Der neue Film von Peter Farrelly („Green Book“) ist seit 7.3. auf Amazon Prime Video zu streamen.

von Christian Klosz

Wie es passieren konnte, dass Oscar-Gewinner „Green Book“, eine feinfühlige Geschichte über einen gebildeten, kulturvierten (und vermutlich homosexuellen) Afro-Amerikaner und einen ungebildeten, rüpelhaften und tendenziell rassistischen (weißen) Italo-Amerikaner, die Anfang der 1960-er gemeinsam durch die USA reisen und eine unerwartete Freundschaft entwickeln, im Nachhinein als reaktionäres „Problemwerk“ geframed wurde, wird für immer ein Rätsel bleiben. Umso mehr, da die Kernbotschaft des Film die Überwindung von Rassismus ist und die Figurenkonstellation die Vorzeichen von typischen white saviour-Erzählungen (schwarz: arm, ungebildet, unkultiviert; weiß: das überlegene Gegenteil) umkehrt. Es mag mit dem Zeitgeist im Trump-Amerika anno 2018 zu tun gehabt haben, dem nicht nach Versöhnung war, auf keiner Seite.

Jedenfalls ging in dem unnötigen Trubel unter, dass Regisseur Peter Farrelly mit seinem Film eine „Neuerfindung“ gelungen war: Der zuvor stets mit seinem Bruder Bob inszenatorisch Tätige war bis dahin in erster Linie für politisch unkorrekte Komödien wie „Dumm und Dümmer“ oder „Verrückt nach Mary“ bekannt gewesen, die den schlechtem Geschmack erfolgreich zur Prämisse des Humors erhoben.

Mit „The Greatest Beer Run Ever“ auf AppleTV+ legte er 2022 einen mit seiner tragikkomischen, gesellschaftspolitischen Ausrichtung „Green Book“ nicht unähnlichen Film nach, ohne qualitativ ganz daran anschließen zu können. Nun kehrt Farrelly – erneut als Soloregisseur (sein Bruder Bob brachte zuletzt „Champions“ heraus) – mit der Komödie „Ricky Stanicky“ in bekannte Gefilde zurück. Und beweist, dass er sein komisches Talent nicht verloren hat.

Der Film handelt von den 3 Kumpels Dean, JT und Wes (Zac Efron, Andrew Santino, Jermaine Fowler), die als Kids einen fiktiven Freund namens „Ricky Stanicky“ erfanden, der für all ihre Missetaten verantwortlich gemacht wurde. Später musste er als Ausrede herhalten, wenn sich die 3 vor lästigen Verpflichtungen des Erwachsenenlebens drücken wollten. Als der Schwindel aufzufliegen droht, engagieren sie den heruntergekommenen Schauspieler und Song-Imitator Rod (John Cena), der für einen Tag zu Ricky Stanicky werden soll. Doch der findet Gefallen an seiner neuen Identität, die er gar nicht mehr ablegen will. Was erwartungsgemäß zu reichlich Komplikationen im Leben von Dean, JT und Wes führt.

Zu Beginn hat „Ricky Stanicky“ sichtlich Schwierigkeiten, das richtige Tempo und den richtigen Zugang zu finden. Die Bildgebung und Optik fällt durch Unterdurchschnittlichkeit auf und man fragt sich, welche Richtung der Film einschlagen will. Spätestens mit dem ersten Auftritt John Cenas kriegt Farrellys neues Werk allerdings die Kurve und entwickelt sich zu einer liebenswerten Mischung als albernem Klamauk und gut geschriebener Komödie mit emotionalem Kern.

Das absolute Highlight ist John Cena, der hier fraglos die Performance seines Lebens abliefert. Derartige Wandlungsfähigkeit, Ausdrucksstärke, aber auch komödiantisches Talent hätte man dem Ex-Wrestler kaum zugetraut.

Ricky Stanicky

Das zweite Asset von „Ricky Stanicky“ ist der typische Farrelly-Humor, der es immer wieder schafft, politisch unkorrekte, schlechte Witze mit einer seltsamen Herzlichkeit zu verbinden. Fans der Farrellys werden auch hier auf ihre Kosten kommen. All jene, die damit bisher nichts anfangen konnten, werden auch diesmal nicht glücklich werden.

Was man von „Ricky Stanicky“ nicht erwarten darf: Ein klassisches Drama. Aber auch keine sensible Tragikkomödie wie „Green Book“. Sehr wohl aber eine gut geschriebene, kurzweilige und sehr unterhaltsame Komödie, unter deren rauer, manchmal banal wirkender Schale sich unerwartete emotionale Tiefe und eine gar nicht so blöde Message verbirgt.

Fazit

Wer Filme wie „Verrückt nach Mary“ oder „Dumm und Dümmer“ mochte, wird sich auch von „Ricky Stanicky“ gut unterhalten fühlen. Zwangloser Humor, ein cleveres Drehbuch und ein großartiger John Cena machen den Film sehenswert.

Wertung

Bewertung: 8 von 10.

(77/100)

Bilder: (c) Ben King/ Amazon Prime