von Mara Hollenstein-Tirk.
Eigentlich beginnt alles so unscheinbar: Ein Mann fährt in seinem Auto durch die Einöde, um eine im Internet erspähte Wildlederjacke mit Fransen vom Verkäufer abzuholen. Gut, wenn er dann in einer Raststättentoilette seine Cordjacke versenkt, hebt man vielleicht einmal kurz irritiert die Augenbraue, aber prinzipiell befindet man sich immer noch auf relativ sicheren Pfaden. Überhaupt glaubt man die ersten 15 Minuten von “Monsieur Killerstyle” noch ganz gut durchschauen zu können, wo die Reise hingehen soll. Die beutelnde Midlife-Crisis, die in den Sand gesetzte Beziehung, die Flucht aus dem Alltag in ein abgelegenes Dorf, in dem einen niemand kennt – das alles hört sich doch wohlvertraut an. Und doch gibt es da immer wieder diese kurzen Szenen, Irritationen, Abweichungen von der Norm. Was zunächst lediglich kurz aufzublitzen scheint, der eigentlich lauernde Wahnsinn, bricht sich dabei unaufhörlich weiter Bahn, bis zum eruptiven Showdown und dem völlig unerwarteten Ende.
Dabei schwankt das Geschehen in einem fort zwischen tragisch, komisch, bitterböse oder auch mitleiderregend. Stets scheint Regisseur Quentin Dupieux, den meisten Kindern der 90er wohl eher unter seinem DJ-Namen Mr.Oizo ein Begriff, seinen ganz eigenen Weg gehen zu wollen, reißt plötzlich das Ruder herum, und treibt den Film doch wieder in eine ganz andere Richtung. Das alles, in Kombination mit der angenehm überschaubaren und sehr passenden Laufzeit von gerade einmal 77 Minuten, trägt dazu bei, dass man als Zuschauer immer am Ball bleibt, kann man sich doch nie sicher sein, wohin einen der Film noch führen wird.
Dass dieses abgedrehte, sich immer weiter verdichtende Treiben auch wirklich Eindruck hinterlässt, ist dabei zu einem ganz großen Teil der unglaublich fesselnden Performance von Jean Dujardin zu verdanken. Der Oscar-Preisträger (“The Artist”) beweist hier einmal mehr eindrucksvoll, dass er den Goldjungen auf seinem Kamin wahrlich verdient hat, denn wenn er anfängt, mit verstellter Stimme ein Zweigespräch mit seiner neu erworbenen Jacke zu führen, dann beschert einem das ein Schaudern und Lächeln zugleich. Obwohl Dujardin eindeutig der Star des Films ist, muss an dieser Stelle auch Adèle Haenel als filmbegeisterte, resolute Barfrau erwähnt werden. Als immer weiter aus dem Schatten tretende Nebenfigur bietet sie die perfekte Ergänzung zu Dujardins immer weiter abdriftendem „Helden“ – wie zwei Seelenverwandte, die sich, so unwahrscheinlich es auch sein mag, irgendwo im Nirgendwo begegnen. Der einzige kleine Wermutstropfen besteht darin, dass man streckenweise das Gefühl bekommt, dass Dupieux den Zuschauern offensichtlich nicht wirklich zutraut, selber zu verstehen, worum es in seinem Film eigentlich geht, weshalb er sicherheitshalber lieber einige Dialogzeilen eingefügt hat, die auch noch dem Smartphone-Affinen in der letzten Reihe die Augen endgültig öffnen.

Fazit
Alles in allem ist „Monsieur Killerstyle“ weder ein Trash-Slasher, wie es der Name vielleicht vermuten ließe, noch leichte Kost und schon gar kein Film für jedermann. Wer allerdings das Außergewöhnliche, Skurrile, Eigenwillige sucht, eine gute Portion schwärzesten Humor vertragen kann und sich gerne einmal abseits des Mainstreams bewegt, der findet hier eine kleine, nicht makellose, aber dennoch feine Perle vor.
Bewertung
8 von 10 Punkten (78/100)
“Monsieur Killerstyle” startet am 26.6. in Österreichs Kinos.
Bilder: © Filmladen Filmverleih
Grade eben auf Blu-ray gesichtet: Köstlich!
Ich schiele die ganze Zeit zu den Flügeln meines Deckenventilators hoch…
Meine Lieblingsszene: Wenn die Cutterin sagt, sie habe Tarantinos “Pulp Fiction” in die richtige Reihenfolge geschnitten und der Film sei “Scheiße”.