Mit “Das Land meines Vaters” (“Au nom de la Terre”) setzt der französische Regisseur Edouard Bergeon seinem verstorbenen Vater ein emotionales, wenn auch etwas holpriges, Denkmal. Der Film ist ab 12.11. in den österreichischen Kinos zu sehen.
von unserem neuen Kritiker Christoph Brodnjak
Im Zentrum steht Pierre der, eben aus den USA zurückgekehrt, den Hof seines Vaters übernimmt. Rund zwanzig Jahre später ist er nun Ziegenbauer im großen Stil, glücklich verheiratet, doppelter Vater, und hoch verschuldet. Die EU und diverse Gläubiger fordern ihr Recht, die Preise für Ziegen fallen immer mehr. Seine einzige Hoffnung sieht Pierre in der Modernisierung und Erweiterung des Hofs. Das gefällt weder seiner Frau noch seinem Vater. Ersterer nicht, weil sie neben Frau und Mutter auch noch seine Buchhalterin ist, und zweitem nicht, weil er die modernen „unehrlichen“ Methoden seines Sohnes ablehnt. Er verweigert es auch, seinem Sohn Geld zu schenken, da er den Hof selbst aufgebaut hat, und ihm auch nie jemals etwas geschenkt wurde. Nicht, dass Pierre je nach Geld bitten würde. Dafür ist er zu stolz und stur, und vielleicht auch etwas zu unreif. Schon zu Beginn stellt sich die Frage, ob es sich bei ihm um einen unverbesserlichen Optimisten handelt, oder ob er manche Dinge einfach nicht verstehen will. Es kommt schließlich, wie es kommen muss: Ein Schicksalsschlag jagt den nächsten. Doch zunächst will Pierre es nicht wahrhaben, wie der Hof vor seinen Augen langsam zu Grunde geht, und er mit und an ihm.
Dass der Film auf wahren Begebenheiten beruht merkt man. Einerseits, weil der Hinweis darauf eingeblendet wird, aber auch am Aufbau. Viele Dinge passieren, die an und für sich auch dramatische und emotionale Resonanz haben. Allerdings passieren diese, wie allzu oft in Filmen, die auf realen Ereignissen basieren, oftmals urplötzlich und ohne ein wirkliches Setup. Es folgt ein Ereignis auf das andere und so manche Eskalationen wirken nicht immer sauber verdient. Wie im echten Leben, könnte man sagen. Einen fahlen Beigeschmack hinterlässt es dann aber doch, wenn der Film ansonsten einer recht herkömmlichen Struktur folgt.
Hat man sich nicht schon vorher ergiebigst mit dem Film auseinandersetzt, erfährt man erst gegen Ende, dass der Regisseur der reale Sohn des Bauers Pierre ist. Die Widmung, mit begleitendem Archivmaterial des echten Pierre, wirkt aufrichtig und liebevoll. Ohne dieses Vorwissen aber kommt man nicht umhin sich zu wundern, warum der Film denn in den 1990ern spielt. Keines der dargestellten Probleme ist eines, was in der heutigen Zeit nicht nachvollziehbar wäre. Im Gegenteil, Modernisierung, Bürokratie und das „Bauernsterben“ (im doppelten Sinne) sind Dinge, die Gesellschaft und Politik noch immer und immer mehr
beschäftigen (sollten).

Man manövriert sich bei dem Versuch, ein Kunstwerk, welches für den Kunstschaffenden etwas sehr Persönliches darstellt, kritisch zu behandelt, relativ schnell in eine Zwickmühle. Steht es einem zu, darüber zu urteilen, wie jemand seine eigene Kindheit und das Leben des eigenen Vaters interpretiert und präsentiert? Denn schließlich handelt es sich immer noch um einen Film, der am Ende des Tages auch unterhalten soll…
Fazit:
Regisseur Edouard Bergeon gebührt Respekt dafür, sich so ehrlich mit seiner eigenen, sicher auch schmerzlichen Kindheit zu beschäftigen. Man wünscht sich nur ein bisschen, die Ausführung in “Das Land meines Vaters” hätte eine Spur mehr Eleganz, als es im filmischen Endresultat der Fall ist.
Bewertung:
60/100
Bilder: © Nord-Ouest Films