Gestern Abend startete die Berlinale 2020 offiziell mit der Vorführung des Eröffnungsfilms „My Salinger Year“ (zur Kritik). Die „inoffizielle“ Eröffnung fand quasi schon am Vormittag bei der Vorstellungs-Pressekonferenz der Wettbewerbs-Jury statt, die in den kommenden 1,5 Wochen die besten Leistungen aus dem Wettbewerbsprogramm destillieren wird. Jeremy Irons steht als Präsident der hochkarätig besetzten Jury vor, der unter anderem auch Kenneth Lonergan (Drehbuchautor von u.a. „Gangs of New York“, Regisseur von „Manchester by the sea“) und Berenice Bejo („The Artist“) angehören.

von Christian Klosz

Mehrere Fragen der anwesenden Pressevertreter zielten auf die Kriterien ab, die die Jury bei der Prämierung der Filme anzuwenden gedenkt, aber auch auf eigene filmische Highlights oder „cineastische Erweckungserlebnisse“. Und besonders diese Frage förderte Interessantes zutage, und lockte die Jury aus der Reserve: Berenice Bejo erzählte, ihr filmisches „Initiationserlebnis“ war „Singing in the rain“ – denn danach wusste sie, dass sie etwas Ähnliches machen wolle, und eine Karriere im Film verfolgen würde. Kenneth Lonergan erzählte, dass ihn sein Vater in seiner Jugend in New York jedes Wochenende in Programmkinos mitnahm, wo die Filmklassiker der 40-er und 50-er liefen, aber auch die „New Hollywood“-Filme der 70-er hätten ihn beeinflusst. Schließlich bezog er sehr klar Position in der Diskussion „Marvel vs. „Kino“„: Er plädierte – ähnlich wie Martin Scorsese – für „persönliche“ Filme, in denen Autor/innen ihre originären Geschichten erzählen, und verwehrte sich gegen „in großen Räumen von mehreren Menschen konzipierte und abgetestete Filme“, die nur den Publikumsgeschmack befriedigen wollen; eine mehr als deutliche Spitze gegen das am Reißbrett entworfene Blockbusterkino a la Marvel & Co.

Die Jury der Berlinale 2020
Die Berlinale-Jury

Jury-Präsident Irons schließlich erzählte von einem Kino-Erlebnis mit seinem Sohn, mit dem er, als der 6 Jahre alt war, „City Lights“ mit Charlie Chaplin gesehen hatte, und der davon schwer begeistert war: Solche Filme liebt Irons, will er machen, und auch hier sehen, Filme „mit Herz“, wie er es nannte, die im Zuschauer etwas auslösen, mit ihm resonieren, ihn berühren.

Für Irons ist das auch das zentrale Kriterium bei der Auswahl der Berlinale-Preise. Bejo stimmt ihm dabei weitgehend zu, während Lonergan ergänzte, er werde simpel und einfach für Filme votieren, der er „mag“ („films I like“). Damit war dann auch die Richtung bestimmt für die nächsten 10 Tage, und eine interessante Pressekonferenz zu Ende, die sich tatsächlich anfühlte wie von der „Magie des Kinos“ beseelt.

Fotos: (c) Film plus Kritik