Zielgruppe. Ein Begriff aus dem Marketing-Bereich, der dafür verantwortlich ist, dass wohl jeder schon einmal einen Film gesehen hat und sich im Stillen dachte: „Das ist einfach nichts für mich“. Und sollte eindeutig eine jüngere Zuschauerschaft angestrebt werden, vielleicht sogar: „Ich bin zu alt für diesen Sch…“ (um es mit den Worten Roger Murtaughs zu sagen). Eine Aussage, die oftmals Hand in Hand mit einem Augenzwinkern einhergeht, denn ab und an verbergen sich hinter vermeintlichen „Kinderfilmen“ Werke, welche das Herz von Jung und Alt gleichermaßen zu berühren wissen, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Sei es nun der nächste Animationshit, der emotional schwierige Themen in eine mitreißende Geschichte verpackt, kindgerechte Abenteuer, die eine neue Generation für sich entdeckt, während die Eltern neben auf der Nostalgiewelle reiten, oder harmloser Klamauk, der für jedes Alter ein paar Lacher zu bieten hat – all diese Beispiele beweisen eindrucksvoll, dass Filme ihre Zielgruppe auch hinter sich lassen können. Doch ist der Konjunktiv hier absichtlich gewählt, denn nicht jedem Film gelingt dieses Kunststück. Zu dieser zweiten Gruppe zählt „Meine wunderbar seltsame Woche mit Tess“, der ab dem 18.9. in den heimischen Kinos zu sehen ist.
von Mara Hollenstein
Dabei kann man der Handlung rund um den jungen Sam, der mit seiner Familie Urlaub auf der niederländischen Insel Terschelling macht und dort die eigenwillige Tess kennen lernt, eigentlich nicht viel vorwerfen. Die Charaktere werden allesamt ausreichend eingeführt, um beim Zuschauer Sympathien hervorzurufen, der Protagonist bekommt im Laufe des Films eine schöne Entwicklung spendiert, und das zuckersüße Ende wird mit ein wenig Melancholie unterlegt.
Das alles sind die richtigen Zutaten, um einen Film zu kreieren, der bei älteren Kindern und angehenden Jugendlichen sicher einschlagen dürfte wie eine Bombe, immerhin reflektiert er auf sehr feinfühlige und gekonnte Art und Weise einige der Sorgen und Wünsche, die einem in diesem Alter so durch den Kopf gehen. Dass sich die Konflikte dabei allzu schnell, geradezu unkompliziert, in Wohlgefallen auflösen, und das bereits erwähnte Happy End hart an Realitätsflucht grenzt, ist, vor allem in Anbetracht der Zielgruppe, vernachlässigbar. Denn ebenso wie sich viele Erwachsene von Zeit zu Zeit in ihre RomCom-Märchen flüchten, brauchen auch Kinder in besagtem Alter noch die, wenn vielleicht auch nur eingebildete, Sicherheit, dass am Ende doch alles gut werden wird. So setzt Regisseur Steven Wouterlood die Tradition der großen niederländischen Märchenerzähler fort und macht aus dem Roman von Anna Woltz eine schöne Geschichte, rund um die erste große Liebe, die Angst vor Zurückweisung und dem Erwachsen werden und die Überwindung dieser Ängste.

Fazit:
Ein Film, den Eltern auf jeden Fall für den nächsten familiären Kinobesuch ins Visier nehmen können, auch wenn sie selber wohl eher von den malerischen Landschaften gefesselt sein werden, denn von der eigentlichen Handlung (was in Zeiten von Corona und Urlaub auf Balkonien ja auch schon nicht zu verachten ist).
Bewertung:
Ab 18.9. in Österreich und seit 3.9. in Deutschland im Kino.
Bilder: (c) 2019 Farbfilm Verleih GmBH