Albert Einstein sagte angeblich einst, dass es zwei Dinge gibt, die unendlich sind: das Universum und die menschliche Dummheit. Beim Universum sei er sich aber noch nicht sicher. Möglicherweise muss diese Weisheit anno 2021 ergänzt werden, denn auch im Internet gibt es scheinbar keine Grenzen mehr. Wo das World Wide Web anfangs noch der Informationsbeschaffung und -verbreitung diente, ist es heutzutage ein schier rechtsfreier Raum voller Abgründe, in dem alles möglich erscheint. Pornos, Waffen, Drogen; wer sucht, wird fündig.

von Cliff Brockerhoff

Ganz so dramatisch wie das nun klingt, ist die Lage aber nicht. Die Angebote für Sturmgewehre lauern nicht als Werbeanzeige vor dem nächsten Kätzchen-Video, und auch der angestrebte LSD-Trip lässt sich nicht einfach über Amazon ordern – sämtliche illegale Aktivitäten sind in das sogenannte und nicht ohne Mehraufwand zugängliche „Darknet“ ausgelagert, womit wir gegenwärtig auch thematisch bei „Silk Road – Gebieter des Darknets“, dem nun zu besprechenden Film, angekommen sind.

In diesem quält den jungen Ross seit jeher ein Missstand. Die Welt, die er sich vorstellt, weicht stark vom Status quo ab, insbesondere die Beschneidung der individuellen Freiheit ist ihm ein Dorn im Auge. Die staatliche Überwachung und Versteuerung von Käufen soll untergraben werden, und so entwickelt Ross in Eigenregie eine Plattform für Verkäufe illegaler Substanzen. Eigentlich war die sogenannte „Silk Road“ ausschließlich für den anonymisierten Erwerb und Verkauf von Marihuana, Ecstasy und Co. vorgesehen, doch die idealistische Idee von einst floriert schnell zum millionenschweren Konstrukt und wird somit auch zum Ziel von Polizei und FBI. Ärgster Gegenspieler des Freiheitskämpfers ist dabei der jüngst nach Drogeneskapaden degradierte Rick Bowden, den wiederum völlig andere Beweggründe antreiben.

So entwickelt sich im Zuge der Laufzeit ein wendungsreiches Katz- und Mausspiel, angelehnt an die wahren Ereignisse um Ross Ulbricht, den Mann, der im Alter von 27 Jahren den Marktplatz in Anlehnung an die legendäre Seidenstraße, die einst Zentral- und Ostasien miteinander verband, entwickelte. Sämtliche Komponenten der Geschehnisse werden dabei auf ein Minimum heruntergebrochen. Die stark vereinfachte Darstellung hilft beim Verständnis, wichtige Bausteine wie in etwa die Distribution oder Datenverschlüsselung werden allerdings großräumig umschifft. Auch die Bezahlung durch sogenannte Kryptowährungen – heutzutage den meisten zumindest ein Begriff – wird nur kurz angerissen und danach geflissentlich ignoriert. Vergleicht man „Silk Road“ mit den ähnlichen Stoffen wie den Serien „Mr. Robot“ oder auch „How to sell drugs online (fast)“, muss sich Tiller Russells Werk durchaus den Vorwurf gefallen lassen, dass inhaltlich lediglich zaghaft an der Oberfläche gekratzt wird.

Der Zuschauer wird mit einem Minimum an Hintergrundwissen abgespeist, kann dadurch aber auch leichter folgen. Möglicherweise gar ein bewusst gewählter Schachzug, denn selbst innerhalb des Films begegnen wir mit dem technisch eher unbegabten DEA-Agenten einer Reflektion der Zuschauerrolle. Da generell viele der Charaktere blass bleiben, weder Hintergrund noch Entwicklung erfahren und nur durch das Bild laufen um der eigentlichen Story imitiertes Leben einzuhauchen, ist die Rolle des abgehalfterten Drogenfahnders das unverkennbare Highlight. Seine Lebensumstände werden immer wieder angerissen, sodass seinem Handeln eine Nachvollziehbarkeit verliehen wird. Auch seine Entscheidungen sind aus logischer Perspektive nicht zwingend schlüssig, doch Aktion und Reaktion stehen in Verbindung und hieven Bowden in die Rolle des narrativen Fixpunktes, mit dem der Zuschauer mitfiebern kann. Hier steht er einmal mehr im krassen Kontrast zum porträtierten Darknet-Pionier, der in sich unschlüssig wirkt. Einerseits akribisch und vom intrinsischen Verlangen angetrieben, im nächsten Moment unsicher, naiv und überhaupt nicht in der Lage die sich aufbauende Krisensituation zu händeln.

Fazit

Irgendwo zwischen Familiendrama und Krimi positioniert sich „Silk Road – Gebieter des Darknets“ als durchaus unterhaltsamer und leicht bekömmlicher Ausflug in die Welt der Cyber-Kriminalität, dem es aber vor allem an inhaltlichem Tiefgang und einer differenzierten Gesamtbetrachtung mangelt. Trotz fast zweistündiger Laufzeit nie langweilig, in Gänze aber zu selten packend, sodass am Ende der Straße viele Eindrücke und ein fantastisch aufgelegter Jason Clarke aufwarten, der ganz große Mehrwert dennoch leider ausbleibt. Seit dem 15. April digital abrufbar, ab dem 23. April auf BluRay und DVD erhältlich – alle Infos dazu erfahrt ihr hier.

Bewertung

Bewertung: 6 von 10.

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Bilder: ©Ascot Elite Entertainment

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