Kann Zerstreuung durch Unterhaltung in Zeiten der Dauerkrisen funktionieren, ist sie sinnvoll oder überhaupt moralisch vertretbar? Oder bleibt all das nur ein weiterer Beitrag zur Simulation der Normalität, die derzeit von der Mehrheitsgesellschaft praktiziert wird? Nach dem Erfolg der letztjährigen Jubiläumsausgabe von “Wetten, dass..?” (zur Kritik) waren das einige der Fragen, die die Fortsetzung des Revivals am 19.11.2022 aufwarf: Thomas Gottschalk lud Samstagabend erneut zum Stelldichein mit Stars und Wetten, das Ergebnis war im Vergleich zum Vorjahr aber ambivalent und durchwachsen.
von Christian Klosz
Grundsätzlich muss man bei Massenveranstaltungen wie “Wetten, dass..?” immer die Frage stellen, ob sie in Zeiten einer noch nicht überwundenen Pandemie vertretbar oder klug sind. Sollten die Produzenten nicht irgendwelche Maßnahmen für Gäste und Publikum gesetzt haben, von denen wir nichts wissen, lautet die Antwort natürlich: nein. Dass die Illusion einer Corona-freien Gegenwart eben eine Illusion ist, wurde trotz aller gegenteiligen Bemühungen auch recht schnell klar, als nämlich der eingeplante Gast Alexander Zverev via Videobotschaft sein Kommen absagen musste, weil er mit Corona zuhause auf der Couch liegt. Blöd gelaufen.
Auch bezüglich nostalgischer oder eskapistischer Wirkung muss sich die Ausgabe 2022 den Vergleich mit jener aus 2021 gefallen lassen: Vor einem Jahr gab es “nur” eine akute Coronakrise, die Sendung fühlte sich an wie ein kurzes, erleichtertes Aufatmen und Zurückerinnern an “bessere Zeiten”, ein bewusster Gegenpol zur ebenso bewussten, schwierigen Gegenwart. Den Veranstaltern war das klar, dem Moderator, den Gästen, dem Publikum im Saal und Zuhause ebenso.
Nun, die Weltlage hat sich seit letztem November bekanntlich nicht gebessert, die Gefahr Corona bleibt, in der Ukraine tobt ein grausamer Krieg, uns machen Inflation und Energiekrise zu schaffen, politische und soziale Krisen breiten sich aus. Und über all dem schwebt das Damoklesschwerter Klimakrise. Eskapismus und (leichte) Unterhaltung können nur funktionieren, wenn sie das bewusst “Andere” darstellen, sonst verkommen sie zum bloßen Kitsch, der lediglich überdeckt.
Ist es “Wetten, dass..?” also (erneut) gelungen, zu verbinden, die Menschen mitzunehmen und Freude und Hoffnung zu verbreiten? Jein. Anders als 2021 fühlte sich die Sendung tatsächlich wie ein Bühnenstück nach dem Motto “gute Miene zum bösen Spiel” an, Ausnahmen wie Herbert Grönemeyers authentischer Auftritt ausgenommen. Auch Lust und Leistung des Moderators waren im Vergleich zum Vorjahr gebremst, gerade zu Beginn herrschte zudem leichtes Chaos bei den Abläufen auf der Bühne und Michelle Hunziker nervte wie eh und je. Die Gäste, Robbie Williams, John Malkovich, Bully Herbig, Veronika Ferres et cetera, machten gute Miene zu den seltsamen Vorgängen auf und neben der Bühne, die Wetten waren punkto Attraktivität eher bescheiden und die technischen Leistungen bezüglich Aufnahme und Produktion lassen vermuten, dass Herr- und Damenschaften hinter der Kamera nur mäßig Erfahrung mitbrachten.
Fazit:
Dennoch: Der Show-Dampfer mit Kapitän Thomas Gottschalk blieb trotz rauer See stabil und ging nicht völlig unter, was möglicherwiese einzig seiner Masse und Trägheit zu verdanken ist. Wenn alles den Bach runter geht, muss man sich manchmal vielleicht an Altbekanntes halten, auch wenn das wohl kaum den Weg in die Zukunft weisen wird. Alles in allem war “Wetten, dass..?” 2022 ein halbwegs solides TV-Unterfangen, das irgendwie in der Vergangenheit stecken geblieben ist. Dem kann man gute und schlechte Seiten abgewinnen, im Vergleich zum letzten Jahr überwogen allerdings die nicht so guten. Was wird die geplante Edition 2023 bringen, sofern die Welt dann noch steht? Wir werden sehen.
TV-Bewertung:
(59/100)
Bild: von der Ausgabe 2021, (c) ORF/ZDF/Sascha Baumann
ist das denn so schlimm. wieso wird traditionelles als schlecht dargestellt. Ja die Show war phasenweise holperig. aber so what. ich habs genossen. Es war wie ein Helene Fischer Konzert. 2 1/2 Stunden Weltfrieden. Tut auch mal gut in diesen schrecklichen Zeiten.
Hallo, danke für dein Feedback. Ging auch nicht darum “Traditionelles” als “schlecht” darzustellen. Aber im Vergleich zum Vorjahr passte einfach einiges nicht zusammen, tonal wie produktionstechnisch wie inhaltlich. lg, ck
Nach nur wenigen Minuten habe ich ausgeschaltet. Allein das “Herumgehubse” von Michelle Hunziker im kitschrose Kleidchen hat sehr genervt. Ich möchte nicht wissen welche Gage diese Dame dafür erhalten hat., Wetten dass… ist m.E. nicht mehr zeitgemäß, man sollte im Öffentlich Rechtlichen Fernsehen andere Formate finden, um die Zuschauer auch in Krisenzeiten ein bisschen vom Weltgeschehen abzulenken und zu unterhalten. Aber bitte mit Niveau. – Corona ist leider noch nicht vorbei, so viele Menschen eng nebeneinander zu setzen finde ich unverantwortlich, vor allem denjenigen gegenüber, deren Immunsystem geschwächt ist.
Da hast du grundsätzlich vollkommen Recht. Leider hat ZDF auch nicht bekannt gegeben, ob Zuschauer, Mitwirkende usw. zB. getestet sind (bei Joko&Klaas gilt laut Info auch bei solchen Massenveranstaltungen im Studio 2G-Regel & Testpflicht, wenn ich nicht irre), man wollte halt die Simulation mitspielen, dass nun eh wieder “Normalität” herrscht, obwohl es inzwischen ja nicht mehr nur die eine Krise gibt….war alles irgendwie “off” und unstimmig gestern, wenngleich ich das Format an sich nicht verdammen würde. Man passt sich halt auch an den Irrsinn an, der derzeit überall herrscht. Sinn- und gehaltvolle Ablenkung mit irgendeinem Benefit für Zuschauer ist das aber natürlich nicht. lg, ck
Wir hatten uns auf einen schönen Wette-dass-Abend gefreut aber von Wetten war nicht viel zu sehen. T. Gottschalk redete sich um Kopf und Kragen, wenn Michell nich mehrmals Einhalt geboten hätte wären wahrscheinlich keine Wetten zustande gekommen, oder die Sendezeit wäre noch um eine weitere Stunde überzogen worden. Wir haben schon viele Wetten.dass gesehen, aber diese war mit Abstand die schlechteste.Die langatmigen Gespräche mit den Stars waren total überflüssig! Dieser Anzug von Thomas war der Gipfel der Geschmacklosigkeit
Vieleicht liegt es daran, das ich immer alles erstmal ohne Wertung anschaue. Tatsächlich viel mir auf, das Thomas Gottschalk mittlerweile mit dem Alter zu kämpfen hat, denoch Hut ab vor dieser Leistung. Ich kann mir aus eigener Erfahrung hier ein gutes Bild machen. Frau Hunziger ist etwas Nervig mit ihrem ständigen dazwischen gepplaper aber Sie kann im grunde sehr gut neben Thomas bestehen. Hier auch wieder ein Lob an Thomas der sich hier nicht an die Wand moderieren lässt. Bei so einem großen Projekt wie Wetten das, kann man keinen vergleich mit anderen Sendungen machen, weil hier viele Dinge einfach nicht geplant werden können. Auch bin ich froh das hier die Moderatoren relativ frei Moderien können und nicht wie in anderen Formaten vorgegebene Scripts streng abarbeiten müssen. Die Wetten waren im großen und ganzen gut präsentiert. Leider wurde der Kandidat mit dem 3D Blick viel zu wenig im Detail befragt. Hier hätte man wirklich mal deutlicher dem Zuschauer vermitteln können, das der Kandidat das ganze in 3D als gerammt Bild sieht und durch dieses Räumliche sehen der Unterschied plötzlich ganz Deutlich für ihn sichtbar wird. Sicherlich kann man durch dieses können ganz wichtige Dinge erfinden um das ganze in wichtige Bereiche zu integrieren. Hier hat Thomas immer wieder den Ansatz versucht wurde aber von seiner hübschen Co. Moderatorin weggeplappert. Die geladenen Künstler waren durchweg gut ausgewählt und hier zeigte Thomas, das er sich in der Vergangenheit einen Namen gemacht hat. Thomas hat jeden genauso behandelt wie man sich das von einem Moderator nur wünschen kann. Sein Alter stand ihn hier überhaupt nicht im Weg. Die Auswahl seiner Kleidung mag schräg sein aber zum Glück nicht altbacken. Bei Michel Huzinger hätte man sie gerne in einer schönen Hose gesehen aber trotzdem war es Hübsch und auch lustig. Es paßt gut zu ihr und hat mich nicht gestört. Die Sendung war fröhlich und gehörte Tatsächlich gerade jetzt ins Fernsehen. Denn die letzten Zwei Jahre waren für alle belastet mit schlechten Nachrichten. Hier konnte man endlich mal wieder das Gehirn resetten sonst verlieren wir völlig den boden unter den füßen. Mir wird in letzter Zeit vorgeworfen das ich alles zu positiv sehe aber genau das ist es womit ich sehr gut leben kann. Jedes problem wird sich lösen. Danke dem ZDF für den mut mit dieser Sendung. Das Konzept ist aufgegangen.