von Cliff Brockerhoff

Treffen sich Batman, Spider-Man und Pennywise in einem Diner in Ohio… was klingt wie die Einleitung eines mittelmäßig pointierten Schenkelklopfers oder das neueste Crossover aus Hollywoods Gelddruckmaschine, ist in Wahrheit die grobe Prämisse von „The devil all the time“, Netflix fabrikneuem Upload. Zu einem echten Standoff kommt es letztlich nicht, was allerdings nur daran liegt, dass die Darsteller selbstredend in anderen Rollen agieren und die zeitliche Verschiebung der Handlungsebenen ein Aufeinandertreffen verhindert. Doch von Anfang an.

Das Hauptaugenmerk der Story liegt auf Arvin und Lenora, die nach herben Schicksalsschlägen in geschwisterlicher Eintracht zusammenleben und ihre Vergangenheit hinter sich lassen wollen. Er, geprägt von der harten Hand seines vom Krieg traumatisierten Vaters, lernt schnell unterdrückte Gefühle in Gewalt münden zu lassen und scheut auch nicht davor zurück die Peiniger seiner Schwester mit dem Hammer zu verschönern. Im Kontrast dazu agiert sie als naiv gläubiges Mauerblümchen, das sich nicht wirklich zu einer eigenen Meinung durchringen kann und so oftmals in Schwierigkeiten gerät. Nach einer ausführlichen Einführung samt Rückblick in graue Kindheitstage, sind diese Protagonisten nun der Fixpunkt einer Handlung, die überraschend schnell eine unangenehme und nicht minder blutige Richtung einschlägt.

Der Weg führt dabei immer wieder in die Arme zwielichtiger Gesellen, und der Strudel aus Korruption, Machtmissbrauch und Mord verschlingt seine Akteure in Gänze. Hier wird dann auch die Kernthematik des Werkes deutlich, denn die verschiedenen Arten des Umgangs veranschaulichen den ständigen Kampf zwischen Gut und Böse, der so alt ist wie die Erzählungen darüber selbst. Doch was charakterisiert einen „guten“ Menschen? Ist es der Glaube an Gott, die Wahrung der Moral, der Versuch sich einer gefährlichen Situation pazifistisch zu entziehen? Fragen, die der Film stellt und nicht daran spart blinde Gefolgschaft in ein bedrohliches Licht zu rücken. Schon im ersten Drittel wird dem Zuschauer schonungslos vor Augen geführt welches Ausmaß treue Ergebenheit annehmen kann, verpackt in der erwähnten Rückblende und immer wiederkehrend im weiteren Verlauf.

Um diesen auszuschmücken hat Regisseur Antonio Campos ein Ensemble versammelt, das es so meist nur in großen Blockbustern zu sehen gibt. Tom Holland (Spider-Man) mimt den rastlosen Sprössling, Bill Skarsgard (Es) seinen alten Herren. In den weiblichen Hauptrollen gibt es unter anderem Eliza Scanlen (Little Women), Mia Wasikowska (Piercing), Riley Keough (The Lodge) und Haley Bennett (Swallow) zu bestaunen. Als unbestreitbaren Höhepunkt des Films gibt sich zudem Neu-Batman Robert Pattinson die Ehre und brilliert abermals, dieses Mal in der Rolle des schmierigen Gottesvertreters, der seine Wortgewandtheit dazu nutzt willige Mädchen ihres Gewandes zu entledigen. Seine Szenen sind es, die dem Film die Glanzlichter bescheren und die Hoffnung befeuern, dass er seinem Image weiter entwachsen kann. Insgesamt kann aber nicht nur er überzeugen, denn der gesamte Cast ruft gute bis sehr gute Leistungen ab und führt so mühelos durch die zeitlich gestückelte Story, die mit knapp über zwei Stunden eine angemessene, wenngleich leicht zähe Laufzeit aufweist. Nicht etwa, weil sich Langeweile einschleichen würde, nein; die verschiedenen Handlungsstränge finden erst ganz zum Schluss zueinander und erwecken so lange den Eindruck des schön bebilderten Füllmaterials.

Gut, dass es immer einen Erzähler gibt, der dem Zuschauer aus dem Off berichtet, was er gerade vor sich sieht. Wer nun stutzt – hinter dieser Aussage verbirgt sich natürlich Ironie, denn der größte Kritikpunkt an der filmischen Adaption ist der Umstand, dass sie ihren Zuschauern scheinbar nicht zutraut der leicht verständlichen Story eigenständig zu folgen. Permanent erklärt ein nicht definierter Mann die Gefühle, Gedanken und möglichen Umstände; allesamt Dinge, die sich viel nachhaltiger durch einen Blick in die gequälten Antlitze der Protagonisten transportieren. Ob hier an das verhältnismäßig „normale“ Streamingpublikum gedacht wurde, welches sich mit sperrigen Stoffen schwerer tut als manch Cineast? Schwer zu sagen. Letztlich ein Abzug in der Bewertung, der nur allzu leicht vermeidbar gewesen wäre.

Fazit

Durchzogen von redundanter Religionskritik präsentiert sich The devil all the timeals tieftrauriges und atmosphärisches Familiendrama, das durch eine hochkarätige Besetzung zu überzeugen weiß, sich mit seiner fast schon episodenhaften Erzählstruktur aber keinen Gefallen tut und so letztlich zu erzwungen wirkt. Anhänger düsterer Stoffe können bedenkenlos einen Blick riskieren, freudvolle Fans fröhlicher Fiktion sollten den Film aber meiden wie der Teufel das Weihwasser.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(72/100)

Bilder: ©Netflix