Fantasy-Serien sind derzeit überaus beliebt und sichern Streaming-Plattformen Publikum. Nachdem Amazon Prime mit „Die Ringe der Macht“ mehrfach Kritik erntete, versucht sich der Anbieter nun mit einer deutschen Produktion – basierend auf dem gleichnamigen Roman von Wolfgang Hohlbein gesellt sich nun „Der Greif“ zu den zahlreichen, vor allem an junge Leute gerichteten Abenteuerserien der letzten Jahre.
Von Natascha Jurácsik
Mark hätte am liebsten eine stinknormale Familie. Stattdessen konfrontiert ihn sein älterer Bruder Thomas mit einer Aufgabe, die ihnen von ihrem Vater hinterlassen wurde und mit der mysteriösen Welt des Schwarzen Turmes zusammenhängt. Zunächst schließt sich der Teenager seiner Mutter in der Meinung an, dass es sich hierbei um eine vererbte Wahnvorstellung handle, doch nach und nach muss er feststellen, dass doch mehr Wahrheit hinter der Geschichte steckt, als gedacht.
Die erste Folge von “Der Greif” beginnt mit einem starken Opening, das den Zuschauer gleich mitreißt und Sympathie für die Hauptfiguren weckt. Die Handlung ist gelungen aufgebaut und entwickelt in den ersten beiden Teilen einen Rhythmus, der den Fluss der Geschichte sehr zugänglich macht: Es wird genügend Information geteilt, um Spannung aufzubauen, ohne das Publikum zu überfordern und zwischen den Schlüsselszenen, die den Plot vorantreiben, werden einzelne Momente gezeigt, durch die man die Charaktere näher kennenlernt, wodurch bereits früh eine Identifikation mit ihnen gelingt. Hierbei hilft auch der Dialog, der zwar nicht gerade bahnbrechend, aber auch keineswegs schlecht ist. Somit wirkt das Drehbuch zunächst stark, hält sich allerdings doch etwas zu sehr an die altbekannten Konventionen vergleichbarer Serien mit dem Fokus auf Teenager. Es funktioniert zwar, ist jedoch recht schematisch und könnte daher schnell zu vorhersehbar und langweilig werden.
Auch die Darsteller leisten passable Arbeit, wobei besonders Lea Drinda als Becky positiv hervorsticht, aber Jeremias Meyer (Mark) und Theo Trebs (Thomas) verkörpern ihre Rollen ebenfalls recht gut. Ein bisschen hölzern ist das Schauspiel allerdings dennoch, vor allem bei den Nebenfiguren – ob dies nun allein an den Schauspielern liegt, ist möglich, aber unwahrscheinlich, da das formelhafte Skript definitiv zu diesem Effekt beisteuert. In dieser Kombination erinnert „Der Greif“ dann doch hin und wieder an eine Produktion, die man eher auf dem Sender KIKA antreffen würde.
Was einen diesen Gedanken allerdings wieder verwerfen lässt sind die Effekte: Überraschend blutig für ein Projekt, das auf den ersten Blick an Kinder gerichtet ist und ausgestattet mit geglückten praktischen Effekten und Makeup, ist der neue Prime-Beitrag optisch ansehnlich und verheißungsvoll. Doch auch hier und beim Set-Design hätte man sich ruhig etwas weiter außerhalb des gewohnten Rahmens bewegen können, um der Fantasiewelt einen ganz eigenen Look zu verleihen.
Abgesehen vom Visuellen ist vor allem der Soundtrack von “Der Greif” interessant, der als Mischung aus einer rockig angelegten Playlist der 1990er und atmosphärischer Originalkomposition Großteils für die Stimmung verantwortlich ist. Die ausgewählten Lieder bieten einen klaren Einblick in Marks Persönlichkeit, eine sofortige Verbindung mit Becky und könnten für den einen oder anderen Zuschauer einen kleinen Nostalgietrip bedeuten. Die Hintergrundmusik ist ebenfalls alles andere als unpassend, doch auch hier fehlt ein gewisses Maß an Kreativität.
Fazit
Die ersten beiden Folgen lassen bislang vor allem eines vermuten: guten Durchschnitt. „Der Greif“ zeigt zu Beginn ein gelungenes Drehbuch, überraschend aufregende Effekte und sympathische Charaktere, die sich in ein fantastisches Abenteuer stürzen. Trotz all dieser positiven Aspekte offenbart sich bereits früh ein gewisser Mangel an Originalität, wodurch die Serie sehr leicht neben ähnlichen, aber doch besseren Shows wie „Stranger Things“ oder sogar „Wednesday“ untergehen wird. Wer sich aber leichte Fantasy-Kost wünscht, könnte mit dieser Hohlbein-Adaption durchaus zufrieden sein.
Bewertung (Folgen 1+2)
(59/100)
(Diese Kritik bezieht sich auf die ersten beiden Folgen von “Der Greif”)
Bild: (c) Gordon Timpen, SMPSP/Amazon/ W&B
Es ist Hphlbein. Da darf man nicht wirklich Hochtrabendes erwarten…
Allemal wesentlich besser als der ZDF-Versuch von “Der Sturm”!