Naomi Kawase zählt zu den bekanntesten Regisseurinnen ihrer Heimat Japan, für die olympischen Sommerspiele 2020 in Tokio wurde sie beauftragt, den offiziellen Film zu gestalten. Die 50-Jährige, mit ihren Filmen regelmäßig Gast bei internationalen Filmfestspielen, begeisterte 2015 mit ihrem Film „Kirschblüten und rote Bohnen“, der der Darstellung simpler Tätigkeiten wie der Zubereitung roter Bohnenpaste philosophische Dimensionen abzuringen verstand. Ihr neuer Film „Die Blüte des Einklangs“ (im Original: „Vision“), gedreht in französischer, englischer und japanischer Sprache und besetzt unter anderem mit Juliette Binoche, ist ungleich schwerer zugänglich, und nähert sich den kleinen und großen Themen des Lebens aus einer esoterischen Perspektive. Der Film ist ab heute, 26.7. in unseren Kinos zu sehen.

Jeanne (Binoche) reist aus Frankreich mit einer Begleiterin in ein japanisches Naturgebiet, das eine geheimnisvolle, ja, mythische Pflanze namens Vision beherbergen soll, die nur alle 1000 Jahre blüht und deren Sporen ungemeine Kräfte freisetzen sollen. Die beiden treffen auf Tomo (Masatoshi Nagase), der seit fast 20 jahren im Wald lebt, und die beiden für eine Weile bei sich aufnimmt, während sie sich auf die Suche nach Vision begeben. Als Jeannes Begleiterin die beiden verlässt, kommen sich Jeanne und Tomo näher. Vor der Begnung mit der Wunderpflanze muss Jeanne aber noch einmal nach Frankreich, bevor sich bei ihrer Rückkehr nicht nur diverse Visionen offenbaren, sondern auch verworrende Geheimnisse der Vergangenheit gelüftet werden.

Ebenso kryptisch und schwer zugänglich wie dieser kurze Handlungsabriss präsentiert sich auch der Film selbst: Kawase bestückt ihr neues Regiewerk mit durchwegs geheimnisvollen Charakteren, über deren Vorgeschichte man stets nur kleine Informationshappen bekommt. Dadurch bleibt dramaturgisch bis zum Ende vieles unklar, vage, in der Schwebe, was sicher so beabsichtigt ist. „Die Blüte des Einklangs“ wirkt wie eine filmische Meditation über universale Themen, deren schön choreographierte Bilder oft mehr erzählen als der recht knappe Plot oder die Protagonisten. Eine zentrale Rolle kommt dabei dem japanischen Wald zu, der nicht nur immer wieder aus verschiedensten Kameraperspektiven eingefangen wird, sondern als eigener Organismus, als Lebenwesen dargestellt wird, das mit den Menschen und der Natur um sich kommuniziert.
Obwohl der esoterisch-mystische Zugang den Zuschauer nicht immer erreicht und nicht in jedem Moment schlüssig wirkt (das gelang u.a. Darren Aronofsky in seinem unterschätzten Kleinod „The Fountain“ besser und eindrücklicher), rutscht der Film dennoch nie in den Kitsch ab, und der sehr eigenwillige Zugang ist in Verbindung mit den Bildern durchaus nachvollziehbar. Insbesondere im Vergleich zum zuvor genannten Vorgängerfilm wirkt „Die Blüte des Einklangs“ aber etwas zu sperrig und entfaltet nicht den Sog, die Wirkung, die wohl intendiert war. Schauspielerisch kann man den Akteuren nichts vorwerfen, Binoche spult routiniert ihre Rolle als geheimnisvolle, aber warmherzige Protagonistin herunter, während der eigentlich „Star“ des Films Masatoshi Nagase ist, ein regelmäßiger Kollaborateur Kawases, der es durch sein zurückgenommenes, nahezu stoisches Spiel versteht, die Zuschauer zu berühren.

Fazit
„Die Blüte des Einklangs“ ist ein solides Arthouse-Drama mit esoterischem Touch geworden, das sich durch gelungene Bildkompositionen und gute Schauspielleistungen auszeichnet. Leider ist der Film aber etwas zu sperrig und schwer zugänglich geraten, und kann auch qualitativ nicht ganz an vorangegangene Werke der begabten Regisseurin anschließen – eine kleine Enttäuschung und ein etwas schaler Beigeschmack bleibt.
Bewertung
7 von 10 Punkten
Bilder: © Filmladen Filmverleih