Erst vor wenigen Monaten füllte der Kinohit „Wunderschön“ mit über 1,6 Millionen Besuchern die Säle, schon flimmert der mittlerweile vierte Film von Multitalent Karoline Herfurth über die Leinwände. Auch wenn der Titel es vermuten lassen könnte: „Einfach mal was Schönes“ ist nicht mal eben nur einfach schönes Gefühlskino. Der Film, bei dem Karoline Herfurth erneut Regie führte, am Drehbuch mitschrieb und wieder die Hauptrolle übernimmt, ist eine romantische Tragikomödie, die gar nicht so romantisch sein möchte. Und das obwohl oder gerade weil sie sich typischer Genremerkmale bedient.
von Madeleine Eger
Wenn es nämlich darum geht, ohne passenden Partner Kinder- und Familienwunsch zu erfüllen, und sowieso jeder eine bessere Meinung dazu hat, wie das Leben einer Single- und bloß nicht alleinerziehenden Frau auszusehen hat, wird das Konstrukt der klassischen Familie und die Fantasie des Märchenprinzen ziemlich schnell vom Tisch gefegt. „Einfach mal was Schönes“ beginnt zwar mit einem potenziellen Grund zur Freude, aber um Zeuge zu werden, wie eine Frau den Abnabelungsprozess von ihrer Familie und starren Geschlechterkonventionen vollzieht, muss man die erste bittere Pille bereits nach wenigen Minuten schlucken. Und das, während Carla Bruni die Zeilen von „Stand by your man“ anstimmt…
Klara (Karoline Herfurth) ist Ende Dreißig, Radiomoderatorin und nach erfolgloser dreijähriger Beziehung mal wieder Single. Was eigentlich nicht schlimm wäre, wenn Klaras Kinderwunsch nicht immer größer und vor allem dringlicher werden würde. Ein passender Partner ist trotz unzähliger und manchmal vielversprechender Dates allerdings nicht in Sicht. Um dem Warten auf die große Liebe und potenziellen Vater ein Ende zu bereiten, beschließt Klara ihren Wunsch allein zu verwirklichen. Als sie ihr Vorhaben ihrer zerrütteten Familie offenbart, scheint das die Beziehungen zu ihren geschiedenen Eltern (Herbert Knaup und Ulrike Kriener) und ihren beiden Schwestern (Nora Tschirner und Milena Tscharntke) jedoch zusätzlich zu belasten. Und dann wäre da noch der 12 Jahre jüngere Ole (Aaron Altaras), den sie ausgerechnet dann kennenlernt, als der Termin für die künstliche Befruchtung kurz bevor steht.
Als Klara ein verunsichertes und enttäuschtes „Wir können auch noch warten“ hervorbringt, ist das für ihren Freund eine riesige Erleichterung, für sie jedoch eine große Lüge. Was bleibt, ist der einsame Gang in die Klinik und eine Entscheidung, die sie offensichtlich nicht für sich getroffen hat. Ein unerwartet bedrückender Einstieg, der die Weichen stellt für das Dilemma, in das Klara mit ihrer ungewollten Einsamkeit immer tiefer rutscht. Wenn sie nach dem Schwangerschaftsabbruch von ihrem Freund verlassen wird und danach über Monate hinweg in ein schreckliches (zuweilen auch komisches) Date nach dem anderen stolpert, bedient sich Karoline Herfurth nahezu dem klassischen Einmaleins des Rom-Com Genres. Auch wenn jede Menge tröstende Schokolade, oder der verheulte Filmabend mit der nächstbesten Romanze fehlt, die richtig gute Freundin ist zur Stelle. Und dazu eine, die Klara von Anfang an unterstützt und nicht versucht, ihr das Muttersein auszureden. Jasmin Shakery ist dabei in dieser Rolle tatsächlich Gold wert und stupst ihre verzweifelte Freundin immer wieder in die richtige Richtung, wenn die eigene Familie unterdessen mehr Last als Hilfe ist. Denn ganz schnell wird man sich bewusst, hier hat jeder sein Päckchen zu tragen und versucht seinen Platz zu behaupten, ohne dabei sein Gesicht verlieren zu müssen. Und das gelingt den Familienmitgliedern mehr schlecht als recht, wenn die Probleme ans Licht kriechen.
Nämlich dann, wenn für Klaras Mutter Marion Alkohol zum ständigen Begleiter geworden ist, sie mal wieder unangekündigt bei ihrer Tochter vorbeischaut und ihrem Groll gegen ihren Ex Mann (der natürlich eine jüngere Frau geheiratet hat) freien Lauf lässt. Viel Reue und Traurigkeit schwingt mit in den toll gespielten und trotz der Bitterkeit oft anrührenden Szenen von Ulrike Kriener, die das erste Familiendrama heraufbeschwört, als sie sturzbetrunken die Hochzeit ihres Ex stürmt. Ein Moment, der sogleich die drei sehr unterschiedlichen Schwestern zusammenbringt und uns Charaktere vorstellt, mit denen man unmittelbar mitfühlen kann. Nora Tschirner, im Vergleich zu „SMS für dich“ oder „ Wunderschön“ diesmal ganz und gar nicht tollpatschig abgeklärt, steckt in einer unglücklichen Ehe fest, aus der sie sich trotz Affären nicht auszubrechen traut. Und die brillante Milena Tscharnke, die als Nesthäkchen Johanna der absoluten Perfektion und Harmonie hinterherjagt und ständig Krokodilstränen weint, wenn das Bild der heilen Welt mal wieder bröckelt. So entsteht in „Einfach mal was Schönes“ eine spannende, einfühlsame und sehr nahbare Familiendynamik, die allerdings fast keinen Platz mehr lässt für die zuckersüße Romanze zwischen Ole und Karla. Aaron Altaras Charakter kommt damit leider nicht ganz darüber hinaus, lediglich als Vehikel zur Charakterentwicklung Karlas zu fungieren. Aber auch wenn manchen Figuren aufgrund der erzählerischen Dichte so etwas weniger Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist „Einfach mal was Schönes“ diesmal spürbar kohärenter erzählt als Herfurths Vorgängerfilm. Und erfreulicherweise entschließt man sich dazu, die Geschichte mal nicht mit einem all umfänglichen Happy End aufzulösen, was den ohnehin schon schönen Film, sogar noch ein bisschen schöner werden lässt.
Fazit
„Einfach mal was Schönes“ gelingt die Transformation von der Suche nach Mister Right zum leichtfüßig erzählten und gleichzeitig berührenden Familienporträt, in dem unterschiedliche Lebensentwürfe, Vorstellungen von Beziehungen und geplatzte Träume und Hoffnungen aufeinanderprallen. Karoline Herfurths neuer Film ist manchmal tragisch, oft eindringlich ernst, dabei jedoch immer herzlich. Seit 17.11. im Kino.
Bewertung
(84/100)
Bild: (c) Warner Bros GmbH