Streaming ist mittlerweile nicht mehr als Film- und Serienmedium wegzudenken: Gab es vor etwa 100 Jahren nur das Kino, das Bewegtbilder lieferte, kam Mitte des 20. Jahrhunders das Fernsehen dazu. Während die 1980er via VHS-Kassetten ein zeit- und ortsunabhängiges Schauen ermöglichten, wurden diese in den 1990ern durch DVDs und später BluRays weitgehend ersetzt.

Videoplattformen wie Youtube gibt es schon seit vielen Jahren, die Idee eigener “Streaming-Plattformen” wie Netflix oder Amazon Prime Video, die Filme und Serien (teils exklusiv) anbieten, ist aber vergleichsweise neu. Technischer Fortschritt und immer schnellere Rechner und Internet-Übertragungsraten machten es möglich, auch umfangreichere Inhalte ortsunabhängig zu “streamen”. Der Nutzer ruft dabei einen Datensatz auf, der via Datenübertragung auf seinem Endgerät abgespielt wird. Zu unterscheiden ist das von Video-on-Demand Kaufinhalten, wo der Konsument einen Datensatz erwirbt und dieser dauerhaft in seinem Besitz verbleibt.

Während zu Beginn des “Streaming-Hypes” Netflix die unangefochtene Nummer 1 war, hat sich das Bild in den letzten Jahren diversifiziert und gewandelt, wie auch ein Rückblick auf das Streaming-Jahr 2022 zeigt. Zu Beginn hatte Netflix ein “Alleinstellungsmerkmal”, die Idee, Filme, aber vor allem Serien in einem Zug, zeit- und ortsunabhängig und ohne physisches Medium zu schauen, war neu. Das Abo bot zu einem günstigen Preis eine Menge durchaus hochwertiger Inhalte und vor allem das junge Publikum bevorzugte Streaming gegenüber dem bald als “altmodisch” geltenden Fernsehen.

Einige Jahre matchte sich Netflix mit Amazon Prime Video um den Platz an der Sonne, Ende 2019 kam Disney+ als weiterer Mitbewerber hinzu. Dann kam die Corona-Pandemie mit ihren Lockdowns und der Notwendigkeit, mehr Zeit in den eigenen vier Wänden zu verbringen – ein weiterer Beschleuniger der Streaming-Idee, der anhielt, denn die Verleihe wollten ihre Ware natürlich trotzdem unter die Leute bringen. Die Idee der “Heimkino-Premieren” war geboren, sie bringen seitdem Kinofilme oft kurz nach Kinostart (oder gar parallel dazu oder exklusiv) auf die heimischen Bildschirme.

Inzwischen haben auch fast alle großen traditionellen US-Filmverleihe ihren eigenen Streamingdienst: Bei uns neu gestartet ist kürzlich Paramount+. HBOMax beherbergt auch Warner Bros.-Inhalte. Hinzu kommen kleinere US-Streamingdienste wie Shudder oder Hulu, die bei uns allerdings (noch) nicht verfügbar sind – alle mit teils selbst produzierten Inhalten.

Für Film- und Serienfans wird die Lage damit immer komplexer und komplizierter: Neben Kino stehen Fernsehen, physische Medien (DVD, BluRay), digitale Medien (VOD) und schließlich das Streaming auf inzwischen mehreren Plattformen mit jeweils unterschiedlichen Inhalten zur Auswahl. Den Überblick über alle relevanten Neustarts zu behalten ist beinahe unmöglich geworden, der “Content-Overload” überfordert viele.

Der “Tod des Fernsehens”, das Ende der DVD oder des Kinos ist dennoch nicht absehbar. Vielmehr fächert sich der Markt auf – oder zersplittert, wenn man die Sache weniger positiv betrachten möchte. Unterschiedliche Angebote gibt es für unterschiedliche Zielgruppen, gleiche Inhalte sind je nach persönlicher Vorliebe auf verschiedene Arten zu konsumieren: Wer den Ortswechsel liebt, geht weiterhin ins Kino; wer die Programmauswahl anderen überlassen will, schaut fern; wer gerne sammelt und “etwas in der Hand hat” kauft DVDs oder BluRays; wem das zu viel Platz wegnimmt kauft VOD. Und wer gern die Qual der Wahl hat, auf Binge-Watching steht und jederzeit und überall vieles schauen möchte, der streamt.

Wie sich der Markt weiterentwickeln wird, ist schwer absehbar. Irgendwann wird der Expansionskurs der Filmverleihe und die Inflation der Streamingdienste ein Ende finden, der Wettbewerb wird Sieger und Verlierer hervorbringen, bis sich eine Handvoll an Services durchsetzet – ganz ähnlich der Zeit der Hochblüte Hollywoods, als 4, 5 große Verleihe das Geschehen bestimmten. Die heutigen Verleihe – nun Produzent und Vertrieb in einem – werden parallel zumindest 2 Märkte bespielen – den Kinobetrieb und ihre hauseigenen Streaming-Plattformen. Interessant zu beobachten wird sein, ob diese neuen (alten) Player ihre eigene Produktions-“Handschrift” entwickeln werden, also ob man irgendwann von “typischen” Netflix-, Prime-, Disney oder Paramount-Filmen und -Serien sprechen wird, die jeweils unterschiedliche Schwerpunkte setzen und Zielgruppen ansprechen: Es bleibt jedenfalls eine spannende Zeit für alle Freunde des Bewegtbildes und des visuellen Erzählens. (ck)

Titelbild: openverse

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