Der von Apple produzierte „F1 – Der Film“ sollte der nächste Sommer-Blockbuster werden, blieb aber hinter den Erwartungen zurück. Der Sportfilm setzt auf handgemachte Action mit echten Rennautos und auf Starpower in Person von Brad Pitt (Interview). Der spielt einen alternden Formel 1-Fahrer, der seine beste Zeit hinter sich hat, aber eine neue, vermutlich letzte Chance bekommt. Kann „F1 – Der Film“ von Regisseur Joseph Kosinski an den Erfolg seines Vorgängers „Top Gun: Maverick“ (Kritik) anschließen? Ab 12.12.2025 ist das Ergebnis endlich auch auf AppleTV+ zu sehen.
von Pascal Ehrlich
„F1 – Der Film“ jetzt auch auf AppleTV+
Die besten Sportfilme handeln stets von einem Underdog – Individuum oder Kollektiv – der sich über alle Widrigkeiten – Rassismus, Klassismus etc. hinwegsetzt und trotz seines Amateurstatus das Unmögliche möglich macht. Der Sportfilm verkörpert die utopische Alternative in einer Zeit des Capitalist Realism, in der andauernd die neoliberale Parole der Alternativlosigkeit gepredigt wird.
Auch „F1 – Der Film“ (2025) möchte dem Publikum die Underdog-Story verkaufen, nicht nur in der Person von Brad Pitt, der Sonny Hayes (sunny haze – sonnig und trotzdem irgendwie undurchsichtig, get it?) spielt, einen ehemaligen Shooting-Star der Formel1, der aufgrund seiner Arroganz einen Unfall baut, dabei schwer verletzt wird und seitdem nie wieder für die Formel1 gefahren ist. Sondern auch anhand des Rennstalls APEXGP, für den Sonny fahren soll und der von allen anderen Teams als unterlegen angesehen wird. Ruben Cervantes (Javier Bardem), ein ehemaliger Rennfahr-Kollege von Hayes und Besitzer von APEXGP, steht aufgrund der schlechten Ergebnisse mit dem Rücken zur Wand, setzt deshalb alles auf eine Karte – und versucht Sonny für seinen Rennstall zu gewinnen.

„F1“ baut auf eine konventionelle Underdog-Story
Es entspinnt sich dann ein konventionelles Drama, bei dem „the old dog“ dem „jungen Rookie“ tatsächlich noch ein paar Tricks beibringen kann und die beiden schlussendlich lernen müssen, gemeinsam zu arbeiten, um das Team zu retten. Natürlich schaffen sie zum Schluss das Wunder – es ist jedoch schwierig, Sympathien für einen „Underdog“ zu empfinden, zu dessen größten Sponsoren die Luxusuhrenmarke IWC, EA Sports und Expensify gehören. Wenn Javier Bardem Angst hat, sein Investment von 350 Millionen zu verlieren, muss man sich die Frage stellen, ob hier tatsächlich eine Underdog-Story erzählt wird oder das Publikum lediglich mit „Peak Capitalism“ zugedröhnt wird.
In seinen besten Phasen schafft es „F1“, die Formel 1 als tatsächlichen Teamsport darzustellen. Natürlich stehen Brad Pitt und Damson Idris, der als Joshua Pearce den Rookie-Rennfahrer spielt, im Mittelpunkt, aber im Moment des finalen Sieges steht das Kollektiv über allen. Es sind die KonstrukteurInnen, die TechnikerInnen und MechanikerInnen, denen man den Sieg tatsächlich vergönnt. Doch dieser kurze Moment des kollektiven Wunders reicht nicht aus.
Ein schamloser Werbefilm für die Formel 1
Regisseur Joseph Kosinski bringt nach „Top Gun: Maverick“ schamlos einen weiteren Werbefilm auf die Leinwand (und später auf die AppleTV-Streaming-Bildschirme), nur ist die Marke dieses Mal nicht das US-amerikanische Militär, sondern die Formel 1. Getoppt wird diese Fusion aus der Marken-Hölle nur noch von der Tatsache, dass der Konzern Apple die Rechte an „F1 – Der Film“ besitzt. Sportfilme sowie generell der Profisport haben heutzutage ihr utopisches Element verloren, das vollkommen untergangen ist in einem kapitalistischen Optimierungszwang.
„F1“ ist also kein wirklicher Sportfilm. Worum handelt es sich dann? Die Anleihen an den Western stechen als erstes ins Auge. Brad Pitt alias Sonny Hayes ist der alte Revolverheld, der in seine alte Stadt zurückkehrt, dort nach dem Rechten sieht und dann wieder in den Sonnenuntergang verschwindet. Das Auto wird dabei zur Weiterentwicklung des Pferdes.
Darüber hinaus arbeitet Hayes, wie der klassische Westernheld, außerhalb des Gesetzes, als Extra-Legaler. Um dem hoffnungslos unterlegenen Team zum Sieg zu verhelfen, greift er auf halblegale Aktionen zurück, um seinem Teamkollegen und sich selbst einen Vorteil gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Das Ausreizen der Regeln bis zum Punkt, an dem man auch schon von Betrug sprechen könnte, widerspricht nicht nur dem Sportfilm, dessen Erfolge auf tatsächlich harter Arbeit basieren, sondern auch dem Western, dessen Held sich zwar nicht an die Regeln der Zivilisation hält, jedoch nicht auf Tricks zurückgreift, um den Gegner zu besiegen.
Sport ist Krieg mit anderen Mitteln
Auffällig ist, wie oft sich „F1“ an eine martialische bzw. militärische Ästhetik anbiedert. Zwischen Krieg und Sport herrschen einige Parallelen: Taktiken, Strategien, Gegner, Defensive und Offensive – alles Begriffe, die der Sport aus der Kriegsführung übernommen hat. Die direkte Verbindung zwischen Krieg und Formel 1 wird im Film selbst benannt, da Kerry Condon, die die technische Direktorin Kate McKenna spielt, zuerst beim Rüstungskonzern Lockheed Martin gearbeitet hat. Der Wechsel von Krieg zu Sport scheint ein logischer zu sein.
Theoretische Parallelen könnte man in der italienischen Avantgarde-Strömung des Futurismus finden: Dessen Begründer, der Schriftsteller und spätere faschistische Politiker Filippo Tommaso Marinetti, war fasziniert vom Auto und dessen Geschwindigkeit. Die brachiale Kraft des Autos ist kein bloßes Instrument, sondern transformiert Landschaften, Geräusche und Körper. „F1 – Der Film“ ist auch voller Bewunderung für die aus dem Boden gestampften Rennstrecken, die wie Ungeheuer sich über die Landschaften legen und alles im Umkreis unter sich begraben.
Begraben wird auch das Publikum unter dem ohrenbetäubenden Lärm des Hans-Zimmer-Soundtracks, der selbst die banalsten Momente episch unterlegen muss. Die Futuristen plädieren für eine Verschmelzung von Mensch und Maschine. Dieser Transhumanismus manifestiert sich auch in „F1“, in der letzten Runde des letzten Rennens, indem das Publikum nicht, wie sonst, den Blick Brad Pitts aus dem Cockpit einnimmt, sondern plötzlich mit dem Blickwinkel des Autos konfrontiert wird. Publikum und Maschine fallen zusammen und daraus entsteht eine hybride Form, die das Menschliche zurücklässt.

„F1 – Der Film“ ist zugleich fortschrittsfeindlich und technikverliebt
Für den französischen Philosophen Paul Virilio sind Film, Krieg und Geschwindigkeit unzertrennlich miteinander verbunden. Krieg und Film setzen im Grunde genommen auf eine Logistik der Wahrnehmung. Das Objekt rückt in den Hintergrund und das Visuelle wird in den Fokus gerückt. In „F1 – Der Film“ wird ganz nach Virilio der permanente Kriegszustand zelebriert. Sonny Hayes spricht immer von „Combat“, bis das ganze Team in seinen Kriegsruf einstimmt und ihn kultartig wiederholt. Alles wird dem Sieg unterworfen. Die anfangs vom Team noch missbilligten Tricks von Hayes werden nach deren bewiesenem Erfolg nicht nur geduldet, sondern zelebriert.
Der machistische Initiationsritus, bei dem aus dem Jungen (Damson Idris) ein Mann wird, ist historisch gesehen ebenfalls ein militarisierter. Natürlich beinhaltet dieser Ritus eine Aufopferungsgeste, so wie Soldaten im Ernstfall nie für ihr Land oder ihren Befehlshaber kämpfen, sondern immer nur für den Kameraden. Paradoxerweise ist „F1 – Der Film“ gleichzeitig fortschrittsfeindlich (O-Ton Sonny Hayes: „Schau nicht so oft auf’s Handy!“) und technikverliebt. Das Bild, wie Brad Pitt sich vor seinem Auto hinkniet – am Altar der Geschwindigkeit – und zu den Technologie-Göttern betet, hätte kein Futurist besser hinbekommen.
Fazit
Die Dialektik der Geschwindigkeit führt dazu, dass der Stillstand ihr inhärent eingeschrieben ist. Virilio bezeichnet das als rasenden Stillstand. „F1 – Der Film“ scheint plottechnisch auch niemals richtig von der Stelle zu kommen. Die Geschichte ist aufgrund ihrer Konventionen vorhersehbar und voller Wiederholungen und Redundanzen. Die Laufzeit von 2 ½ Stunden ist keinesfalls gerechtfertigt, da man abwechselnd mit lärmenden Rennszenen oder melodramatischen Plotkonstruktionen konfrontiert wird. Maximale Geschwindigkeit schlägt in Immobilität um. Regisseur Kosinski, der schon mit „Oblivion“ gezeigt hat, dass er die Apple-Ästhetik inhaliert hat, hat mit „F1“ eine perfekt gestreamlinte Maschine produziert, ohne Reibung, ohne Konfrontation und wie das iPhone mit abgerundeten Ecken.
Bewertung
(55/100)
Filmdaten
| Titel | F1 – Der Film |
| Kinostart | 25.6.2025, ab 12.12.2025 auf AppleTV+ |
| Laufzeit | 156 min. |
| Regie | Joseph Kosinski |
| Darsteller/-innen | Brad Pitt, Damson Idris, Javier Bardem |
| IMDb | 7,9 / 10 |
| Rotten Tomatoes | 86 % |
Bilder: (c) Warner Bros.

Sehr schlechter Film !!