England zu Beginn des 15. Jahrhunderts – kurz vor seinem Tod ließ König Heinrich IV. seine Thronfolge verlautbaren. Die Wahl fiel dabei nicht etwa auf den Älteren seiner Söhne, sondern auf Thomas von Lancaster, dem der König eher zutraute seine Politik erfolgreich weiterzuführen. Doch es kommt anders, und nach dem Tod des Königs ist es doch das Haupt von Harry von Lancaster, welches mit der englischen Königskrone verziert wird. Harry, seines Zeichens absoluter Gegner der Verfahrensweisen seines Erzeugers, will mit seiner pazifistischen Gesinnung für einen Wandel sorgen. Was er dabei nicht ahnt: schon zu Beginn seiner Regentschaft macht sich Unmut breit, und die ersten Intrigen lassen nicht lange auf sich warten.

von Cliff Brockerhoff

So lautet sie, die grobe Rahmenhandlung von „The King“, den Netflix seit wenigen Tagen im Programm aufgenommen hat und der mit absoluter Starbesetzung aufhorchen lässt. Stilistisch an „Macbeth“ erinnernd, fokussiert sich das Werk weniger auf Schlachtengetümmel als auf die Geschehnisse im Hintergrund des Krieges zwischen England und Frankreich. Das dialogorientierte Drama vermengt dabei sowohl Shakespeare’sche Elemente, als auch geschichtliche Fakten, die es allerdings im Sinne des Sehvergnügens oftmals frei interpretiert oder gar umschreibt. Die zentrale Figur der Geschichte ist besagter Harry von Lancaster, nach seiner Krönung als Heinrich V. bekannt. Gespielt wird der junge Monarch von Timothée Chalamet, der neben Joel Edgerton, Ben Mendelsohn oder Robert Pattinson den Cast des Films mit seinem Namen schmückt.

Chalamet eignet sich durch sein jugendliches, nahezu naives Erscheinungsbild hervorragend für die Rolle des Thronfolgers, dessen Gehörgänge nach und nach mit intriganten Ideen und Lügen vergiftet werden. Mit seiner Statur, seinem blassen Antlitz und seinen verträumten Augen wirkt der Jungstar beinahe wie eine Fehlbesetzung wenn er sich, in schwerer Kriegsrüstung gekleidet, über das Schlachtfeld schleppt um seine Mannen zu motivieren. Doch die friedlebende Einstellung schlägt mit der Zeit in blinde Wut um, und der König wird zum Spielball der einzelnen Lordschaften, was letztlich zwar zum Erfolge Englands beiträgt, ihn aber innerlich bricht. Seine Wandlung wird dabei in dialoglastigen Szenen portraitiert, die dem Zuschauer einige Geduld abverlangen und letztlich auch nicht immer zwingend mit geschichtlicher Korrektheit punkten können, soll der König doch im wahren Leben gar nicht von solch schlichter und friedvoller Natur gewesen sein.

Verzeiht man dem Werk seinen Freiraum wird man mit einem durchweg spannenden Historiendrama belohnt, das trotz einer Laufzeit von weit über zwei Stunden nur wenige Längen aufweist. Bei der Kameraarbeit wird auf zahlreiche Nahaufnahmen der Protagonisten gesetzt, ohne in den entscheidenden Momenten das Gespür dafür vermissen zu lassen auch mal in die Totale zu wechseln um einen epochalen Augenblick in voller Pracht einzufangen. Die wenigen Schlachten sind durchaus intensiv inszeniert, auch wenn der Zuschauer eher mit schlammüberzogenen Gesichtern als mit blutverschmierten Leichen konfrontiert wird. Der Film hält drauf wenn es sein muss, fokussiert sich mittels in trüben Farben getränkter Bilder aber eher auf die Atmosphäre als auf die Brutalität des Treibens. Dies schlägt sich insbesondere im Soundtrack nieder, der nur selten krachend und viel mehr untermalend daherkommt und so besonders in den leisen Momenten durch klassische Klänge zur Stimmung beitragen kann.

Fazit:

Wer sich auf das ruhige Erzähltempo von „The King“ einlassen kann, wird seine Sichtung nicht unzufrieden beenden. Auch wenn das Werk nicht an das epochale Ausmaß eines „Braveheart“ oder „Macbeth“ heranreichen kann, gehört David Michôds neuer Film ohne Zweifel zu den stärkeren Vertretern im aktuellen Netflix Angebot, der mit seinem Timbre nicht selten an HBOs Serienhit „Game of Thrones“ erinnert und letztlich einmal mehr verdeutlicht, dass Krieg nicht immer auf dem Schlachtfeld, sondern vor allem auf den Zungen seiner Beteiligten ausgetragen wird.

Bewertung:

7 von 10 Punkten

Bilder: ©Netflix