von Cliff Brockerhoff

Das vorrangige Ziel unserer Beiträge ist selbstredend die Empfehlung von sehenswerten Filmen an unsere Leser – manchmal ergibt es sich aber auch, dass die Redakteure sich von Beiträgen ihrer eigenen Kollegen inspiriert fühlen. So geschehen im Fall der kürzlich veröffentlichten Kurzfilm-Tipps von mittlerweile renommierten Regisseuren, die nun wiederum unseren Horror-Experten Cliff Brockerhoff dazu ermutigt haben sich weiter in die Untiefen des Internets zu stürzen. Dabei ist er auf weitere interessante Kurzfilme gestoßen, die zwar nicht mit großen Namen, dafür aber umso mehr mit intensiver Atmosphäre und gelungenen Schockmomenten punkten können. Welche Werke er euch besonders ans Herz legen möchte, könnt ihr in seiner nachfolgenden Liste nachlesen.

The Dollmaker

Mit fast 17 Millionen Aufrufen gehört dieser knapp neunminütige Film sicherlich zu den bekannteren Vertretern, und das ist absolut nachvollziehbar. Thematisch wird der tragische Tod eines Sohnes behandelt, der die Eltern in ihrer Verzweiflung dazu veranlasst einen dubiosen Puppenmacher mit dem Nachbau ihres Sprösslings zu beauftragen. Das Experiment glückt und simuliert die Rückkehr zum ehemaligen Leben, doch es birgt auch Gefahren. „The Dollmaker“ schafft es schnell eine emotionale Bindung aufzubauen und hält am Ende sogar einen fantastischen Twist bereit, der für große Augen sorgt.

Stucco

Innerhalb seiner 18 Minuten kann „Stucco“ zwar keinen großen Twist bieten, ist qualitativ aber auf ähnlich hohem Level angesiedelt. Randvoll mit Metaphern und Motiven umreißt der Kurzfilm das Leben der jungen „J“, die sich nach dem Ende ihrer Beziehung in die Isolation begibt und Ängste entwickelt das eigene Haus zu verlassen. Als sich plötzlich ein Loch in der Wand auftut und von Tag zu Tag größer wird, will nicht nur die Dame des Hauses aus der Situation ausbrechen; auch das Wesen hinter der Wand sucht sich seinen Weg nach draußen. Eine intensive one-woman-show, die zudem mit toller Akustik punktet.

The iMom

In einer Mischung aus Horror und Science-Fiction erzählt „The iMom“ die Geschichte des technologischen Fortschritts, der es mittlerweile geschafft hat einen lebensechten Roboter zu kreieren, der die häuslichen Pflichten übernimmt und gestresste Eltern endlich entlastet. Nicht frei von Kritik an der Digitalisierung und der resultierenden Vernachlässigung sozialer Verantwortung, dafür aber umso befreiter im Hinblick auf Konvention – in unter 13 Minuten gelingt der Spagat zwischen spannender Geschichte und noch spannenderem Denkanstoß. Für Fans von „Black Mirror“ ein Muss.

Grief

Hier ist der Titel Programm. Die tieftraurige Geschichte eines Paares, dessen Sohn spurlos verschwunden ist und die Beziehung an den Rande des Scheiterns bringt. Trauer, Schuld, Hoffnung, Zusammenhalt – hier werden vielerlei Aspekte authentisch miteinander vermengt und erschaffen ein wahnsinnig gutes Werk, das in der Mitte gar plötzlich in eine völlig andere Richtung wechselt als ein mysteriöser Fremder vor der Glasfassade steht. Stilistisch eindrucksvoll und mit tollen Schauspielern gesegnet ist „Grief“ fast zu gut um wahr zu sein. Es bleibt zu hoffen, dass ein Regisseur auf diese Perle aufmerksam wird und ihm vielleicht eine Langfassung spendiert.

The Armoire

Dieser mehrfach prämierte Kurzfilm lehnt sich stark an die aktuelle Welle der Filme aus dem Conjuring Franchise an – nicht zuletzt, weil die Geschichte einen Schrank in den Fokus rückt und alleine damit an eine sehr prägnante Szene aus dem ersten Teil der Filmreihe erinnert. Im Inneren des Möbelstücks erwartet den Zuschauer natürlich keine Kleidung, sondern viel mehr ein schauriges Monster, das die Besitzer des Schrankes heimsucht. Wer angesprochene Filme mag und auch ein ikonisches Geräusch à la „The Grudge“ verkraftet, sollte hier ein paar Minuten seiner Zeit investieren.

The Smiling Man

Das es gar nicht viel braucht um für eine gruselige Grundstimmung zu sorgen, beweist dieses nicht einmal 7minütige Werk, das komplett ohne Dialog auskommt. Im Fokus steht dabei ein Wesen, das permanent lächelt, allerdings charakterlich keine wirkliche Frohnatur zu sein scheint. Als ein kleines Mädchen den ungebetenen Gast in der Küche entdeckt, nimmt das Unheil seinen Lauf und schaukelt sich zu einem blutgetränkten Ende hoch, das den eigenen Lebenssaft in den Adern gefrieren lässt.