Maddie ist dem allgemeinen Sprachgebrauch nach wohl das, was am Ehesten als „beziehungsunfähig“ bezeichnet werden kann. Diverse Liebschaften sind im Sande verlaufen oder schlicht daran gescheitert, dass die junge Frau sich nicht binden will und stattdessen lieber nach etwas sucht, das sie selbst nicht genau benennen kann. Als sich zu der gewissen Ziellosigkeit auch noch eine Geldnot gesellt, muss die Blondine kreativ werden und stößt auf ein absurdes Angebot: Reiche Eltern bieten derjenigen ein kostenloses Auto an, die ihren 19jährigen Sohn auf das College vorbereitet – allerdings nicht intellektuell, sondern vorzugsweise sexuell…

von Cliff Lina

Der angesprochene Spross hört auf den Namen Percy und interessiert sich eher für die Formen seines Controllers als für die einer Frau. Alkohol ist dem jungen Erwachsenen ebenso ein Fremdbegriff wie soziale Kontakte, die sich bei ihm allesamt in der virtuellen Welt abspielen. Dementsprechend holprig verläuft auch das inszenierte Kennenlernen mit Maddie, die ihm bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit auf die Pelle rückt. Schon da wird ersichtlich in welche Richtung Regisseur Gene Stupnitsky mit seinem Werk steuert: der komödiantische Faktor steht klar im Vordergrund, immer wieder umspielt von einem Hauch Fremdscham, dem sich die Geschichte auch gar nicht entziehen möchte. Ganz frei nach dem Motto „Pretty. Awkward.“, das plakativ auf dem Filmposter prangt.

Die Scham begründet sich gar nicht mal nur damit, dass Maddie nicht die begnadetste Verführerin oder das Angebot von Percys Eltern moralisch fragwürdig ist, sondern eher damit, dass wir schon früh von ihren Lebensumständen erfahren und wissen, dass ihr Leben sich bereits in einer anderen Phase abspielen müsste. Mittels gut akzentuierter Situationskomik, schemenhaft aber ausreichend vorgestellten Charakteren und vereinzelt ernsten Szenen schafft es „No Hard Feelings“ aber erstaunlich schnell uns Zugang zu den Protagonisten zu verschaffen, die von einem Unglück ins Nächste schlittern, gleichzeitig aber auch zueinander finden, sodass sich aus der anfänglich erzwungenen Situation ein immer natürlicheres Miteinander ergibt, das sowohl der unerfahrene Andrew Barth Feldman als auch Jennifer Lawrence gekonnt mit Leben füllen. Insbesondere die Oscarpreisträgerin beweist, dass sie auch noch in seichten Mainstream Produktionen abliefert und beweist vollen Körpereinsatz, auch wenn das offensichtliche CGI Körperdouble wenig Preise einheimsen wird.

Wer nun Befürchtungen hat, dass der Film einem hundert Minuten lang plumpe Witze und pubertäre Wortspiele um die Ohren haut, kann aber beruhigt werden. „No Hard Feelings“ vollführt im Mittelteil eine erwartbare, jedoch authentische Wendung, die einen zweifeln lässt welche der Figuren nun eigentlich die Hilfe der anderen benötigt. Der Versuch dem Film einen seriösen Anstrich zu verpassen gelingt, wenn auch nicht vollumfänglich. Dazu sind manche Szenen dann doch zu übertrieben, manche Charaktere zu austauschbar und manche Entwicklung zu nah am Genreklischee. Wer in der Lage ist darüber hinwegzusehen, erlebt aber eine kurzweilige Mischung, die sich irgendwo zwischen Lawrence letztem Werk „Causeway“ und den typischen coming-of-age Stories der Neuzeit einordnet und ihrer Zuschauerschaft ein zwangloses Sehvergnügen bereitet. Einzig der Wiederschauwert beläuft sich auf ein Minimum, da die bereits erwähnten Twists schon vorab erahnbar sind und die komödiantischen Szenen bei der Zweitsichtung auch deutlich weniger zünden werden.

Fazit

Treffen sich zwei Außenseiter nackt am Strand: “No Hard Feelings” porträtiert das Erwachsenwerden in zwei verschiedenen Stadien und ist ein kurzweiliger Film geworden, der von der Chemie seiner Figuren profitiert. Die Geschichte dahinter ist größtenteils humorvoll, teilweise romantisch und jederzeit charmant inszeniert – verliert sich am Ende aber leider auch in der etwas zahnlosen Pointe, die sich zu sehr an den Konventionen des RomCom Genres orientiert statt bis zum Schluss auf seiner erfrischenden Welle zu surfen.

Bewertung

Bewertung: 7 von 10.

(67/100)

Bilder: ©2023 CTMG / Sony Pictures

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