Tick tack, Mr. Wick. Mit jedem Sekundenschlag nähert sich der elegant eingekleidete Killer seiner Exkommunikation, und die ihm gewährte Schonfrist von einer Stunde verrinnt schneller als der Lebenssaft seiner bisherigen Opfer. Einst wegen des Verlustes seines Hundes in einen Blutrausch verfallen, schießt, tritt und schlägt sich John Wick im nunmehr dritten Teil durch Horden an Gegnern aller Ausprägungen und kann dabei seit dem 23. Mai vom interessierten Publikum beobachtet werden.
von Cliff Brockerhoff
Die Handlung setzt dabei exakt dort ein, wo sie 2017 im zweiten Teil endete: Durch den Mord im Continental-Hotel verlor John Wick sämtliche Privilegien und sieht sich nun einem Kopfgeld von 14 Millionen Dollar gegenüber. Es scheint ein aussichtsloses Unterfangen, und so ist eine Flucht die einzig verbleibende Lösung. Aber was tun, wenn jeder Auftragskiller der Welt den schwarzen Mann als Ziel auserkoren hat? Es braucht alte Bekannte und neue Freunde, die selbst in größter Not zu einem stehen. Doch die Suche gestaltet sich schwierig.

In den ersten 20 Minuten des Films wird der Zuschauer dabei förmlich von der Action und Brutalität überrollt. Testosterongeladene Verfolgungsjagden und Kämpfe ebnen den Weg und lassen kein Auge trocken – im wahrsten Sinne. Das Drehbuch offenbart dabei allerlei innovative Ideen, greift auf eine breite Palette an Techniken und Mordinstrumenten zurück und weckt somit Erinnerungen an den Überraschungseffekt des ersten Teils. Egal ob zu Fuß oder zu Pferd; Mr. Wick ist wie der Terminator ohne Rüstung. Die monumentale Action wird standesgemäß in wahnsinnig schönen Kulissen eingefangen. Inszenierung, Farbgebung und Kameraeinstellungen sind allererster Güte und lassen Zweifel aufkeimen, ob die Optik und der Style dieses Jahr noch getoppt werden können.
Doch auch der härteste Killer braucht einmal eine Verschnaufpause, und die gönnt sich „John Wick: Chapter 3“ nach seinem Kaltstart. Unglücklicherweise wird der Betrachter aber nicht mit einem kurzen Luftholen konfrontiert, sondern mit einem zweiten Akt, der nahezu an der Belanglosigkeit kratzt. Nach dem wilden Auftakt soll die Story etabliert werden, allerdings wird die emotionale Bindung immer wieder im Kugelhagel erstickt. Nicht, dass die Szenen nicht allesamt perfekt choreographiert wären, aber wenn Charaktere sich schlagartig entgegen ihrer einstigen Natur verhalten und Hunde entgegen jeder logischen Gesetzmäßigkeit eine meterhohe Wand hochsprinten, ist das zwar unterhaltsam, will aber nicht in das aufgebaute Gesamtkonstrukt passen.
Da hilft es letztlich auch wenig, dass die Leistung von Keanu Reeves abermals überragend ist. Was dieser Mann mit 54 Jahren noch auf die Beine stellt (und von den Beinen holt) ist beachtlich und zeigt, dass handgemachte Action wirkungsvoller sein kann als die effektübersättigte Herangehensweise vergleichbarer Genrewerke. Es fehlt dem Film aber an ernstzunehmenden Antagonisten. Jeder andere Charakter erfährt keinerlei Entwicklung und bleibt weitestgehend blass. Mehr noch: Die Handlung wirkt noch affektierter als sonst und ordnet sich komplett der Daueraction unter. Das Verhalten der Charaktere wird in ihrer Logik unterbrochen um den Moment aufzubauschen, was ebenso schade wie unnötig ist.

Fazit:
Der Baba Yaga ist zurück. Und auch, wenn der schwarze Mann im tiefschwarzen Anzug nichts von seiner Stärke eingebüßt hat, fehlt es dem dritten Teil doch an Durchschlagskraft. Trotz ausufernder Gewalt und innovativer Gestaltung wirkt das Werk wie ein loses Bindeglied, das seinen Titel leider allzu wörtlich nimmt. „Para bellum“ lässt sich mit „Bereite den Krieg vor“ übersetzen, und genau das macht der Film ausschließlich. Hardcore-Fans der Reihe werden ihre helle Freude daran haben; nüchtern betrachtet ist Chapter 3 aber kein Volltreffer und schießt viel zu oft mit Platzpatronen.
Bewertung:
7 von 10 Punkten
Auch unser Kritiker Daniel Krunz konnte den Film schon vorab sehen, und war um einiges mehr angetan. Zum Vergleich könnt ihr seine Einschätzung HIER lesen.
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Bilder: ©Concorde Filmverleih