Dem Leben und Werk der bedeutenden österreichischen Malerin Maria Lassnig widmet sich Regisseurin Anja Salomonowitz („Dieser Film ist ein Geschenk“) mit einem Biopic, dass trotz der großartigen Birgit Minichmayr leider nie ganz die hohe Kunst seines Subjektes erreicht. Premiere hatte „Mit einem Tiger schlafen“ bereits bei der Berlinale, in den deutschen Kinos erscheint der Film regulär am 23. Mai.

von Cedric Baumann

Maria Lassnig, geboren 1919 in Kärnten und gestorben 2014 in Wien, durchlief in ihrem langen Leben viele Schaffensphasen an unterschiedlichen Orten. Dargestellt werden diese Stationen wie beispielsweise ihr Leben in Paris, Wien, New York oder in einer kleinen Hütte auf dem Land in „Mit einem Tiger schlafen“ nicht chronologisch, sondern durch Begegnungen in Lassnigs Ateliers oder auf ihren Kunstausstellungen. Wie in ihrer Kunst ist der Fokus dieses Biopics also Lassnigs Körper und ihr Platz in der Welt und weniger eine linearen Erzählung ihres Lebens.

Auch thematisiert werden dabei ihre Schwierigkeiten, als weibliche Künstlerin akzeptiert und respektiert zu werden, womit sie selbst nachdem ihre Bilder bei Versteigerungen Rekordsummen erreichten noch zu kämpfen hatte. Grandios dargestellt wird Maria Lassnig hierbei von der Burgschauspielerin Birgit Minichmayr („Alle Anderen“, „Andrea lässt sich scheiden“), deren trockener Humor und großer Körpereinsatz perfekt zur zynischen Malerin passen. Interessanterweise entschied sich Salomonowitz dafür, Lassnig (mit einer Ausnahme) in jedem Alter von Minichmayr spielen zu lassen, ohne dabei alterndes bzw. verjüngendes Make-Up zu verwenden. Gepaart mit der nicht-chronologischen und episodenhaften Erzählweise entsteht so ein fast abstraktes Bild des Lebens der Künstlerin, bei dem diese als einzige Konstante in einer sich verändernden Welt auftritt. Auch abweichend von regulären Biopic-Regeln werden die Zuschauer öfter direkt von Lassnig oder anderen Charakteren adressiert. Eventuell wurde dadurch versucht, die Dramatisierung von Lassnigs Leben um einen dokumentarischeren Ansatz zu bereichern, aber vor Allem diese Szenen wirken stark aus dem Zusammenhang gerissen und zerstören die ohnehin schon schwere Immersion.

Insgesamt wurde leider durch die durchaus interessante Idee, das Leben einer abstrakten Künstlerin auf ebendiese Weise darzustellen, das Seherlebnis außer Acht gelassen. „Mit einem Tiger schlafen“ fühlt sich eher wie eine besonders zähe Kunstgeschichts-Vorlesung an, die spannende Konflikte in Lassnigs Leben höchstens erahnen lässt. Das schwierige Verhältnis zu ihrer Mutter zum Beispiel, obwohl ein treibender Faktor in ihrem Leben, wird nur schemenhaft dargestellt, das ebenso schwierige zu ihrem leiblichen Vater kaum erwähnt. Auch die Entwicklung ihres markanten Stils oder ihr eigentlicher Arbeitsprozess wird nicht gezeigt und ihr turbulentes Beziehungsleben nur angerissen.

Fazit

„Mit einem Tiger schlafen“ erfüllt definitiv die Aufgabe eines Biopics, Interesse an seinem Subjekt zu wecken, wenn auch durch die Methode, besonders sparsam mit tatsächlichen Informationen über die Malerin umzugehen. Dabei mischt der Film dramatische und dokumentarische Elemente und springt scheinbar willkürlich in Lassnigs Leben umher, ohne eine klare Einordnung möglich zu machen. Als surreale Nacherzählung einiger Begegnungen Lassnigs funktioniert dieser Zugang ausgezeichnet, als Biografie leider weniger. Wer also Interesse an österreichischer Kunst hat und idealerweise die groben Züge Maria Lassnigs Lebens bereits kennt, wird mit dieser Darstellung durch die perfekt in die Rolle passende Birgit Minichmayr große Freude haben. Für eine spontane Sichtung ohne Vorwissen ist „Mit einem Tiger schlafen“ allerdings eher unpassend.

Bewertung

Bewertung: 5 von 10.

54/100

Bild: (c) Arsenal Filmverleih / Coop99 Filmproduktion