Als zwei Freunde im verschlafenen und tristen Kentucky beschließen dem Alltagstrott zu entfliehen um Ihrem Leben neuen Sinn einzuhauchen, erwächst in Ihnen die fixe Idee einen der größten Raubzüge der US-amerikanischen Geschichte zu starten. Aus zwei werden schnell vier Teilnehmer, und mit jedem neuen Tag nimmt der anfänglich irrwitzige Plan Gestalt an.
„American Animals“ ist ein Kriminaldrama aus dem Jahr 2018 und hat eine Laufzeit von 116 Minuten. Geschrieben und unter der Regie von Bart Layton, feierte der Film am 19. Januar seine Premiere auf dem Sundance Film Festival. Im Juni dieses Jahres folgte die landesweite Veröffentlichung in den USA; ein europäischer Starttermin ist aktuell noch nicht bekannt.
This is not based on a true story – this is a true story. Worte, die in den meisten Fällen dazu genutzt werden vorab eine mangelnde Substanz zu kaschieren oder über mangelhaftes Storytelling hinwegzutäuschen. Im Falle von „American Animals“ ist es aber nur eins: Die Wahrheit. In einer Symbiose aus Dokumentation und Actionfilm erzählt der Film die Geschichte von vier amerikanischen Studenten, die sich, gefangen in ihrem trostlosen und scheinbar ziellosen Dasein, nichts sehnlicher wünschen als aus der Eintönigkeit auszubrechen. Anstelle von in den Credits eingefügten Bildern und Interviews der realen Protagonisten baut Layton diese kurzerhand in den Film ein sodass Geschichte und Fiktion miteinander verschmelzen. Dies geht teilweise so weit, dass Schauspieler und Protagonist in ein und derselben Szene auftauchen, miteinander interagieren und die Sätze des jeweils anderen beenden. Ein simpler und doch so intelligenter Schachzug, der „American Animals“ gekonnt aus der Masse hervorstechen lässt.
Auch bei der Besetzung der Rollen wählt Layton nicht den altbekannten, sicheren Weg sondern setzt auf einen jungen, brutal talentierten Cast. Neben Evan Peters, der die Rolle des vermeintlichen Rädelsführers Warren übernimmt, finden sich mit Barry Keoghan (zuletzt überragend in „The killing of a sacred deer“), Blake Jenner und Jared Abrahamson allesamt Schauspieler in der Besetzungsliste wieder, die kaum die 30er Grenze erreicht haben. Ein gewagter Schritt, der allerdings auch notwendig ist um die Authentizität zu wahren; waren doch die „echten“ Verbrecher zur Tatzeit ebenfalls noch blutjung. Insbesondere Peters als wahnsinniger Motivator und Keoghan als eher besonnener Ruhepol harmonieren fantastisch und dürften womöglich weiter in den Fokus größerer Produktionen rücken.
So ungleich wie die Charaktere in ihrem Wesen sind, so unterschiedlich sind auch die Stimmungen, die der Film im Laufe seiner knapp zwei Stunden erzeugt. Was als leicht skurrile Komödie startet, wandelt sich in der zweiten Hälfte zu einem harten und spannenden Werk, das es am Ende sogar schafft einige tiefgründige und gar philosophisch angehauchte Fragen aufzuwerfen, die er aber nicht zu beantworten versucht und stattdessen an den Zuschauer weitergibt. Tendenziell weiß der zweite Teil dabei mehr zu gefallen sodass es am Ende fast schon schade ist, dass der Film nicht über die gesamte Spielzeit so kompromisslos agiert. In Anbetracht der positiven Aspekte, zu denen im Übrigen auch ein sehr abwechslungsreicher und stylischer Soundtrack zählt, lässt sich dies aber verschmerzen und vermag den Gesamteindruck nur geringfügig zu trüben.
Fazit:
„American Animals“ ist ein kurzweiliges Vergnügen, das nicht nur die Geschehnisse des Raubzuges beleuchtet sondern vor allem hinter die Masken der Beteiligten schaut. Dabei entsteht ein emotionales und intensives Werk, welches aufgrund seiner innovativen Herangehensweise nachhaltig beeindruckt und einen willkommenen Adrenalinkick im sonst so monotonen Genre darstellt.
Bewertung:
8 von 10 Punkten
von Cliff Brockerhoff
Gesehen wurde der Film auf dem Fantasy Filmfest, das seit Jahren fester Bestandteil der gepflegten Filmkultur ist und zu den bedeutendsten Genre-Filmfestivals der Welt zählt. Auch in diesem Jahr macht das Festival in diversen deutschen Großstädten, unter anderem in Hamburg, Berlin, München oder Köln Station und begeistert Fans mit seinem abwechslungsreichen Festivalprogramm.
Bilder: © The Orchard / MoviePass