Ab 7.3. auf DVD und BluRay, bereits jetzt als VOD verfügbar

In Zeiten, in denen die gesellschaftliche Verrohung stetig zunimmt und in der die Fraktion der “Das wird man doch noch sagen dürfen”-Skandierer neue Begriffe wie Remigration lernt oder in der politische Gegner in Strafkolonien den Tod finden, ist es die oberste Aufgabe der Kunst, hier den Finger in die Wunde zu legen und auf das hinzuweisen, was unweigerlich droht, wenn der betretene Weg bis zum Ende gegangen wird.

von Richard Potrykus

Alle Mittel und Stile müssen verwendet werden, um den Fokus auf das Böse zu legen, damit die Menschlichkeit nicht untergeht. “Ich werde dich finden” ist ein US-amerikanischer Liebesfilm aus 2019, der jetzt bei uns auf Blu-Ray und als VOD erscheint und die Geschichte von Rachel Rubin (Adelaide Clemens) und Robert Pulaski (Leo Suter) erzählt. Regie führte Martha Coolidge.

Die Handlung spielt in Polen, genauer gesagt in Lodz, und beginnt im Jahr 1939. Robert und Rachel kennen sich seit der Kindheit und obwohl es schon vor dem Nationalsozialismus und dem Dritten Reich ein Spannungsverhältnis bedeutete, dass Robert katholisch ist und Rachel Jüdin, so hielt sich diese Spannung stets im Hintergrund und ermöglichte doch, dass sich die beiden mit den Jahren näher kamen.

In Rückblenden wird die Kindheit der beiden gezeigt und es wird eine weihnachtliche und damit christlich motivierte Tradition gezeigt, nach der man sich bei einer Person, der man Unrecht angetan hat, zu entschuldigen hat. Es ist genau diese Tradition, die das Eis zwischen Robert und Rachel brechen lässt und die ermöglicht, die unverständlichen und sinnlos irrationalen Vorurteile zu überwinden.

Wieder in der Gegenwart der späten 1930er Jahre müssen sich Robert und Rachel im Geheimen treffen, da die Eltern die Verbindung nicht akzeptieren. Währenddessen ist der Zweite Weltkrieg bereits in vollem Gange und mit ihm der Holocaust. Um sich vor der Deportation zu schützen, versteckt sich die Familie Rubin in einem geheimen Raum, wird dort aber gefunden, nachdem dieser Raum verhängnisvoller Weise einem vertrauensvoll erscheinenden Deutschen gezeigt wird. Robert kann die Verschleppung nur hilflos mit ansehen, will aber um die geliebte Rachel kämpfen. In der Folge versucht Robert immer wieder herauszufinden, wie es um Rachel steht, wo sie ist und welche Möglichkeit es geben kann, sie aus dem Konzentrationslager zu befreien.

Robert und Rachel sind Künstler. Robert ist Opernsänger, Rachel spielt Violine und beide besuchten sie in Lodz ein Konservatorium. Ursprünglich sollte das Gelernte den beiden helfen, einst in der Carnegie Hall in New York aufzutreten. Nun muss Rachel ihr Talent nutzen, um zu überleben, und Robert muss seine Kontakte in der Szene nutzen, um Rachel zu befreien.

Um es kurz zu machen, ist „Ich werde dich finden“ kein zweiter “Schindlers Liste” (1993). Der Charakter einer Romanze zieht sich von vorne bis hinten durch den Film und auch formalästhetisch ist er gewöhnungsbedürftig. Er vermittelt den Eindruck eines Rosamunde Pichler / Nazi Crossovers und es fällt schwer, sich auf den Film einzulassen, ohne daran zu denken, dass in der nächsten Szene eine Teegesellschaft auf einem englischen Landgut gegeben wird. Entsprechend blass ist die Figurenzeichnung.

Dennoch, und das knüpft an die einleitende Forderung an, nimmt der Film sich und damit die Situation in der Erzählung ernst. Dabei spielt „Ich werde dich finden“ mit dem Vorwissen des Publikums. Im Vorübergehen wird noch im ersten Drittel des Films ein Berufsverbot für Juden erwähnt, gibt es im Kino Auszüge aus der Wochenschau, in der von der Eroberung der Tschechoslowakei berichtet wird. An anderer Stelle wird auf München verwiesen, wo die Situation schlimm sei. “Nazis überall”.

Vieles wird erwähnt, aber nicht kommentiert und so erhält die Romanze schnell einen Beigeschmack, wird es dem Publikum immer schwerer gemacht, den Film zu schauen, ohne dass sich in den Köpfen Ahnungen ausbreiten von schrecklichen Dingen, die noch geschehen können und wohl auch werden. Ebenso prominent wie die Vorstellungen in den Köpfen des Publikums sind auch die Konzentrationslager. Auschwitz und Bergen-Belsen werden namentlich genannt, auch ist von Todesmärschen die Rede. Kultur wird pervertiert.

Um in Rachels Nähe zu sein, wird ein Konzert im Konzentrationslager Auschwitz organisiert. Menschenverachtend wird über die Jüdinnen, die im Lagerorchester spielen, gesprochen. Auf die Frage, wo die Musikerinnen wären, antwortet der Lagerkommandant Josef Kramer (Jacek Braciak): „Wo immer ich sie haben will.” Das Konzert im Lager wird zur Tortur, sowohl für die Figuren als auch für das Publikum. Die Schönheit klassischer Opernarien wird Teil eines Überlebenskampfes, denn wenn die Jüdinnen nicht mehr (schön) spielen können, entfällt auch die Verwendung für die Menschen.

Neben den Hauptfiguren finden sich durchaus namhafte Schauspieler*innen im Cast. So wird der Opernstar Benno Moser (Stellan Skarsgard) zu Roberts wichtigsten Verbündeten, der wiederum auf die Hilfe von General Huber (Stephen Dorff) angewiesen ist. Wer die beiden sind und was sie genau antreibt wird nicht geschildert – wie bereits erwähnt, ist die Figurenzeichnung sehr dünn. Andererseits ist es in schwierigen Zeiten unwichtig, woher man kommt oder warum man etwas macht. Was zählt, ist was man macht.

Fazit

“Ich werde dich finden” ist ein Film, der vor schmachtender Romantik nur zu trieft. Stellenweise wirken Szenen lediglich aneinandergereiht, es fehlt an Konsequenz. Der Film beginnt 1939 in Polen und endet 1945 in New York. Dazwischen gibt es Rückblenden in die Zeit vor dem Dritten Reich und Versatzstücke aus den Prozessen rund um die Flucht nach Amerika. Das Ende zieht sich unnötig in die Länge und man kann sich hier und da fragen, warum es so und nicht anders inszeniert wurde. Viele Figuren tauchen auf und verschwinden dann wieder. Da der Film vorrangig aus Roberts Sicht erzählt wird, erscheint das in Teilen logisch. Ähnlich wie bei “Forrest Gump” (1995) oder “12 Years a Slave” (2013) begegnet die Figur anderen Charakteren, die dann für eine gewisse Zeit eine Rolle spielen, die danach aber nicht mehr auftauchen.

Dennoch ist der Film sehenswert und gerade in der heutigen Zeit von Bedeutung. Die Mehrheit schweigt, während sich menschenverachtender Terror ausbreiten und in industriellen Maßstäben wirken kann und politische Gegner kurzer Hand aus dem Weg geschafft werden.

Wertung

Bewertung: 7 von 10.

(71/100)

Bild: (c) Tiberius Film GmbH