Wer an die cineastischen Anfänge von Dracula zurückreisen möchte, braucht eine große Ration an Blutphiolen zur Wegzehrung. 1921 flackerte „Drakula Halàla“ über die Mattscheibe und bat den Fürsten der Finsternis hinein in das Kabinett der gruseligen Bewegtbilder. Der literarische Grundstein dafür liegt sogar noch tiefer in der Vergangenheit verborgen, beschert uns aber bis heute neue Kapitel rund um den bleichen Sargschläfer. Einige davon sind grandios, Francis Ford Coppola sei Dank – der Großteil der Vampirgeschichten verglüht derweil im gleißenden Sonnenlicht.

von Cliff Lina

Regisseur Chris McKay möchte mit „Renfield“ nun seine eigene Fußnote in der filmischen Historie vermerken und bedient sich dabei verschiedener Komponenten: Im Stile von Taika Waititi ist seine Interpretation eher süffisanter, ja teilweise beinahe comicartiger Natur. Der Gruselfaktor versteckt sich gekonnt hinter dem Vorhang und lässt Platz für eine sehr blutige, aber gezielt überzogene Ausrichtung. Mittendrin erfüllt sich Nicolas Cage einen Traum, schlüpft in die Rolle blassen Blutsaugers und tyrannisiert seinen Diener Renfield, der sich der toxischen Beziehung jedoch ein für alle Mal entledigen und sein eigenes Leben in die Hand nehmen will.

Die Ausgangslage ist somit durchaus eine etwas andere, und wer mit der fantastischen Komödie „5 Zimmer Küche Sarg“ vertraut ist, kann erahnen welche Art Humor der amerikanische Filmemacher verflochten hat. Zwanglose Wortspiele statt trübsinniger Melancholie. Der Erzählstil und vor allem das Erzähltempo sind dem angepasst: vom Start weg fegt die Story durch das Drehbuch, stellt kurz die Figuren vor und wirft seine Zuschauerschaft in den plot, der bereits im Trailer deutlich wurde. Actiongeladene Sequenzen reihen sich an humoristische Einschübe, unterbrochen von dröhnender Musik und untermalt von Farbspielerein mit aufgedrehtem Kontrastregler. Gerade wenn Körperteile durch die Gegend fliegen, offenbart das Werk aber eine eklatante Schwäche, beziehungsweise den Versuch diese zu kaschieren. Durch den inflationären Einsatz von Computereffekten sind die Szenen teilweise so hektisch zerschnitten, dass die Orientierung schneller fliegen geht als Dracula seine Zähne zeigt. Das Bild wackelt, die Kamera verliert vollkommen die Haltung und alles vermischt sich zu einem undurchsichtigen Brei, der nur schwer erkennen lässt wer da gerade wem an der Milz zerrt.

Ein Schicksal, dem viele Actionfilme erliegen. Bei „Renfield“ ist das gerade zu Beginn anstrengend, hinten heraus hat der Film dann aber immer öfter den Mut voll draufzuhalten und die saftigen Splattereffekte genüsslich zu präsentieren. Die sind, und das ist dann doch eine Überraschung, wirklich außergewöhnlich deftig. Auch wenn immer ein Hauch Komik mitschwingt, hat „Renfield“ durchaus seine fiesen Momente – beispielsweise wenn Nicolas Hoult zwei Bösewichte mit frisch ausgerissenen Armen verprügelt. In inszenatorischer Hinsicht lässt sich dem Film die Kreativität nicht absprechen, bei der zugrundliegenden Story muss man allerdings wirklich beide Augen zudrücken. Diese ist absolute Stangenware und lässt sich im Handumdrehen durchschauen und bis ins Detail erahnen. Glücklicherweise ist sich der Film dessen aber bewusst und fokussiert sich lieber direkt auf die Eigenarten seiner Charaktere. Diese liefern allesamt eine gute Leistung ab, insbesondere Cage ist der Spaß bei der Verkörperung des narzisstischen Gebieters anzumerken. Aber auch Hoult beweist abermals seine Wandelbarkeit und überzeugt als anfangs noch naiver Diener, der im Fortlauf immer mehr an Persönlichkeit gewinnt und zum emotionalem Ankerpunkt aufsteigt. Schade nur, dass McKay nicht mehr Zeit in seine Charakterbeziehungen investiert hat. Gerade der Aufhänger rund um toxische Beziehungen, dem Ausbruch aus ebenjenen und die gemeinsame Festigung eines Selbstwertgefühls hätte Potenzial gehabt dem Film eine wirklich eigenständige, dramatische Note zu verleihen. Die Ernsthaftigkeit zerfließt aber zusehends im Kunstblut, sodass „Renfield“ am Ende dann doch nur einer von vielen ist.

Fazit

Michael Holm besang einst aufrichtige Tränen, und auch im Fall von „Renfield“ gilt: Trailer lügen nicht. So bietet der Film am Ende genau die quatschige Nummer, die versprochen wurde. Mal herrlich spritzig, dann wieder dezent selbstironisch und insgesamt ein weiteres, unterhaltsames Kapitel in der Vita des blutsaugenden Fürsten der Finsternis. Wirklich gebraucht hätte es das nicht, der Spaßfaktor steht aber unvermittelt im Vordergrund und funktioniert einwandfrei.

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

(62/100)

Bilder: ©Universal Pictures