Es gibt wohl kaum ein Genre, welches so sehr mit einem Satzzeichen in Verbindung gebracht werden kann, wie das Horrorgenre mit dem Fragezeichen. Gerade wenn die Handlung ein wenig ins Übernatürliche schlägt, häufen sich gerne einmal die gerunzelten Häupter. Das liegt weniger daran, dass der geneigte Kinogänger unbedingt besonders viel Logik in solchen Werken suchen würde, sondern zumeist eher daran, dass die Verantwortlichen hinter diesen Projekten allzu gerne Erklärungen für ihre mordenden Übermenschen liefern, die bei ein wenig genauerer Betrachtung so gar keinen Sinn ergeben wollen. Deswegen gibt es auch immer mehr Zuschauer, die sich für das Credo aussprechen: Lieber gar keine, als ein schlechte Erklärung.

von Mara Hollenstein-Tirk

So etwas mag vielleicht bei einer kleinen Produktion funktionieren, in der ein Axt schwingender Mörder sein Unwesen treibt, aber in dem vierten Teil einer Reihe, der auch noch unter anderem Comedian goes hot Hollywood – New Comer Jordan Peele als Drehbuchautor verzeichnen kann, bedarf es natürlich ein wenig mehr Fleisch auf den Drehbuchrippen.

Denn ja, die Augen trüben nicht, der vor Kurzem in den heimischen Kinos gestartete „Candyman“ zählt tatsächlich als Fortsetzung des Films aus den frühen 90ern, macht es aber ähnlich wie 2018er „Halloween“, lässt die anderen Fortsetzung außen vor und schließt lieber direkt an die Vorkommnisse der ersten Teils an. Das wird durch einige kleinere und größere Anspielungen ebenso deutlich, wie durch einen netten, kleinen Cameo, der Fans das Herz aufgehen lassen dürfte. Tatsächlich bietet der Film aber nicht nur für Kundige einige Momente, die zu gefallen wissen. Auch Leute, die mit dem Franchise bisher noch nichts am Hut hatten und einfach Lust auf einen soliden Horrorfilm hätten, sind hier sicher nicht schlecht aufgehoben. Viele der Schocker sitzen ordentlich, die Effekte reichen von richtig gut bis passabel, ebenso die schauspielerischen Leistungen, und ein Gimmick mit Reflexionen wird auch gekonnt ausgespielt.

Nach all diesen durchwegs positiven Aspekten fragt man sich natürlich, wieso der Film ein paar Sätze weiter oben dennoch lediglich als solide beschrieben wird, womit zum Anfang dieses Artikels zurückgesprungen werden muss. Denn das dort erwähnte Drehbuchfleisch stellt leider die größte Schwäche des Films dar. Wieder einmal versucht Peele die seinen Werken bisher stets immanente Gesellschaftskritik, und hier vor allem die Kritik an der leider nach wie vor existenten Rassendiskriminierung, unterzubringen. So ist der eigentliche Schurke plötzlich das Opfer eines grausamen Systems, am Ende gar ein Rächer, der die Schuldigen bestraft – und hier wird die Sache knifflig. Denn je mehr hier mit dem Zaunpfahl eine Botschaft versucht wird, in einen kleinen Slasher aus den 90ern zu prügeln, desto kruder wird die ganze Angelegenheit. Vieles hält einem zweiten, manches gar einem ersten Blick einfach nicht stand, wirkt unlogisch oder scheint zwei völlig konträre Aussagen zu enthalten.

Fazit:

So gelingt der Spagat zwischen Gesellschaftskritik und Horrorfilm bei weitem nicht so gut, wie zum Beispiel in „Get Out“, da zu viel am eigentlichen Konzept herum gedoktort werden musste, um am Ende eine stimmige Geschichte zu erzählen. „Candyman“ ist daher auch genau dann am stärksten, wenn er sich seine Wurzeln bewusst macht und nichts anderes im Sinn hat, als die Nackenhaare der Zuschauer zu Berge stehen zu lassen.

Bewertung:

Bewertung: 7 von 10.

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Bilder: (c) UPI Germany