Safeknacker Red musste 2 Jahre wegen eines Bankraubs im Kittchen verbringen. Nun darf er endlich zurück in die Freiheit – und damit zurück zu seiner geliebten Frau Chloe und seiner Tochter. In der Freiheit wartet allerdings auch Gefahr auf den scheinbar Geläuterten: Zum einen durch seinen Bewährungshelfer, der gefühlt an jeder Ecke lauert, um nach dem Rechten zu sehen und nur darauf wartet, bis Red einen Fehler begeht und gegen Auflagen verstößt, die ihn sogleich wieder ins Gefängnis bringen könnten. Zum anderen wartet dort auch der psychopathische Killer Luc, ein erbarmungsloser Mobster, der alles und jeden um die Ecke bringt, das/der sich ihm in den Weg stellt. Der sinnt auf Rache für den Tod seines Bruders, für den er Red verantwortlich macht. Als er auf einer Vernissage von Chloe auftaucht, eskaliert die Lage völlig und Red findet sich inmitten roter Blutfontänen wieder. Obwohl er der Gewalt abgeschworen hat, bleibt ihm nun nichts anderes übrig, als einzuschreiten: Es geht um das Überleben seiner Familie.
von Christian Klosz
Regisseur Roger Avary war zu Beginn seiner Hollywood-Karriere der kongeniale Partner von Quentin Tarantino: Gemeinsam verfassten sie unter anderem das Skript zu “Pulp Fiction”, ein Oscar winkte, bevor man sich zerstritt und getrennte Wege ging. Mit “Rules of Attraction” sorgte Avary selbst für einen Filmerfolg, bevor er vor einigen Jahren wegen eines durch ihn verursachten, schweren Autounfalls ins Gefängnis musst.
Sein neuester Film “Lucky Day” erschien bereits 2019 in den US-Kinos, floppte dort und erhielt miserable Kritiken. Nun bringt Busch Media, angesichts der auch wegen Streiks und anderer Krisen immer knapper werdenden Filmware, das Werk mit 4 Jahren Verspätung in die deutschen Kinos Kinos. Meisterwerk ist das Resultat keines, aber “Lucky Day” entpuppt sich als kurzweiliges, recht unterhaltsames Actionkino mit witzigen Drehbuchideen, Gimmicks, gut geschriebenen Dialogen und jeder Menge schwarzem Humor.
Das Highlight des Films ist eindeutig Crispin Glover als Psycho-Killer Luc, der den Entertainment-Faktor jedes Mal nach oben schraubt, wenn er den Mund öffnet. Denn Avary, auch Drehbuchautor, legte ihm einen völlig überzogenen und dick aufgetragenen französischen Akzent in den Mund, der vermutlich nicht nur zufällig an Tarantinos Figuren Hans Landa oder Calvin Candie erinnert, beides frankophile Bösewichte. Luc soll übrigens trotz seines Akzents gar kein Franzose sein, sondern nur glauben, er wäre einer, seitdem sein Bruder ermordet wurde und es bei ihm irgendwo “knacks” gemacht haben soll, wie uns ein Nebendialog verrät.

Ein weiterer, durchaus interessanter Einfall ist der Clash zwischen Low Life und High Class, zwischen Gangster-Ethos und Hautevolee: Reds Gattin Chloe ist französische Künstlerin und unterwegs in der teils aberwitzigen Art-Subkultur mit ihren absurden Codes. Red trieb sich früher in der halbseidenen Gangster-Unterwelt herum und konnte/wollte diesen Habitus nie ganz ablegen. Das evoziert manch spannenden Culture Clash, als etwa affektierte Kunstkritiker auf einer Vernissage die Werke von Chloe in blumiger Sprache verreißen, worauf Red mit Androhung von plumper, körperlicher Gewalt antwortet. Trotzdem erscheint der Protagonist nie primitiv oder unsympathisch, im Gegenteil: Vielmehr geben er und seine Frau inklusive an der französischen US-Privatschule erzogener Tochter eine schräge, widersprüchliche, aber liebenswerte Outsider-Familie ab.
“Lucky Day” wirkt insgesamt aus der Zeit gefallen, und das nicht nur, weil er bereits 4 Jahre alt ist: Auch damals hätte man den Plot, die Themen, die Figuren, die Machart als anachronistisch bezeichnen müssen. Der Film würde besser in die 90er oder frühen 00er Jahre passen mit seiner straighten Erzählweise und seiner Sympathie für gutherzige Outlaws und Antihelden. Auch die Inszenierung, insbesondere die recht unterhaltsamen und blutigen Schießereien und Kampfszenen, passen besser in ein anderes Jahrzehnt. Und erinnern erneut eindeutig an Tarantino.
Schließlich kann man “Lucky Day” wenig Substanzielles vorwerfen: Der Film ist das, was er sein will, und macht das, was er sich augenscheinlich vorgenommen hat, recht solide. Eine höhere Wertung verhindert, dass sich die Dialoge in machen Sequenzen im Nichts verlaufen, dass den Szenen ohne “Luc” manchmal die Spannung fehlt. Und dass der Film als Gesamtes manchmal etwas unrund und holprig wirkt, was mit seinem doch eindeutigen Eklektizismus zusammenhängen mag. Die US-Kritiker-Verrisse aus 2019 sind aber dennoch absolut nicht nachvollziehbar.
Fazit
Kurzweiliger, amüsanter und mit witzigen Dialogen gespickter Actionfilm ohne gröbere Schwächen, dafür voller Ironie und schwarzem Humor, der vor allem Freunde des 90er-Kinos gut unterhalten dürfte. Und Fans von Quentin Tarantino.
Bewertung
(58/100)
Ab 14.9. in ausgewählten deutschen Kinos.
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Bilder: (c) Busch Media