Putins barbarischer Überall auf die Ukraine 2022 ist erst einige Wochen her: Der 12-jährige Nikita, seine Familie und viele andere verstecken sich seither in einer U-Bahn-Station in Charkiw vor den Bombeneinschlägen. In kurzer Zeit wurde dort eine eigene Infrastruktur aufgebaut, Menschen werden mit Essen versorgt, eine Ärztin kommt vorbei, Covid-Tests werden angeboten, eine Zweckgemeinschaft entsteht mitten in der Realität gewordenen Dystopie, man sorgt füreinander. Ein in die Jahre gekommener Musiker unterhält die Anwesenden mit seiner Gitarre und Songs über die Liebe, während Nikita in der gleichaltrigen Vika eine Freundin findet, mit der er den Untergrund, der zum Unterschlupf wurde, erkundet.

von Christian Klosz

Die beiden Regisseure Ivan Ostrochovský und Pavol Pekarčík porträtieren die ersten Wochen des Ukraine-Kriegs in einer Dokumentation mit inszenierten Elementen. In Zentrum stehen dabei die Menschen, die das Beste auf ihrer ganz und gar ungewöhnlichen Situation machen. Die dramaturgischen Motive sind dabei „Liebe“, „Romantik“ und „Freundschaft“, die dem nur über Super-8-Bilder eingestreuten Grauen des Krieges, der draußen stattfindet, gegenübergestellt werden. Während der „Cowboy“ genannte Gitarrist über (verflossene) Liebe singt und Nikita über „die Frauen“ aufklärt, fängt die Kamera Gespräche der Eltern des Jungen darüber ein, wie lange man noch hier ausharren will und was all das wohl mit ihrem Sohn machen wird. Zeigt Nikita und Vika, zwischen denen sich eine Freundschaft entwickelt.

„Photophobia“ ist trotz des tragischen Themas ein vorsichtig positiver Film, der von der Fähigkeit der Menschen erzählt, durch Zusammenhalt und Gemeinschaft zu überleben. Zu leben. Und zu lieben. Dem unwirtlichen Setting, dem Leben im Underground, auf der Flucht vor Bomben, Hoffnung zu entlocken, darin liegt sein besonderer Verdienst. Im Rahmen der beschränkten Mittel und des sicher nicht einfachen Drehs ist die Umsetzung beachtlich kreativ und poetisch.

Rating

Bewertung: 7 von 10.

(71/100)

Bild: (c) Crossing Europe