Bereits um 10 Uhr morgens starten die ersten Screenings. Zugegeben, für die eigentlich eher nachtaktive Community der Medienschaffenden schon mal eine Ansage, aber die milden Temperaturen und das schöne Wetter, beides stellte sich gerade rechtzeitig vor Start der Diagonale ein, machen das Aufstehen gleich deutlich erträglicher. So sieht man denn auch in den Cafés, vor den Lichtspielhäusern und in den Parks den ganzen Tag über die Menschen sitzen, vielen davon baumelt ein Kärtchen um den Hals, das ihn/sie als „Gast“ oder „Pressevertreter“ der Diagonale kennzeichnet.

von Mara Hollenstein-Tirk

Doch nicht nur etliches Fußvolk ist geschmückt, auch Graz selbst erstrahlt in den Farben Rot/Weiß, dem Logo der Diagonale. Nach einem Jahr voller Entbehrungen und einem Jahr 2020 ohne Diagonale ein wirklich schöner Anblick, wenn auch durchaus nicht neu. Und dabei ist dieses Jahr bei genauerer Betrachtung doch so einiges neu. Der Standort des Festivalbüros zum Beispiel. Während sich Interessierte und Kundige die vergangenen Jahre über stets im Kunsthaus eingefunden hatten, um Reservierungen zu tätigen oder ihre Pressematerialien zu bekommen, ist die große Zentrale dieses Jahr prominent direkt in der Einkaufsstraße von Graz zu finden, mitten in der Herrengasse. Ein ehemaliges Schuhgeschäft, das bereits viel zu lange durch seine Leere einen recht tristen Look geboten hatte, erstrahlt so endlich in neuem Glanz.

Aber natürlich, in einem Jahr, in dem wir nach wie vor mit einer weltweiten Pandemie zu kämpfen haben, auch wenn die Zeichen inzwischen auf Hoffnung stehen, ist dieser Standortwechsel eigentlich die kleinste Änderung. Viel deutlicher spürt man da doch das etablierte Sicherheitskonzept. Als eine der ersten, somit klar in der Voreiterrolle, will die Diagonale heuer beweisen, dass Filmfestivals endlich wieder möglich sind – und dabei ebenso interessant wie sicher sein können. Keine gerammelt vollen Foyers mehr, Einlass in die Kinos gibt es sowieso nur unter Einhaltung der 3G-Regel (getestet, genesen, geimpft), bei den kleineren Kinos zusätzlich noch separierte Eingänge zu den unterschiedlichen Sälen, im Saal selber bleibt der Platz links und rechts neben einem frei und natürlich heißt es überall Maske tragen (auch während der Vorstellung). Auch wenn das alles mit einem großen Mehraufwand verbunden ist, haben die Verantwortlichen hier wirklich keine Mühen gescheut, und die Besucher danken es Ihnen, nicht nur indem sie fleißig die Vorstellungen besuchen (was sie tun), sondern vor allem auch, indem sie sich an die strengen Vorlagen halten, ohne groß zu murren.

Kein Wunder, nach dem vergangenen Jahr ist es einfach schön, endlich mal wieder gemeinsam mit Gleichgesinnten in einem Saal zu sitzen und sich von dem Treiben auf der Leinwand als Kollektiv in den Bann ziehen zu lassen. Oder einer spannenden Podiumsdiskussion beizuwohnen. Denn das muss auch gesagt werden: Obwohl das Programm in diesem Jahr ein bisschen überschaubarer ausfällt, was im Gegenzug allerdings auch dazu führt, dass man nicht ganz so gehetzt von einem Termin zum anderen spurten muss, da zwischen Vormittags-, Mittags und Abendblock ausreichend Zeit eingeplant wurde, ist das Rahmenprogramm einmal mehr erstklassig. Viele Filmschaffende haben es sich nicht nehmen lassen und die Reise nach Graz auf sich genommen, um im Kino selbst, oder auch im Rahmen der stattfindenden Branchengespräche, dem interessierten Publikum einen Einblick in ihre Arbeit zu gewähren und sich dessen Fragen zu stellen. Es ist anders heuer, das stimmt, aber trotzdem liegt unleugbar ein Hauch von Filmfestival über der Grazer Innenstadt.

Fotos: (c) Mara Hollenstein-Tirk / Film plus Kritik