Von manchen bezeichnet als das österreichische Pendant zu „The VVitch“: Regisseur Peter Hengl lässt sich für sein Spielfilmdebut von der Kulinarik inspirieren, wobei die Rezepte allerdings etwas anders ausfallen als bei Mamas guter, alter Hausmannkost. Mit viel Atmosphäre und einem cleveren Drehbuch zeigt er, dass das Horrorgenre auch in Österreich auf starken Beinen steht. “Family Dinner” ist ab morgen im Kino zu sehen.
Von Natascha Jurácsik
Simi (Nina Katlein) besucht ihre Tante Claudia (Pia Hierzegger), deren Mann Stefan (Michael Pink) und ihren etwas merkwürdigen Sohn Filipp (Alexander Sladek) außerhalb der Stadt, um sie zu bitten, ihr beim Abnehmen zu helfen. Doch schnell wird ihr klar, dass mit der kleinen Familie etwas nicht stimmt und die Ernährungsumstellung mehr beinhaltet als sie zunächst geahnt hat.
Wie die kurze Handlungs-Prämisse zu “Family Dinner” vermuten lässt, handelt es sich bei diesem Kammerspiel um keine spektakuläre Karussellfahrt voller Jump-Scares und Action-Szenen: Hengls Geschichte basiert auf dem langsamen, psychologischen Horror, der mit Regisseuren wie Robert Eggers und Ari Aster in den letzten Jahren immer populärer wurde. Der Fokus liegt auf der Stimmung und dem Spannungsaufbau, was beides vor allem durch eine düstere Optik, subtile Dialoge und einen hochstilisierten Soundtrack erreicht wird. Hengl hat seine Hausaufgaben offenbar gemacht, denn „Family Dinner“ erfüllt diese Bedingungen auf weitaus gelungenere Art, als es die meisten „Arthouse Horror“-Versuche meistern.
Die Interaktionen zwischen den einzelnen Figuren lassen auf den ersten Blick zwar nichts Ungewöhnliches vermuten, schaffen jedoch ein Gefühl der Beklemmung und des Befremdlichen, verlassen dabei den Rahmen des Realismus dennoch nicht. Die kleinen Alltagsituationen zu Beginn der Handlung dürften jedem, der ab und an bei seinen Verwandten zu Besuch ist, vertraut vorkommen. Sie nehmen mit der Zeit allerdings immer ominösere Züge an, bis man als Zuschauer verkrampft im Kinosessel dem Finale entgegenfiebert. Zugegeben wirkt der Film zwischendurch etwas monoton, verliert das Interesse des Publikums aber nie ganz, was auch der absolut ausreichenden Spielzeit von knapp 90 Minuten zu verdanken ist.
Auch optisch ist „Family Dinner“ gelungen, wenn auch hier eine gewisse Eintönigkeit herrscht. Doch mit subtiler Kameraführung, karger Ästhetik und teils auffallend guter Bildkomposition gibt es im Grunde trotzdem nicht viel am Visuellen zu bemängeln. Die musikalische Gestaltung passt ebenfalls sehr gut zum Gesamtwerk, könnte für manche Horrorfans eventuell aber zu minimalistisch sein.
Schauspielerisch fällt auf, dass sich alle Darsteller voll in ihre Rollen einbringen, wobei besonders Pia Hierzegger als Tante Claudia hervorragende Arbeit leistet. Die zahlreichen Proben vor den Dreharbeiten haben sich offenbar bezahlt gemacht, denn die Chemie zwischen den Charakteren stimmt.
Fazit
Horror aus Österreich – „Family Dinner“ trifft als langsamer, psychologischer Horrorthriller vielleicht nicht jeden Geschmack, glänzt jedoch mit Originalität, hervorragenden Dialogen und einer klaren Vision. Peter Hengls starkes Spielfilmdebut bringt den deutschsprachigen Horror wieder in den Vordergrund und ist trotz kleinerer Mängel sowohl für eingefleischte Genre-Fans, als auch für vorsichtigere Kinobesucher, die das Genre “Horror” sonst eher meiden, eine klare Empfehlung. Ab 26.1. im Kino.
Bewertung
(68/100)
-> Interview mit Regisseur & Darstellern
Bild: (c) Panda Filmverleih