Zu guter Letzt machen die Schauspieler “Macbeth” zu einem wirklich großartigen Film. Fassbender ist ab der ersten Sekunde Macbeth. Mit seinem rohen Spiel, seinem Gefühl für die Dialoge und dem Wahnsinn in seinen Augen nimmt man ihm die Rolle völlig ab. Lady Macbeth, verkörpert von Cotillard, steht dem in nichts nach. Die Filmemacher ließen sie sogar ihren leicht-französischen Akzent behalten, um ihre Andersartigkeit zu untermalen, dennoch hat man keine Probleme, ihr die schottische Königin abzunehmen. Auch der restliche Cast spielt durchgehend überzeugend und spricht mit einer Selbstverständlichkeit die ungewöhnlichen Filmdialoge.
Fazit:
Macbeth ist ein beeindruckender Film, der es absolut verdient hat, gesehen zu werden. Kein leicht zugänglicher Stoff, hat man jedoch genug Interesse und Konzentration, dem Film zu folgen, kann man hier eine großartige, wohl sehr nah an der Vorlage liegende Adaption eines großen Klassikers erleben. Ein Film, der zwar noch besser auf der großen Leinwand funktioniert, aber auch zuhause nichts an seiner Schönheit verliert. Absolute Empfehlung
Fand den damals auch sehr gut und war deshalb umso überraschter, dass Kürzel mit “Assassins Creed” so einen Fehlschlag hingelegt hat…