Das Marvel Cinematic Universe (MCU) kam, sah und siegte in den Kinosälen dieser Welt. Das Franchise ist mittlerweile die erfolgreichste Filmreihe aller Zeiten, der Umsatz beläuft sich dabei auf weit mehr als 20 Milliarden Dollar. Der Eroberungsfeldzug nimmt kein Ende und aktuell sind auch die kleineren Endgeräte zuhause an der Reihe. Die erste Serie des MCU trägt den Titel „WandaVision“ und leitet die nächste Phase Superhelden-Abenteuer ein, doch sie geht einen ungewohnten Weg. Statt auf Materialschlachten, Bombast und Pathos setzt diese Serie auf eine ganz andere amerikanische Tradition: die Sitcom.

von Marius Ochs

Aufmerksame Zuschauer/innen können bei „WandaVision“ sogar einiges über die Fernsehgeschichte lernen. Elizabeth Olsen (Wanda) und Paul Bettany (Vision) spielen sich mit viel Spaß durch die Sitcom-Formate der letzten 70 Jahre, inklusive der zugehörigen Outfits und Abbildung der gesellschaftlichen Normen. Das überträgt sich mühelos auf den/die Zuschauer/in, ganz gleich, ob man ein Anhänger des MCU ist oder nicht. Der Spaß steht bei der Show, wie soll es auch anders sein wenn Comics und Sitcoms die Vorbilder dieser Geschichte sind, aber ganz klar im Vordergrund.

Nicht nur „Malcolm mittendrin“ oder „Modern Family“ stehen Pate für die einzelnen Folgen, auch auf ältere Serien wie „Bewitched“ aus dem Jahre 1964 finden sich etliche Hommagen. Die ersten Folgen von „WandaVision“ wurden sogar aufwendig vor Live-Publikum gedreht – man merkt: Hier steckt nicht nur viel Geld drin (kolportierte 25 Millionen Euro pro Folge) – sondern auch eine Liebe für das Medium Fernsehen und seine Geschichte per se. Allein das macht die Serie schon sehenswerter als die repetitiven MCU-Streifen, deren Ausgang sich sogar ablesen lässt wenn die Berührungspunkte mit dem Franchise vorher nur marginal waren.

Nichtsdestotrotz kommt selbstredend auch die Gefolgschaft von Comics und Filmen auf ihre Kosten. Eine verzwickte Geschichte, die natürlich mehr als nur das lustige Nachspielen von alten Sitcoms ist, zeigt erstmals das sogenannte „Post-Endgame-Universum“. Cameo-Auftritte anderer Superhelden und Referenzen innerhalb des MCU sorgen für ausreichend Fan-Service und ironische Comic-Outfits referieren zurück auf die guten alten Zeiten, als Marvel-Comics in der allgemeinen Vorstellung nicht gleichbedeutend mit Popcorn und einem milliardenschweren Konzern waren. All diese referentiellen Tricks haben die Autorinnen und Autoren unter der Aufsicht von Kevin Feige bei Disney/Marvel mittlerweile perfektioniert.

Generell präsentiert „WandaVision“ eine insgesamt untypische Geschichte, die sich trotz dem vordergründigen Spaßfaktor auch immer wieder mit ernsten Themen auseinandersetzt. Trauer, Verlust, Realitätsverweigerung. Die Konsequenzen eines traumatischen Ereignisses werden hier auf eine im wahrsten Sinne des Wortes fantastische Weise dargeboten. Spannende Cliffhanger, Sitcom-Humor der alten Schule, aber auch gruseligere Elemente in bester X-Factor-Manier ergeben ein überraschendes, harmonisches Ganzes, das dem MCU endlich neuen Wind verleiht.

Fazit

„WandaVision“ versucht den Spagat zwischen traditionellem Fan-Service und einer frischen, gewagteren Ausrichtung. Die Liebe zum Vorangegangenen wird schon im Set-Design spürbar und wird es wird zunehmend schwerer bis unmöglich diesen Glanzmoment des MCU nicht zumindest sympathisch zu finden. Die erste Staffel der Show ist eine erschreckend gute und humorvolle Alternative auf dem Serien-Markt und man darf gespannt sein, ob die anderen angekündigten Marvel-Serien dieses Niveau halten werden oder ob sie dann doch wieder in das allzu altbewährte Muster zurückfallen werden, wie es leider auch in den letzten Folgen von „WandaVision“ passiert. Die Dominanz auch auf dem Serienmarkt ist für Disney aber ein Stück näher gerückt.

Bewertung

Bewertung: 8 von 10.

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Bilder: ©Disney+

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